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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er auch nicht. Dr. Franklin war ebenfalls irgendwo aufgetaucht; Grey erinnerte sich an seine weißen, etwas durchhängenden, immer noch festen Pobacken, während der Mann vor ihm her durch einen Korridor schritt, das lange, lose graue Haar auf seinem knochigen Rücken, die losen Hautrollen an seiner Hüfte. Völlig ungeniert hatte er über die Bilder gesprochen, die auch im Korridor die Wände säumten. Es war eine sehr lebhafte, emotionale Erinnerung. Er hatte doch wohl nicht – nicht mit Franklin, nicht einmal im Traum. Doch es hatte irgendetwas mit den Bildern zu tun …
    Er versuchte, sich einige der Bilder ins Gedächtnis zu rufen, doch er wusste nicht mehr, was real war und was dem Reich der Träume entstammte. Landschaften … Ein Bild, das eine ägyptische Szene darstellen sollte, obwohl er bezweifelte, dass der Maler je etwas anderes gesehen hatte als die Küste der Bretagne. Die üblichen Familienporträts -
    »Ja!« Er setzte sich abrupt auf, und diesmal stieß er sich den Kopf an dem Balken, so fest, dass er Sterne sah und einen Schmerzenslaut ausstieß.
    »Onkel John?«, kam Dotties Stimme erschrocken aus dem anderen Bett, und das Rascheln der Bettwäsche am Boden deutete darauf hin, dass ihre Dienstmagd ebenfalls erwacht war. »Was ist passiert?«
    »Nichts, nichts. Schlaf wieder ein.« Er schwang die Beine aus dem Bett. »Ich gehe nur … zum Abort.«
    »Oh.« Gewühl und Murren am Boden, ein gestrenges Pssst! von Dottie. Er tastete sich zur Zimmertür vor, denn die Fensterläden waren geschlossen, und im Zimmer war es stockfinster. Das gedämpfte Licht des abgedeckten Feuers im Schankraum des Gasthauses wies ihm den Weg nach unten.
    Draußen war die Luft frisch und kühl und mit einem Duft versetzt, den er nicht erkannte, der aber an seinem Gedächtnis zupfte. Es war eine große Erleichterung, den Kampf mit seinem widerspenstigen Traum aufzugeben und in diese ausschließlich sinnliche Erinnerung einzutauchen. Denn der Duft erinnerte ihn an lange Ausritte in Virginia, schlammige Straßen, frisches Laub, den Rhythmus eines Pferdes unter ihm, den Rückstoß eines Gewehrs, das heiße Blut eines Rehs, das sich über seine Hand ergoss – natürlich an die Jagd mit William.
    Er spürte, wie ihn die Präsenz der Wildnis durchströmte, jenes unmittelbare, merkwürdige Bewusstsein, das es nur in Amerika gab: das Bewusstsein, dass zwischen den Bäumen etwas wartete – nicht feindselig, aber auch nicht mit offenen Armen. Er hatte diese wenigen Jahre in Virginia genossen, fern von den Intrigen Europas, der unablässigen Geselligkeit Londons. Vor allem aber hatte er
sie wegen der Nähe zu seinem Sohn genossen, die sich in diesen Jahren in der Wildnis entwickelt hatte.
    Bisher hatte er auf dieser Reise keine Glühwürmchen gesehen. Er ließ den Blick im Gehen über das dichte Gras schweifen, doch wahrscheinlich war es schon zu spät; Glühwürmchen schwärmen meistens am frühen Abend aus. Er freute sich schon darauf, sie Dottie zu zeigen. William war völlig verzaubert gewesen, als er zu Beginn ihres Aufenthalts in Virginia zum ersten Mal Glühwürmchen gesehen hatte – hatte eines gefangen und sich laut gefreut, als es in der dunklen Höhle seiner Hand zu leuchten begann. Jeden Sommer hatte er die Rückkehr der Glühwürmchen glücklich begrüßt.
    Körperlich erleichtert und geistig zumindest ansatzweise beruhigt, setzte er sich langsam auf den Hackklotz im Innenhof des Wirtshauses. Noch war ihm nicht danach, in die stickige Finsternis des Zimmers zurückzukehren.
    Wo mochte Henry sein?, fragte er sich. Wo schlief er heute Nacht? In irgendeinem Verlies? Nein, so etwas gab es in den Kolonien nun wirklich nicht. Selbst einfache Häuser waren bemerkenswert gemütlich und luftig. Vielleicht hielt man seinen Neffen in einem Gefängnis, einer Scheune, einem Keller fest – und doch hatte Henry, soweit er das wusste, trotz einer schweren Verletzung den Winter überlebt. Natürlich hatte er Geld; vielleicht hatte er sich ja eine bessere Unterkunft erkaufen können, vielleicht die Zuwendungen eines Arztes.
    So Gott es wollte, würden sie ihn bald finden. Es waren höchstens noch zwei Tagesritte bis nach Philadelphia. Und er hatte ja Franklins Empfehlungsschreiben – schon wieder Franklin! Dieser verflixte Mensch und seine Luftbäder. Obwohl ihn Grey einmal aus Neugier dabei begleitet hatte und es seltsam angenehm, wenn auch etwas enervierend gefunden hatte, splitternackt in einem Raum zu sitzen, der mit eleganten

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