Highland Secrets 2
aufgehellt. Selbst das Geschirr, das sie besorgt hatten, war orangefarben und fügte sich perfekt ein.
»Kommst du allein klar? Wir müssen noch einmal zu Jonathans Freund und eine Kasse für das Café holen.«
»Ja, geht ruhig. Ich bleibe noch etwas.« Als ich allein war, ging ich hinter die Theke, stellte unsere Gläser in die kleine Spülmaschine und strich bewundernd über die Arbeitsfläche der Schränke, das Glas der Theke und die Kaffeemaschine.
Als mein Handy eine Nachricht ankündigte, zögerte ich erst, ranzugehen. Wahrscheinlich war es nur Kathrin oder Ian, die wissen wollten, warum ich nicht mehr bei ihnen war. Ich hatte nach dem Aufstehen schon zwei Nachrichten von Kathrin und einen verpassten Anruf von Ian aus meinem Telefon gelöscht. Kathrin hatte ich nur geschrieben, dass ich nach Hause gefahren wäre, weil mir plötzlich ziemlich schlecht war. Und sie hatte mir geantwortet, dass Darren am Abend auch über Übelkeit geklagt hätte. Und sie würde sich bei mir so bald wie möglich melden.
Ich vermutete, dass bald dann wohl jetzt war und nahm mein Handy aus meiner Handtasche. Es war keine SMS, sondern eine E-Mail, die gekommen war. Und sie war auch nicht von Kathrin, sondern vom Ripper. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und Schweiß trat auf meine Stirn. Wie konnte er mir noch immer schreiben?
»Komm zum Ripperhaus, allein!«, waren die einzigen Worte in der Nachricht. Dann folgte der Link zu einem Video. Es war eine wacklige Handyaufnahme. Sie musste bei Tageslicht gemacht worden sein. Ich konnte den Atem des Rippers hören. Er bewegte sich langsam auf das Haus meiner Mutter zu. Meine Hände begannen zu zittern, als er meine Mutter durch das Fenster hindurch filmte. Sie saß in der Küche und nippte an einer Tasse. Neben ihr lag die Zeitung. Vielleicht stammte das Video von gestern Morgen, nachdem wir abgereist waren. Oder von heute Morgen. Meine Finger krampften sich um das Handy. Selbst wenn der Ripper nichts weiter in die Nachricht geschrieben hatte, die Drohung war eindeutig. Entweder du oder deine Mutter. Heiße Tränen rannen mir über die Wangen und nervös suchte ich nach Zettel und Stift, um Summer eine Nachricht zu hinterlassen.
Nur was schreibt man in so einen Abschiedsbrief, der keiner sein darf, damit ich nicht noch einmal die Regeln des Rippers verletzte? Und warum war er auf freiem Fuß? Hatten die Beweise gegen ihn doch nicht genügt? Nur hätte Izz dann nicht Bob vorgewarnt?
Ich entschied mich für:
»Liebe Summer, gerade hat mich eine wichtige Nachricht eines alten Freundes erreicht. Ich muss zurück nach Dunvegan. Danke für Alles. Ich habe dich lieb. Emma«
Ich machte mir nicht die Mühe, meine Reisetasche wieder zu packen. Wahrscheinlich würde ich nichts brauchen, dort wo ich jetzt hinfuhr. Während ich die Straße entlangeilte und in meiner Handtasche nach meinem Autoschlüssel suchte, dachte ich keine Sekunde darüber nach, dass ich jetzt unwiderruflich sterben würde. Ich hatte zu viel Angst davor. Sonst würde ich womöglich in letzter Minute meine Entscheidung, mich dem Ripper auszuliefern, ändern. Und das würde bedeuten, dass meine Mutter statt meiner sterben musste. Und wer weiß wie viele Menschen noch sterben würden, bis ich endlich aufgeben würde? Darüber nachzudenken brachte also nichts. Wenn ich heute nicht ging, dann würde ich es später tun. Einen Ausweg gab es nicht. Die einzige Frage war, wie viele Menschen würde ich vor mir sterben lassen? Vielleicht würde ich für Fremde zögern. Aber dieses Mal bedrohte er meine Mutter.
Am ganzen Körper zitternd stieg ich in meinen kleinen Ford Ka. Das würde eine Premiere für mich werden. Ich würde das erste Mal eine weite Strecke mit dem Auto fahren. Bisher hatte ich das aus Angst, mich zu verfahren, immer vermieden. Ironisch war, diese Fahrt würde nicht nur meine erste sein, sondern auch meine letzte. Und so sehr, wie meine Hände zitterten und die Tränen meine Sicht trübten, würde ich wohl nie am Ziel ankommen.
Zumindest kam ich jetzt um den Liebeskummer herum, der unter all dem, was gerade passierte, schwelte. Der Schmerz lag dumpf unter der Schicht Panik, die die Nachricht des Rippers in mir ausgelöst hatte. Gestern noch beherrschte Ian MacLeod meine Gedanken. Heute verklang er zum Flüstern eines sanften Windhauchs. Was er wohl fühlen würde, wenn ich tot war? Würde es ihn überhaupt berühren? Irgendwo zwischen all diesen kurzen Gedankenblitzen, mitten im Nirgendwo zwischen Edinburgh
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