Highlander meiner Sehnsucht
darüber anders denken würden. Ihre Mutter zum Beispiel. Eine der Eigenschaften, die Janet Campbell an ihren Ehemännern verabscheut hatte, war deren Mangel an Bildung. Auch für Flora war eine gute Bildung stets wichtig gewesen. Doch Lachlan hatte sie erkennen lassen, dass Schulbildung nicht notwendigerweise mit Intelligenz gleichzusetzen war. Jeder Mann, der sich so viele Jahre erfolgreich gegen die Angriffe ihres mächtigen Bruders zur Wehr setzen konnte, brauchte diesbezüglich nichts mehr zu beweisen.
»Du hast nicht in Tounis studiert?«
Er blickte ihr fest in die Augen, als wappne er sich gegen ihren Spott. »Nein, dazu hatte ich weder die Gelegenheit noch die Mittel. Ich kann Gälisch lesen, aber kein Schottisch. Eine Tatsache, der sich dein Bruder sehr wohl bewusst ist.«
Flora runzelte die Stirn, denn ihr gefiel nicht, was er da über Hector sagte. »Darf ich den Brief sehen?«
Er zögerte. Aus irgendeinem Grund schien es ihm noch
immer zu widerstreben, ihr das Schreiben zu geben, doch dann zog er es aus dem Sporran und reichte es ihr. Das steife, zerknitterte Pergament knisterte, als Flora es vorsichtig auseinanderfaltete. Schnell überflog sie es, bemüht, ihre Erleichterung nicht zu zeigen.
Dann hob sie den Blick und bemerkte, wie fest er die Zähne zusammengebissen hatte. »Soll ich ihn vorlesen?«
Er nickte.
»Lass meine Schwester frei, oder trag die Konsequenzen. Betrachte dies als eine Warnung. Die einzige Warnung, die Du erhalten wirst.«
»Eigenartig«, murmelte sie und starrte stirnrunzelnd auf das Stück Pergament. »Er erwähnt deine Forderungen mit keinem Wort.«
Sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Ich denke, wir können das als Ablehnung auffassen.«
Flora ignorierte den schmerzhaften Stich, den das Schreiben ihr versetzte, und verbarg ihre gekränkten Gefühle hinter einer Maske der Gleichgültigkeit. »Das hatte ich befürchtet. Vielleicht glaubst du mir jetzt. Hector wird die Burg niemals freiwillig herausgeben. Nicht für mich jedenfalls.«
Diesmal widersprach er ihr nicht.
Nun gab es keinen Grund mehr für ihn, sie weiter hierzubehalten. »Dann wirst du mich jetzt freilassen?«
»Nein.«
Diese offene Weigerung erschütterte sie bis ins Mark. Bis zu diesem Moment war ihr nicht klar gewesen, wie wichtig ihr das war. Er musste sie einfach gehen lassen, damit sie ihre eigene Entscheidung treffen konnte, ob sie bleiben wollte. »Aber es gibt keinen Grund mehr, mich hierzubehalten.«
Er sagte kein Wort, sondern starrte sie nur an. Skrupellos und entschlossen.
Verstehen keimte kalt in ihr auf. Es gab nur einen einzigen Grund, warum er sie immer noch hierbehalten wollte.
Einen, der ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigte. »Du hast deine Meinung geändert«, murmelte sie tonlos, und die Worte wollten ihr kaum über die Lippen kommen. »Du wirst mich zwingen, dich zu heiraten.«
Er bedachte sie mit einem weiteren durchdringenden Blick. »Noch ein paar Minuten, und ich hätte dich zu gar nichts zwingen müssen.«
Entsetzt sog Flora den Atem ein. War es etwa das, was er vorgehabt hatte? Sie zu verführen, damit sie ihn heiraten musste? Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Sie hätte es beinahe zugelassen. »Du Mistkerl! Wie konntest du nur?«
»Ich will dich«, meinte er schlicht.
»Du willst mich nicht, du willst das, was ich dir geben kann«, versetzte sie bitter, unfähig, die Verzweiflung in ihrer Stimme zu verbergen. Ihr Reichtum, ihre Verbindungen und das Ende des Fluchs waren einfach zu verlockend. Er sah sie nicht als begehrenswerte Frau, sondern als lohnenden Ehepreis. Genau wie jeder andere.
Ruhig hielt er ihrem Blick stand und leugnete es nicht. »Wann wirst du endlich erkennen, dass du nicht zu entscheiden hast?«
Sie zuckte zusammen. Wie konnte er etwas so Grausames sagen? Sie hatte angefangen, ihm zu vertrauen. Sie hatte sogar geglaubt, er wäre jemand, den sie … heiraten könnte. Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen und schnürten ihr die Kehle zu. »Es ist meine Entscheidung. Ich allein treffe sie.«
»Du bist, wer du bist, Flora. Das kannst du nicht ändern.«
Er verstand sie einfach nicht. Verzweifelt klammerte sie sich an jeden letzten Funken Hoffnung. Sie wollte nicht glauben, dass sie sich so sehr getäuscht hatte. »Bitte, tu das nicht! Lass mich einfach gehen.« Doch genauso gut hätte sie versuchen können, einen Felsblock zum Schmelzen zu bringen. Flehend umklammerte sie die harten Muskeln seines
Arms. Sie gaben keinen Zoll nach. Unbeugsam.
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