Highlander und die Hure
gegenüber, die Arme vor der Brust verschränkt, in der Haltung eines Kriegers, was Duncan verriet, dass er nicht in Gefahr schwebte. Doch das war angesichts der Situation nur ein schwacher Trost.
Er drehte sich um und sah, wie Iain Mara aufhalf, dann redete er so leise mit ihr, dass nur sie ihn hören konnte. Wiederholt fasste sie sich an den Hinterkopf, als hätte sie dort Schmerzen. Die ganze Zeit über sah sie weder ihn noch einen der anderen Männer an, während sich Iain weiter mit ihr unterhielt. Augenblicke später wandte er sich wieder an Duncan.
„Ihr habt meine Schwester entehrt, MacLerie. Ich erwarte von Euch, dass Ihr das einzige Richtige tut.“
Sein Entsetzen über diesen Vorwurf hätte nicht größer sein können. Mara sah ihn nicht an, sodass er unmöglich an ihrem Blick ablesen konnte, ob der Vorwurf der Wahrheit entsprach. Das Gemurmel der Männer wurde immer lauter, bis Iain sie anherrschte, den Mund zu halten.
„Das ist Marian Robertson, meine Schwester und die einzige Tochter von Stout Duncan“, gab Iain bekannt. „Und Ihr habt sie entehrt.“
„Eine Hure kann man gar nicht entehren!“, rief einer von Duncans Leuten und spuckte demonstrativ auf den Boden. Im Handumdrehen waren ihnen allen die Zusammenhänge klar geworden, und sie wussten, wer diese halb nackte, zerzauste Frau war, die da zitternd vor ihnen stand. Aber obwohl lediglich das ausgesprochen worden war, was als Tatsache galt, konnte man die Worte als Herausforderung auslegen.
Nur einen Augenblick später brach auf der kleinen Lichtung das Chaos aus. Duncan hatte kein Schwert zur Hand, dennoch bahnte er sich seinen Weg durch das Getümmel, um zu ihr zu gelangen. Er musste erfahren, was tatsächlich geschehen war. Gerade als er bei ihr war, kam aus der anderen Richtung ihre Tochter gelaufen.
Vor Angst zitternd schrie Ciara nach ihrer Mutter und klammerte sich an deren Bein fest. Mara … Marian wankte bedenklich, dennoch versuchte sie, mit ihrem Körper das Mädchen vor dem Gerangel abzuschirmen. Duncan griff nach Mutter und Kind, weil er sie aus der Reichweite der Fäuste und Schwerter bringen wollte, da brüllte Iain wütend los und ließ alle Umstehenden innehalten.
Erschreckender als die Situation, die sich hier binnen weniger Momente entwickelt hatte, war Iains Erscheinungsbild, denn sein Gesicht war mit einem Mal kreidebleich geworden, und er starrte Ciara an, als hätte er soeben jemanden gesehen, der schon seit langer Zeit tot war.
„Befehlt Euren Leuten, den Kampf einzustellen, MacLerie“, keuchte er. „Wir werden das bei Tageslicht in der Feste regeln, nicht mitten in der Nacht auf einer Waldlichtung.“
Mit einem Nicken gab Duncan den Befehl weiter an seine Männer, eine Bewegung, die das Pochen in seinem Schädel verstärkte und ihm wieder bewusst machte, dass er sich an kaum etwas erinnern konnte.
„Marian, geh nach drinnen und nimm das Kind mit“, befahl Iain.
Als sie Duncan ansah, entdeckte er in ihren Augen weder Schuldgefühle noch Wut, sondern Mitleid. Sie nahm Ciara an der Hand und führte das Kind zurück zum Cottage. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte er, wie sie den Riegel vorschob.
„Begleitet den Friedensstifter zu seinen Gemächern und stellt eine Wache davor auf“, ordnete Iain an.
Unter anderen Umständen hätte er auf die Drohung und die Beleidigung reagiert, die aus dem Tonfall des Lairds deutlich herauszuhören waren, doch Duncan wusste, in seinem Gedächtnis klafften zu viele Lücken. Er musste erst einen klaren Kopf bekommen, bevor er sich zu den Vorwürfen äußern und einen Ausweg aus dem Dilemma finden konnte, in dem er sich befand. Nur eines war offensichtlich – Marian war tief darin verstrickt.
„Und stellt vor ihrer Tür ebenfalls eine Wache auf“, ergänzte Duncan, jedoch nicht als Forderung, sondern als Ausdruck seiner Sorge, dass er Marian beschützt wissen wollte. Solange er nicht wusste, was in den letzten Stunden tatsächlich geschehen war, konnte er auch nicht einschätzen, von welcher Seite womöglich Gefahr lauerte.
„Einverstanden“, willigte Iain ein.
Duncan ließ sich zu einem Pferd begleiten, auf dem er durch das Dorf zur Feste zurückkehrte. So wie sich alles vor seinen Augen drehte und angesichts der Schmerzen und der Übelkeit, die ihn plagten, hatte er ohnehin keine andere Wahl. Hamish würde ihn in seinen Gemächern aufsuchen, sobald er die Männer wieder zur Vernunft gebracht hatte und Ruhe herrschte. Duncan wusste,
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