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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Fleisch gewordener Albtraum.
    »Hat er etwas gegessen?«, fragte ich leise und legte Stebbings sacht die Hand auf das Handgelenk. Der massige Oberkörper des Kapitäns war beträchtlich geschrumpft; selbst im Halbdunkel konnte ich problemlos die Rippen sehen, nach denen ich anfangs noch hatte tasten müssen.
    »Bisschen Suppe, Ma’am«, flüsterte der Afrikaner und wies mit der Hand auf eine Schale am Boden, die mit einem Taschentuch abgedeckt war, um die Kakerlaken fernzuhalten. »Gebe ich ihm mehr, wenn er wach zum Pinkeln.«
    »Gut.« Stebbings’ Puls schlug zwar ein wenig schnell, doch nicht alarmierend, und als ich mich über ihn beugte und tief einatmete, roch ich nicht die geringste Spur von Wundbrand. Zwei Tage zuvor hatte ich ihm das Röhrchen aus der Brust ziehen können, und es suppte zwar ein wenig Eiter aus der Wunde, doch ich glaubte an eine örtlich begrenzte Entzündung, die wahrscheinlich ohne Hilfe heilen würde. Sie musste es; ich hatte nichts, womit ich hätte helfen können.
    Es gab so gut wie kein Licht im Lazarettgebäude, nur ein Binsenlicht an der Tür und das Leuchten der Feuer im Hof. Ich konnte Stebbings’ Gesichtsfarbe nicht einschätzen, doch als er die Augen zur Hälfte öffnete, sah ich es weiß aufblitzen. Er grunzte, als er mich sah, und schloss sie wieder.
    »Gut«, sagte ich und überließ ihn Mr. Dicks liebevollen Zuwendungen.
    Man hatte dem Mann aus Guinea angeboten, der Kontinentalarmee beizutreten, doch er hatte abgelehnt und es vorgezogen, sich gemeinsam mit Kapitän
Stebbings, dem verletzten Mr. Ormiston und einigen anderen Seeleuten von der Pitt in die Kriegsgefangenschaft zu begeben.
    »Ich bin Engländer, freier Mann«, hatte er schlicht gesagt. »Vielleicht kurz Gefangener, aber freier Mann. Seemann, aber freier Mann. Amerikaner, vielleicht kein freier Mann.«
    Möglicherweise nicht.
    Ich ließ das Lazarett hinter mir und ging bei den Wellmans vorbei, um einen Blick auf meinen Mumpspatienten zu werfen – unangenehm, aber nicht gefährlich -, und schlenderte dann langsam unter dem aufgehenden Mond über den Hof. Der Abendwind hatte sich gelegt, doch die Nachtluft war kühl. Einem Impuls folgend stieg ich zu der Geschützstellung hinauf, die über das schmale Ende des Champlain-Sees hinweg zum Mount Defiance hinüberblickte.
    Dort gab es zwar zwei Wachtposten, doch sie schliefen beide tief und fest und stanken nach Schnaps. Das war nichts Ungewöhnliches. Die Stimmung im Fort war gedrückt, und es war nicht schwer, an Alkohol zu gelangen.
    Ich stand an der Mauer, eine Hand auf einer der Kanonen, deren Metall von der Tageshitze noch leicht warm war. Würden wir gehen können, fragte ich mich, bevor es sich erhitzte, weil die Kanone abgefeuert wurde? Noch zweiunddreißig Tage, und sie konnten gar nicht schnell genug vergehen. Abgesehen von der Bedrohung durch die Briten war das Fort ein stinkender Ort der Verwesung; es war, als lebte man in einer Jauchegrube, und ich konnte nur hoffen, dass Jamie, Ian und ich hier fortkommen würden, ohne uns mit irgendetwas Verheerendem angesteckt zu haben oder von einem betrunkenen Idioten attackiert worden zu sein.
    Ich hörte leise Schritte hinter mir und drehte mich um – und da stand Ian, hochgewachsen und schlank im Feuerschein, der vom Hof heraufdrang.
    »Kann ich mit dir sprechen, Tante Claire?«
    »Natürlich«, sagte ich und wunderte mich über die ungewohnt förmliche Anrede. Ich trat einen Schritt beiseite, und er stellte sich neben mich und spähte hinunter.
    »Brianna hätte dazu bestimmt einiges zu sagen«, sagte er und wies kopfnickend auf die halb fertige Brücke. »Onkel Jamie ebenfalls.«
    »Ich weiß.« Seit zwei Wochen sagte Jamie es schon – zu Arthur St. Clair, dem neuen Kommandeur des Forts, zu den anderen Milizanführern, zu den Bauleuten, zu jedem, der ihm zuhörte, und nicht wenigen, die ihm nicht zuhörten. Die Narrheit, riesige Mengen Arbeit und Material an den Bau einer Brücke zu verschwenden, die ganz leicht wieder zu zerstören war, wenn nur jemand Artillerie auf dem Mount Defiance positionierte, war jedermann klar – außer denen, die etwas zu sagen hatten.
    Ich seufzte. Es war nicht das erste Mal, dass ich zur Zeugin militärischer Blindheit wurde, und ich fürchtete sehr, dass es auch nicht das letzte Mal sein würde.
    »Aber lassen wir das … Worüber wolltest du mit mir sprechen, Ian?«

    Er holte tief Luft und wandte sich dem mondbeschienenen Panorama jenseits des Sees zu.
    »Erinnerst du dich

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