Highlander und die Hure
stehen und ging nach unten, um nach Rurik zu suchen. Anschließend würde er zu Mittag essen und dann mit Marian reden, um ihrem Geheimnis wenigstens teilweise auf die Spur zu kommen. Natürlich hatten die Wachen ihm von Duncans schlaf- und rastloser Nacht berichtet. Hier in Lairig Dubh spielte sich kaum etwas von anderen unbemerkt ab, und alles Übrige wurde ihm von irgendeiner Seite immer zugetragen. All das gehörte zum Tagwerk eines Lairds.
Marian starrte sich im Spiegel an und konnte noch immer nicht glauben, dass sie die Frau sein sollte, die ihr von dort entgegenblickte. In den wenigen Stunden, seit sie mit Jocelyn aus dem Garten gekommen war, um sich deren Kleider anzusehen, war sie gebadet worden und man hatte ihr die mattbraune Farbe aus den Haaren gewaschen, sie angekleidet und den Stoff mit ein paar Abnähern versehen, damit er richtig saß.
Die Frau, die sie nun im Spiegel entdeckte, sah ganz so aus wie vor fünf Jahren, wie an jenem Abend, an dem sie in Ungnade gefallen war.
Sie drehte sich um und ließ Jocelyn, Margriet und Cora einen letzten Blick auf ihren Rücken werfen. Durch das Kleid, das genauso saß, wie es sollte, wurden ihre weiblichen Rundungen betont, und das Haar, das nun eher ihrem natürlichen Rotblond glich, fiel ihr locker über den Rücken. Ein Diadem sorgte dafür, dass ihr die Locken nicht ins Gesicht fielen, und gab zugleich einem kleinen Schleier Halt.
Die Frauen seufzten zufrieden, als sie das Ergebnis ihrer Bemühungen sahen, doch Marian begann bereits die Folgen zu fürchten. Sie hatte Erfahrung damit und wusste, dass die Kombination aus ihrem Erscheinungsbild und dem Ruf, der ihr vorauseilte, Männer dazu brachte, sich wie Narren aufzuführen. Üblicherweise war sie dann diejenige, die dafür bezahlen musste.
„Du musst daran denken, die Schultern beim Gehen zu straffen, Marian. Wenn du sie hängen lässt …“, begann Jocelyn sie zu unterweisen, hielt dann aber inne und lächelte sie wieder an.
„Wird dein Ehemann überrascht sein, wenn er dich so zu sehen bekommt?“, wollte Margriet wissen.
„Wahrscheinlich wird es ihm die Sprache verschlagen“, rief Jocelyn dazwischen, ehe Marian antworten konnte. „Sieh sie dir doch nur an, Margriet. Wäre Rurik nicht mit dir verheiratet …“ Sie ließ den Satz unvollendet.
„Das war keine gute Idee, Jocelyn. Ich bin jetzt eine verheiratete Frau, ich sollte mein Haar bedeckt tragen“, entschied Marian und griff nach dem Diadem und dem Schleier.
„Fass das nicht an!“, herrschte Jocelyn sie energisch an, doch als sie dann Marians Hand nahm und sanft tätschelte, war ihr schroffer Tonfall fast wieder vergessen.
„Ich weiß …“ Sie sah kurz zu Margriet. „Wir wissen, in deinem Leben hat sich einiges verändert. Ein neues Dorf, so viele neue Leute, das Leben in der Feste, nachdem du viele Jahre lang allein gewesen bist. Und es kommt immer noch Neues auf dich zu.“
Jocelyn zog sie mit sich zu einer Bank und veranlasste sie dazu, sich hinzusetzen, wobei sie ihre Hand nicht für einen Moment losließ. „Ich kann nur erahnen, was die Leute dir gesagt und dir angetan haben müssen, dass du dich hinter diesen Kleidern und dieser Haarfarbe versteckt gehalten hast.“
„Aber das liegt jetzt hinter dir, Marian“, fügte Margriet hinzu. „Du gehörst nun zu diesem Clan, und dein Ehemann hat klar und deutlich gesagt, dass die Vergangenheit hinter dir liegt und hier niemanden zu kümmern hat. Das sind gute Voraussetzungen, um noch einmal ganz von vorn anzufangen.“
Marian strich über den weichen Stoff ihres Kleids und spürte, wie das neue Leinenunterkleid wohltuend ihre Haut berührte. In diesen Kleidern und mit dieser Frisur fühlte sie sich sofort fünf Jahre jünger, und für einen Moment vergaß sie, was sich seither alles verändert hatte und welchen Entbehrungen sie ausgesetzt gewesen war. Sie kniff die Augen zu und kämpfte dagegen an, Erinnerungen an die Zeit wach werden zu lassen, als sie die einzige Tochter des Lairds gewesen war, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte.
„Ich weiß nicht, ob ich das kann, Jocelyn.“
Sie betrachtete die beiden Frauen, die einen so sicheren Platz auf dieser Welt hatten und von ihren Ehemännern geliebt und von allen anderen respektiert wurden. Es machte ihr Angst, deren Freundschaft und Fürsorge zu akzeptieren, wusste sie doch, dass sie gar nicht lange genug hier sein würde, um Teil des Clans zu werden.
Doch das konnte sie ihnen nicht anvertrauen. Und genauso wenig
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