Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
füreinander. Blut von meinem Blut. Der kleine Schnitt war längst verheilt, doch er rieb sich über die Daumenwurzel und erinnerte sich lächelnd daran, wie selbstverständlich sie das gesagt hatte.
Er kam in Sichtweite der Hütte und sah Joseph Wemyss auf der Veranda warten. Der Mann hatte die Schultern hochgezogen und trat von einem Fuß auf den anderen, um sich zu wärmen. Er war gerade im Begriff, Joseph anzusprechen, als sich die Tür öffnete und einer der Beardsley-Zwillinge – Himmel, was machten die beiden denn in der Hütte? – den Arm ausstreckte und seinen Schwiegervater nach innen zog. Vor Aufregung hätte er ihn fast umgerissen.
Und es war Aufregung, nicht Schmerz oder Angst; er hatte das Gesicht des Jungen im Feuerschein deutlich gesehen. Er stieß ein weißes Atemwölkchen aus und begriff erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte. Das Kind war also da, und es hatte überlebt, genau wie Lizzie.
Er ließ sich gegen einen Baum fallen und berührte den Rosenkranz an seinem Hals.
»Moran taing«, sagte er leise, ein knappes Dankgebet, das jedoch von Herzen kam. In der Hütte hatte jemand neues Holz auf das Feuer gelegt; aus dem Kamin stob ein Funkenregen auf, der den Schnee rot und golden aufleuchten ließ. Wenn ein Funke zu Boden fiel, erstarb er zu einem schwarzen Zischen.
Der Mensch wird zum Unheil geboren wie die Funken, die gen Himmel fliegen. Diese Zeile aus dem Buch Hiob hatte er im Gefängnis oft gelesen, und er hatte sie nie so recht verstanden. Im Allgemeinen richteten Funken, die nach oben flogen, eigentlich kein Unheil an, es sei denn, man hatte sehr trockene Dachschindeln; es waren die Funken, die geradewegs aus der Feuerstelle stoben, die ein Haus in Brand setzen konnten. Oder falls der Verfasser nur sagen wollte, dass es in der Natur des Menschen lag, in Unheil verwickelt zu werden – was ja seiner eigenen Erfahrung nach eindeutig der Fall war -, dann sollte sein Vergleich etwas Unausweichliches ausdrücken und bedeuten, dass Funken immer nach oben flogen – was nicht stimmte, wie jeder bestätigen konnte, der schon einmal ein Feuer länger beobachtet hatte.
Dennoch, wer war er schon, dass er die Logik der Bibel kritisierte, während er doch Psalmen des Lobpreises und der Dankbarkeit aufsagen sollte? Er versuchte,
sich einen solchen ins Gedächtnis zu rufen, doch er war viel zu zufrieden, um sich an mehr als Bruchstücke zu erinnern.
Mit leiser Erschütterung begriff er, dass sein Glück vollkommen war. Die gesunde Geburt des Kindes war natürlich etwas Schönes – doch sie bedeutete zudem, dass Claire ihre Klippe sicher genommen hatte und dass er und sie nun frei waren. Sie konnten Fraser’s Ridge in dem Bewusstsein verlassen, alles Menschenmögliche für die Zurückbleibenden getan zu haben.
Aye, es lag stets etwas Trauriges in einem Abschied von zu Hause – doch in diesem Fall konnte man auch sagen, dass ihr Zuhause sie verlassen hatte, als nämlich das Haus abbrannte. Doch seine wachsende Vorfreude war stärker als die Traurigkeit. Frei wie der Wind, Claire an seiner Seite, keine täglichen Arbeiten zu erledigen, keine kleinlichen Streitereien zu regeln, keine Witwen und Waisen zu versorgen … nun, das war zweifellos ein unwürdiger Gedanke, und doch...
Krieg war etwas Furchtbares, und dieser Krieg würde keine Ausnahme sein – doch er war auch unleugbar aufregend, und sein Blut erwachte vom Scheitel bis zur Sohle.
»Moran taing«, wiederholte er aufrichtig dankbar.
Kurze Zeit später öffnete sich die Tür der Hütte erneut. Licht ergoss sich auf die dunkle Veranda, und Claire kam heraus. Sie zog die Kapuze ihres Umhangs hoch und trug ihren Korb über dem Arm. Stimmen folgten ihr, und Menschen drängten sich in der Tür; sie drehte sich um und winkte ihnen zum Abschied zu, und er hörte sie lachen, ein Geräusch, das ihn mit einem leisen, wohligen Schauer erfüllte.
Die Tür schloss sich, und sie schritt im grauen Halbdunkel über den Pfad; er konnte sehen, dass sie vor Erschöpfung ein wenig schwankte, und doch strahlte sie irgendetwas aus – vielleicht war es ja die gleiche Euphorie, die auch ihn beflügelte.
»Wie die Funken, die gen Himmel fliegen«, murmelte er und trat lächelnd vor, um sie zu begrüßen.
Sie erschrak nicht, sondern drehte sich in seine Richtung und kam auf ihn zu. Sie schien im Schnee fast zu schweben.
»Dann ist also alles gut«, sagte er, und sie seufzte tief und kam in seine Arme, unerschütterlich und warm in den kalten Falten
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