Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
war auf ihn gerichtet gewesen, unverwandt und so durchdringend, dass er den seinen am liebsten abgewandt hätte – doch er tat es nicht.
»Meinst du, Gott hat es sich anders überlegt?«, hatte sie dann leiser gefragt und ihm mit der Hand den Arm gedrückt. »Oder meinst du, du hast dich geirrt?«
»Nein«, hatte er spontan gesagt. »Nein, wenn so etwas geschieht … Nun, als es geschehen ist, war ich mir ganz sicher.«
»Und jetzt?«
»Du klingst wie deine Mutter. Wenn sie eine Diagnose stellt.« Er hatte es als Scherz gemeint, doch es war keiner. Brianna war ihrem Vater körperlich so ähnlich, dass er nicht oft etwas von Claire in ihr sah, doch die seelenruhige Gnadenlosigkeit, mit der sie ihre Fragen stellte, war Claire, wie sie leibte und lebte. Genau wie die einzelne, leicht hochgezogene Augenbraue, mit der sie jetzt auf seine Antwort wartete. Er holte tief Luft. »Ich weiß es nicht.«
»Doch, das weißt du.«
Wut stieg in ihm auf, plötzlich und grell, und er entriss ihr seinen Arm.
»Wie zum Teufel kommst du eigentlich darauf, mir zu sagen, was ich weiß?«
Ihre Augen wurden etwas größer. »Ich bin mit dir verheiratet. «
»Und du glaubst, das berechtigt dich, meine Gedanken zu lesen?«
»Ich glaube, das berechtigt mich, mir Sorgen um dich zu machen!«
»Tja, lass es einfach!«
Natürlich hatten sie sich wieder vertragen. Sich geküsst – nun ja, etwas mehr als das – und einander vergeben. Vergebung hatte aber natürlich nichts mit Vergessen zu tun.
Doch, das weißt du.
Tat er das?
»Ja«, sagte er, trotzig an den Turm gerichtet, den er von seinem Fenster aus sehen konnte. »Ja, verdammt!« Was er tun sollte, das war das Problem.
War er vielleicht dazu bestimmt, zwar Priester zu werden, aber kein presbyterianischer? Ein konfessionsloser, ein evangelischer – ein katholischer? Dieser Gedanke war so verstörend, dass er aufstehen und hin und her gehen musste. Nicht dass er etwas gegen Katholiken hatte – nun ja, bis auf die tief sitzenden Reflexe eines langen Lebens als Protestant in den Highlands -, doch er konnte es sich einfach nicht vorstellen. »Nach Rom übergelaufen«, so würden es Mrs. Ogilvie und Mrs. MacNeil und all die anderen sehen (womit unausgesprochen »dem Bösen anheimgefallen« impliziert wurde); sein Verrat würde … nun, jahrelang Gesprächsstoff für entsetztes Getuschel liefern. Bei diesem Gedanken grinste er widerstrebend.
Nun, außerdem konnte er gar kein katholischer Priester werden, nicht wahr? Nicht mit Brianna und den Kindern. Jetzt fühlte er sich schon etwas ruhiger, und er setzte sich wieder. Nein. Er würde darauf vertrauen müssen, dass ihm Gott – vertreten durch Dr. Weatherspoon – den Weg durch diesen dornenreichen Engpass in seinem Leben weisen würde. Und wenn Er das tat … Nun, war das nicht der beste Beweis für die Prädestination?
Roger stöhnte, verdrängte das ganze Thema und vertiefte sich hartnäckig in sein Notizbuch.
Einige der Lieder und Gedichte, die er aufgeschrieben hatte, waren sehr bekannt; er kannte sie bereits aus seinem vorigen Leben, hatte sie auf der Bühne gesungen. Viele der selteneren Texte hatte er im achtzehnten Jahrhundert bei schottischen Immigranten, Reisenden, fahrenden Händlern und Seeleuten aufgeschnappt. Und manche hatte er aus der Vielzahl der Kartons ausgegraben, die ihm der Reverend hinterlassen hatte. Die ganze Garage des alten Pfarrhauses war voll davon gewesen, und bis jetzt hatten er und Brianna kaum etwas davon abgearbeitet. Es war reine Glückssache gewesen, dass er so kurz nach ihrer Rückkehr auf die kleine Kiste mit den Briefen gestoßen war.
Zu dieser spähte er jetzt hinauf, und er fühlte sich sehr versucht. Allerdings konnte er die Briefe nicht ohne Brianna lesen, das hätte sich nicht gehört. Doch die beiden Bücher … Sie hatten einen kurzen Blick darauf geworfen, als sie die Kiste fanden, hatten sich aber eigentlich nur für die Briefe interessiert, herausfinden wollen, was mit Jamie und Claire geschehen war. Er kam sich vor wie Jem, der sich mit einer Packung Schokoladenkekse davonstahl, als er die Kiste jetzt herunterholte – sie war sehr schwer – und sie auf den Schreibtisch stellte, um vorsichtig unter den Briefen umherzutasten.
Die Bücher waren klein; das größte war das, was man ein Oktavheft nannte, ungefähr vierzehn mal zwanzig Zentimeter. Diese Größe war gebräuchlich gewesen in einer Zeit, als Papier noch teuer und schwierig zu bekommen war. Das kleinere maß etwa
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