Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
Halbdunkel stand – »drei Stunden nehme ich die Kutsche nach Dover.«
»Ah.«
Der Tonfall war unverbindlich, doch Grey kannte seinen Bruder wirklich sehr gut.
»Ich bin spätestens Ende März aus Frankreich zurück«, sagte er. Leiser fügte er hinzu: »Ich fahre mit dem ersten Schiff, das im neuen Jahr in die Kolonien segelt, Hal. Und ich hole Henry zurück.« Tot oder lebendig. Keiner von ihnen sprach es aus; das brauchten sie nicht.
»Ich warte hier auf dich«, sagte Hal schließlich leise.
Grey berührte die Hand seines Bruders, die sich sofort umdrehte, um zuzudrücken. So zerbrechlich Hals Hand aussehen mochte – die Entschlossenheit und Kraft seines Händedrucks erfüllten Grey mit Zuversicht. Schweigend saßen sie da, die Hände ineinander verschränkt, bis sich die Tür öffnete und Arthur – der jetzt vollständig angekleidet war – mit einem Tablett eintrat, das die Größe eines Kartentischs hatte. Beladen war es mit Schinkenspeck, Würstchen, Nierchen, Hering, Rührei, gegrillten Pilzen und Tomaten, Toast, Konfitüre, Orangenmarmelade, einer großen Kanne duftenden, dampfenden Tees, Zucker und Milch – und mit einer zugedeckten Schüssel, die er feierlich vor Hal hinstellte. Es stellte sich heraus, dass sie mit einer Art widerlichem, dünnflüssigem Brei gefüllt war.
Arthur verneigte sich und ging, und Grey fragte sich, ob er wohl der Bedienstete war, der jeden Donnerstag Nessies Haus aufsuchte. Er wandte sich Hal zu und stellte fest, dass sich dieser großzügig bei Greys Nierchen bediente.
»Solltest du nicht dein Süppchen essen?«, erkundigte sich Grey.
»Sag nicht, du bist auch entschlossen, mich vorzeitig ins Grab zu bringen«, sagte Hal und schloss selig kauend die Augen. »Wie zum Teufel erwartet man denn, dass ich mich erholen soll, wenn man mich mit Zwieback und Brei füttert?« Schmollend spießte er noch ein Nierchen auf.
»Glaubst du, es ist wirklich dein Herz?«, fragte Grey.
Hal schüttelte den Kopf.
»Eigentlich nicht«, sagte er in neutralem Ton. »Ich habe es mir angehört, weißt du, nach dem ersten Anfall. Hat vor sich hin gehämmert wie immer.« Er hielt inne, um sich prüfend in die Brust zu pieksen, während er mit der anderen Hand die Gabel festhielt. »Hier tut es nicht weh. Das müsste es doch, oder?«
Grey zuckte mit den Achseln.
»Was für ein Anfall ist es denn vorhin gewesen?«
Hal schluckte das Nierchen herunter und griff mit der einen Hand nach einer Scheibe Toast mit Butter, mit der anderen nach dem Marmeladenmesser.
»Habe keine Luft bekommen«, antwortete er beiläufig. »Bin blau geworden, so in etwa.«
»Oh. Nun denn.«
»Im Moment fühle ich mich kerngesund«, sagte Hal und klang selbst ein wenig überrascht.
»Ach ja?«, sagte Grey und lächelte. Einen Moment zögerte er noch, doch er war schließlich im Begriff, eine Reise anzutreten, auf der unerwartete Ereignisse nicht nur möglich waren, sondern zu allem Überfluss oft eintrafen. Besser, die Angelegenheit nicht in der Schwebe zu lassen, für den Fall, dass einem von ihnen etwas widerfuhr, bevor sie sich wiedersahen.
»Gut … Wenn du sicher bist, dass dir ein kleiner Schreck nicht den Garaus machen wird, gestatte, dass ich dir etwas erzähle.«
Seine Neuigkeit von den zärtlichen Gefühlen zwischen Dottie und William ließ Hal zwar blinzeln, und er hörte einen Moment auf zu essen, doch nach kurzer Überlegung nickte er und kaute weiter.
»Also schön«, sagte er.
»Also schön? «, wiederholte Grey verblüfft. »Du hast keine Einwände?«
»Das würde dir doch kaum gefallen, oder?«
»Wenn du von mir erwartest zu glauben, dass die Rücksicht auf meine Gefühle dich irgendwie in deiner Handlungsweise beeinträchtigt, hat dir deine Krankheit erheblichen Schaden zugefügt.«
Hal grinste und trank Tee.
»Nein«, sagte er, als er die leere Tasse abstellte. »Das nicht. Es ist nur -«. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände vor dem – kaum sichtbaren – Bauchansatz und sah Grey unverblümt an. »Ich könnte sterben. Hab’s nicht vor; glaube nicht, dass es dazu kommt. Aber möglich wäre es. Und ich würde beruhigter sterben, wenn ich wüsste, dass sie bei jemandem untergekommen ist, der sie beschützen und anständig versorgen würde.«
»Es schmeichelt mir, dass du William so einschätzt«, sagte Grey trocken, obwohl er tatsächlich sehr froh war.
»Natürlich tue ich das«, sagte Hal nüchtern. »Er ist doch dein Sohn, oder nicht?«
Irgendwo begann eine
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