Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
entgegenreckte. Gemurmel erhob sich unter den Männern, und einer rief eine unflätige Antwort; ein anderer bückte sich und ergriff einen Pflasterstein, richtete sich auf und warf ihn mit Schwung nach der Frau. Er prallte unter dem Fenster an der Hauswand ab, fiel herunter und traf dabei einen der Soldaten, der einen Fluch ausstieß und dem Mann, der ihn geworfen hatte, einen Schubs versetzte.
Die brennende Frau war an der Tür zusammengesunken, an der die Flammen einen verkohlten Fleck hinterlassen hatten. Sie stieß immer noch leise Jammerlaute aus, bewegte sich aber nicht mehr.
Plötzlich verlor William die Beherrschung. Er packte den Mann, der den Stein geworfen hatte, fasste ihn am Hals und stieß ihn mit dem Kopf gegen den Türpfosten des Hauses. Der Mann erstarrte und sackte dann zusammen, weil ihm die Knie versagten. Dann saß er auf der Straße und stöhnte.
»Fort mit euch!«, brüllte William. »Alle! Ab!« Mit geballten Fäusten wandte er sich zu dem schwarzhaarigen Leutnant um, dessen Wut vollständig verflogen war. Er stand reglos da und starrte die Frau auf der Schwelle an. Ihre Röcke waren verschwunden; ein geschwärztes Beinpaar zuckte schwach in der Dunkelheit.
William war mit einem Schritt bei dem Mann, packte ihn an der Vorderseite seines Hemdes und zerrte ihn zu sich herum.
»Geht«, sagte er in drohendem Ton. »Fort. Los. Auf der Stelle!«
Er ließ den Mann los, und dieser blinzelte, schluckte, wandte sich ab und stakste steif und unbeholfen in die Dunkelheit.
Keuchend wandte sich William den anderen zu, doch ihre Gewaltgelüste waren genauso schnell verflogen, wie sie über sie gekommen waren. Der eine oder andere warf noch einen Blick auf die Frau – sie war jetzt ganz still -, trat beklommen
auf der Stelle oder murmelte unzusammenhängende Worte. Keiner sah dem anderen in die Augen.
Er war sich vage bewusst, dass Adam wieder an seiner Seite war, zitternd vor Schock, aber standhaft. Er legte seinem Vetter, der kleiner war als er selbst, die Hand auf die Schulter und ließ sie nicht mehr los, denn auch er zitterte, als sich die Männer nun entfernten. Der Mann, der auf der Straße saß, erhob sich langsam erst auf alle viere, dann stand er auf und schwankte seinen Kameraden hinterher. Er taumelte von Hauswand zu Hauswand, bis er in der Dunkelheit verschwand.
In der Gasse wurde es still. Das Feuer war erloschen. Die anderen roten Laternen entlang der Straße waren gelöscht. Er hatte das Gefühl, an Ort und Stelle festgewachsen zu sein, sodass er für ewig an diesem hasserfüllten Ort stehen musste – doch Adam setzte sich in Bewegung, Williams Hand sank seinem Vetter von der Schulter, und er stellte fest, dass ihn seine Füße trugen.
Sie wandten sich ab und gingen schweigend durch die dunklen Straßen. Sie passierten einen Posten, wo einige Soldaten um ein Feuer herumstanden und beiläufig Wache hielten. Es war ihre Aufgabe, in der besetzten Stadt für Ordnung zu sorgen. Die Wachtposten sahen sie zwar an, hielten sie aber nicht auf.
Im Schein des Feuers sah er die feuchten Spuren in Adams Gesicht und begriff, dass sein Vetter weinte.
Das tat er ebenfalls.
11
SCHR ÄGLAGE
Fraser’s Ridge März 1777
D ie Welt war triefend nass. Schmelzwasser stürzte in Bächen den Berg hinunter, Gras und Blätter waren taufeucht, und die Dachschindeln dampften in der Morgensonne. Unsere Vorbereitungen waren abgeschlossen, und die Pässe waren frei. Es blieb nur noch eines zu tun, bevor wir gehen konnten.
»Heute vielleicht?«, fragte Jamie hoffnungsvoll. Er war nicht für das friedvolle Meditieren geschaffen; wenn er sich einmal für eine Handlungsweise entschlossen hatte, wollte er auch zügig handeln. Unglücklicherweise jedoch fehlt einem Baby jeglicher Sinn für den passenden Zeitpunkt oder die Ungeduld der Erwachsenen.
»Vielleicht«, sagte ich und kämpfte selbst darum, nicht ungeduldig zu werden. »Vielleicht auch nicht.«
»Ich habe sie letzte Woche gesehen, und da hat sie ausgesehen, als würde sie
jede Minute explodieren, Tante Claire«, merkte Ian an und reichte Rollo den letzten Bissen seines Muffins. »Kennst du diese Pilze? Die großen runden? Man berührt sie, und puff! « Er schnippte mit den Fingern und verstreute dabei Muffinkrümel. »Einfach so.«
»Sie bekommt aber nur eines, oder?«, fragte mich Jamie stirnrunzelnd.
»Ich habe dir doch gesagt – und zwar schon sechsmal -, ich glaube ja. Ich hoffe es jedenfalls«, fügte ich hinzu und verkniff es mir, mich zu
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