Highland Secrets 2
beschleunigte meinen Herzschlag. Mein erster Impuls war: abweisen. Aber bevor ich klickte, trieb mich ein innerer Zwang dazu, das Profil von »The Ripper« aufzurufen. Das Banner im oberen Bereich zeigte leere Handschellen, die an einer Wand befestigt waren, die fast in der Dunkelheit versank. Nur die Handschellen waren klar zu erkennen. Das Profilbild zeigte die Maske, die ich im Umschlag gefunden hatte. Kein Zweifel »The Ripper« war der Ripper. Facebook vor zwei Tagen beigetreten.
Der einzige Eintrag im Profil war an mich persönlich gerichtet: »Hallo Emma, ich bin jetzt auch bei Facebook.«
Ein Schrei arbeitete sich meine Kehle hoch und wurde vom Kloß aufgehalten, der sich schon in meinem Hals gebildet hatte. Ein leises Bing riss mich aus meiner Schockstarre und kündigte mir eine Chatnachricht an. Mit zitternden Fingern klickte ich auf das kleine Chatfenster am unteren Rand.
» Geliebte Emma, ich habe einen Auftrag für Dich. Geh in Dein Zimmer, verrate niemanden etwas hiervon. Packe Dein Handy und Deinen Laptop ein und fahre mit dem Wagen Deiner Mutter zu ihrem Haus. Bleib im Haus, bis ich mich wieder bei Dir melde. Tust Du das nicht, stirbt meine kleine Freundin. LG Dein persönlicher Ripper«
Das grüne Licht, das anzeigte, dass jemand online war, erlosch. Minutenlang saß ich regungslos vor dem Monitor und starrte auf die Nachricht, bevor ich mit einem Ruck aufwachte und hastig begann, meinen Laptop in der Reisetasche zu verstauen. Heiße Tränen liefen mir über die Wangen. Ich wusste, diese Nachricht hatte nur den Zweck, mich aus der Sicherheit von Glenoak Hall zu treiben. Kurz dachte ich darüber nach, einfach hier zu bleiben. Was ging mich schon das Schicksal dieser Fremden an? Aber schon die Vorstellung, dass ein Mensch wegen mir sterben könnte, ließ meinen Verstand überlaufen. Ich wollte und konnte nicht schuld am Tod eines anderen Menschen sein. Nicht einmal dann, wenn ich ihn nicht kannte. Trotzdem flüsterte eine leise und giftige Stimme in mir dieser Tara zu: »Selbst schuld, was schläfst du auch mit einem MacLeod?«
»Was zur Hölle tust du da?«, donnerte Ians Stimme von der Tür her. Sein Gesicht schien zu glühen vor Wut.
»Das siehst du doch, ich packe.«
Ian trat in das Zimmer und blieb auf der mir gegenüberliegenden Seite des Bettes stehen. »Und wo willst du hin?«
»Das geht dich gar nichts an.«
Ich zog den Reißverschluss der Tasche zu und das ratschende Geräusch durchschnitt die Stille mit einer schaurigen Endgültigkeit. Es schien zu sagen, das war es jetzt Emma Finnley. Du bist gerade dabei, dich einem Irren auszuliefern. Und das nur, um das Leben einer Fremden zu retten. Die Entschlossenheit, die ich extra für Ian an den Tag legte, fühlte ich keineswegs. Innerlich zitterte ich wie ein ängstlicher Chihuahua. Ich hängte mir die Tasche um und ging um das Bett herum in Richtung Tür.
Ian packte mein Handgelenk und sah mich zornig an. »Wohin?«, knurrte er.
»Weg von dir?«, entgegnete ich und meine Stimme verriet, dass ich meine Entschlossenheit nur spielte. Ians Augen blitzten mich unter halb geschlossenen Lidern hervor an.
»Vergiss es! Du bleibst!«
Verzweifelt zog ich an meinem Arm, was Ians Griff nur noch verstärkte. »Ich muss gehen«, sagte ich weinerlich und blinzelte gegen die Tränen an.
»Dann sag mir erst, warum?«
Ich ließ die Tasche von meiner Schulter rutschen. Eigentlich war sie nicht schwer, doch im Moment fühlte sie sich an wie ein Felsen, der sich auf mich drückte. »Das kann ich nicht sagen.«
Ian schnappte sich auch meine zweite Hand, sodass ich ihm gegenüber stand. Ich starrte stur an ihm vorbei. Ich konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Womöglich würde ich mich einfach in seine Arme werfen, nur um ihn ein einziges Mal gespürt zu haben, bevor ich sterben musste.
»Dann lass mich raten. ER hat sich gemeldet.«
Ich schüttelte energisch den Kopf.
»Lüg mich nicht an! Du bleibst!«, befahl er so laut, dass mir der Tonfall seiner Stimme bis ins Mark ging. Mit einer schnellen Bewegung, die ich nicht hatte kommen sehen, warf er mich über seine Schulter und stapfte mit mir in sein Zimmer, wo er mich auf das Bett warf, noch bevor ich überhaupt wusste, was geschah.
Hastig trat ich mit beiden Füßen gegen seinen Brustkorb, was ihm ein erstauntes »Umpf« entlockte und ihn einen Schritt zurücktaumeln ließ. So schnell ich konnte, richtete ich mich auf und versuchte, über das Bett zu krabbeln und ihm zu entkommen.
Weitere Kostenlose Bücher