Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
mit ihr Puppen zu spielen.
»Papa muss heute Morgen arbeiten«, sagte er, doch dann bückte er sich, damit sie auf seine Schultern klettern konnte. »Komm mit, wir suchen Annie Mac; du und die Puppen, ihr könnt ihr bestimmt helfen, die Vorratskammer aufzuräumen.«
Er ließ Mandy und Annie Mac in der Vorratskammer zurück, wo sie sich unter der Aufsicht einer Ansammlung schäbiger Puppen und schmutziger Stofftiere fröhlich an die Arbeit machten, kehrte in sein Büro zurück und holte das Notizbuch hervor, in das er nach und nach die Lieder schrieb, die er so sorgsam auswendig gelernt hatte. Er war für Ende der Woche mit Siegfried MacLeod verabredet, dem Chorleiter von St. Stephen’s, und er hatte vor, ihm die Abschrift einiger seltener Lieder zu schenken, um einen guten Eindruck zu machen.
Dr. Weatherspoon hatte ihn zwar beruhigt und gesagt, MacLeod würde hocherfreut sein, wenn er Hilfe bekam, vor allem mit dem Kinderchor, doch Roger hatte genug Zeit in akademischen Kreisen, Freimaurerlogen und in Wirtshäusern des achtzehnten Jahrhunderts verbracht, um zu wissen, wie Lokalpolitik funktionierte. Es war gut möglich, dass es MacLeod missfallen würde,
ohne Vorwarnung einen Außenseiter – sozusagen – aufgezwungen zu bekommen.
Und dann war da schließlich die prekäre Angelegenheit mit dem Chorleiter, der nicht singen konnte. Er berührte die knotige Narbe an seinem Hals.
Er hatte zwei Spezialisten aufgesucht, einen in Boston, einen anderen in London. Beide hatten ihm dasselbe gesagt. Es war möglich, dass eine Operation seiner Stimme half, wenn man einen Teil des Narbengewebes in seiner Luftröhre entfernte. Genauso gut war es aber möglich, dass die Operation seine Stimme weiter beschädigte – oder vollständig zerstörte.
»Eine Stimmbandoperation ist immer eine heikle Sache«, hatte einer der Ärzte zu ihm gesagt und den Kopf geschüttelt. »Normalerweise gehen wir ein solches Risiko nur ein, wenn es unumgänglich ist, zum Beispiel bei einer Krebsgeschwulst, einer angeborenen Missbildung, die jede Art von Sprachvermögen verhindert – oder bei einem überzeugenden beruflichen Grund. Ein bekannter Sänger mit Stimmbandknötchen zum Beispiel; in einem solchen Fall könnte der Wunsch nach Wiederherstellung der Stimme ein hinreichender Grund sein, die Operation zu wagen – obwohl in solchen Fällen normalerweise kein großes Risiko besteht, dass der Patient permanent stumm wird. In Ihrem Fall …«
Er drückte sich zwei Finger an den Hals, summte und spürte eine beruhigende Vibration. Nein. Er hatte nicht vergessen, wie es sich anfühlte, nicht sprechen zu können. Damals war er fest davon überzeugt gewesen, dass er nie wieder ein Wort sagen – geschweige denn singen – würde; bei der bloßen Erinnerung an diese Verzweiflung brach ihm der Schweiß aus. Nie wieder mit den Kindern sprechen, mit Brianna? Nein, dieses Risiko würde er nicht eingehen.
Dr. Weatherspoons Blick hatte neugierig auf seinem Hals geruht, doch er hatte nichts gesagt. Es war gut möglich, dass MacLeod nicht so taktvoll sein würde.
Wen der Herr liebt, den züchtigt Er. Man musste es Weatherspoon hoch anrechnen, dass er das nicht gesagt hatte. Doch es war das Zitat der Woche für die Bibelstunde gewesen; es hatte auf ihrem Rundbrief gestanden, der auf dem Schreibtisch des Rektors lag. Und Roger war zu diesem Zeitpunkt so überempfindlich gewesen, dass ihm alles wie ein Hinweis vorkam.
»Nun, wenn es das war, was Du damit sagen wolltest, bedanke ich mich für das Kompliment«, sagte er laut. »Ich könnte aber damit leben, wenn ich ausgerechnet diese Woche nicht Dein besonderer Günstling wäre.«
Er sagte es halb im Scherz, konnte aber die Wut dahinter nicht verleugnen. Er hasste es, sich wieder einmal beweisen zu müssen – vor sich selbst. Letztes Mal war die Probe körperlicher Art gewesen. Sie jetzt auf spiritueller Ebene wiederholen zu müssen, in dieser schlüpfrigen, viel weniger geradlinigen Welt? Er hatte sich doch gefügig gezeigt, oder nicht?
»Du hast gefragt. Seit wann reicht dir denn ein Ja nicht mehr als Antwort? Verstehe ich hier etwas falsch?«
Brianna hatte das gedacht; jetzt fiel ihm der Höhepunkt ihres Streits wieder ein und trieb ihm die Schamröte ins Gesicht.
»Du hattest – das dachte ich zumindest -«, hatte sie sich verbessert, »eine Berufung. Vielleicht heißt es bei den Protestanten ja nicht so, aber das ist es doch, oder? Du hast mir gesagt, Gott hätte zu dir gesprochen.« Ihr Blick
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