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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Gefühl vagen Grauens.
    Er würde mit mir gehen, wenn ich ihn darum bat – wenn ich ihm auch nur den geringsten Spielraum für irgendwelche Zweifel ließ. Das durfte ich nicht.
    Er brauchte das hier so sehr. Brauchte das bisschen Zeit mit Ian, das ihm noch blieb; musste erst recht für Jenny hier sein, wenn Ian starb, denn er konnte ihr auf eine Weise Trost spenden, wie es nicht einmal ihre Kinder konnten. Und wenn er schon zu Laoghaire hatte gehen müssen, weil ihn das schlechte Gewissen wegen ihrer gescheiterten Ehe plagte – wie viel größer würden seine Schuldgefühle sein, wenn er seine Schwester erneut im Stich ließ, und zwar dann, wenn ihre Not am größten war.
    »Du kannst nicht fort«, flüsterte ich drängend. »Ich weiß, Jamie.«
    Er öffnete die dunklen Augen und sah mich angstvoll an.
    »Ich kann dich aber nicht gehen lassen. Nicht ohne mich.«
    »Es … wird nicht lange dauern«, sagte ich und zwang die Worte an dem Kloß in meinem Hals vorüber. Noch größer als der Schmerz, mich von ihm trennen zu müssen, war der Schmerz angesichts des Grundes, warum unsere Trennung nicht von langer Dauer sein würde.
    »Ich bin schließlich schon sehr viel weiter allein gereist«, sagte ich und versuchte zu lächeln. Sein Mund bewegte sich, weil er gern geantwortet hätte, doch der Kummer in seinen Augen blieb unverändert.
    Ich hob seine verkrüppelte Hand an meine Lippen und küsste sie, presste
meine Wange darauf und wandte den Kopf ab – doch mir lief eine Träne über die Wange, und ich wusste, dass er die Feuchtigkeit spürte, denn seine andere Hand griff nach mir und zog mich an ihn. Und dann saßen wir lange, lange aneinandergepresst da und lauschten dem Wind, der das Gras und das Wasser sacht bewegte. Der Reiher war am anderen Ufer des Sees gelandet und stand auf einem Bein abwartend in den kleinen Wellen.
    »Wir brauchen einen Anwalt«, sagte ich schließlich, ohne mich zu bewegen. »Lebt Ned Gowan eigentlich noch?«
     
    ZU MEINEM GROSSEN ERSTAUNEN LEBTE NED GOWAN TATSÄCHLICH NOCH. Wie alt mochte er nur sein?, fragte ich mich, als ich ihn betrachtete. Fünfundachtzig? Neunzig? Er war so zahnlos und verschrumpelt wie eine zusammengeknüllte Papiertüte, doch immer noch munter wie ein Fisch im Wasser. Und der Blutdurst seines Berufes hatte keineswegs gelitten.
    Er hatte damals die Vereinbarung zur Annullierung der Ehe zwischen Jamie und Laoghaire aufgesetzt und fröhlich die jährlichen Zahlungen an Laoghaire festgelegt, die Mitgiftsummen für Marsali und Joan. Genauso fröhlich machte er sich nun an die Demontage dieser Abmachungen.
    »Also, noch einmal die Frage von Mistress Joans Mitgift betreffend«, sagte er trotz seiner fehlenden Zähne überraschend deutlich und leckte nachdenklich an der Spitze seines Federkiels. »Ihr habt im ursprünglichen Dokument festgelegt, Sir, dass diese Summe – darf ich sagen, diese außerordentlich großzügige Summe – der jungen Frau bei ihrer Eheschließung zu überlassen sei und danach ihr alleiniges Eigentum bleiben und nicht in den Besitz ihres Mannes übergehen solle.«
    »Aye, das stimmt«, sagte Jamie nicht besonders geduldig. Er hatte vorher unter vier Augen zu mir gesagt, dass er sich lieber nackt und gefesselt auf einen Ameisenhügel setzen würde, als länger als fünf Minuten mit einem Anwalt zu tun haben zu müssen. Und wir waren nun schon eine gute Stunde mit den Komplikationen dieser Vereinbarung befasst. »Und?«
    »Und sie heiratet aber nicht«, erklärte Mr. Gowan mit der Geduld, die er jemandem entgegenbrachte, der zwar etwas begriffsstutzig sein mochte, der aber dennoch Respekt verdiente, da er ja das Anwaltshonorar bezahlte. »Die Frage, ob sie gemäß dieses Vertrages Anspruch auf die Mitgift hat -«
    »Sie heiratet doch«, beharrte Jamie. »Sie wird eine Braut Christi, ignoranter Protestant.«
    Verdutzt sah ich Ned an, da mir noch nie etwas davon zu Ohren gekommen war, dass er Protestant war, doch er widersprach nicht. Hellwach wie immer bemerkte Mr. Gowan meine Verblüffung und lächelte mit glitzernden Äuglein.
    »Ich kenne keine Religion außer dem Gesetz, Ma’am«, erklärte er. »Rituale bedeuten mir nichts; für mich ist Gott die Personifikation der Justiz, und in dieser Form diene ich Ihm.«
    Jamie reagierte mit einem tiefen schottischen Kehllaut auf diese Aussage.

    »Aye, und das wird Euch gewiss viel nützen, sollte Euren Klienten hier jemals bewusst werden, dass Ihr kein Papist seid.«
    Mr. Gowans kleine dunkle Augen

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