Highlander und die Hure
zurück. Die meiste Zeit über saß Marian schweigend da, hörte den anderen zu und aß dann und wann einen Happen von ihrem Brettchen. Wurde sie etwas gefragt, dann antwortete sie. Im Verlauf dieses Essens erfuhr sie viel über das Leben in Lairig Dubh, darunter auch die Tatsache, dass man hier auf Zeremonien und Regeln kaum Wert legte, während diesen Dingen anderswo allerhöchste Bedeutung zukam.
Die uneheliche Halbschwester des Lairds durfte mit ihm hier im Saal essen, und er hatte den Dorfaufseher zu einem der Männer gemacht, die ihn bei anderen Clans und sogar am Hof des Königs vertraten. Er aß mit seinem Clan, niemand verbeugte sich vor ihm, niemand redete ihn mit Laird an. Und doch konnte man förmlich den tiefen Respekt spüren, den alle ihm entgegenbrachten. Hätte einer von denen, die ihn die „Bestie der Highlands“ genannt hatten, ihn jetzt und hier erleben können, er wäre davon überzeugt gewesen, dass die Bezeichnung einem ganz anderen Mann gelten musste.
Während des Essens kam der eine oder andere zu ihnen an den Tisch und bat Duncan darum, ihr vorgestellt zu werden. Jocelyn ging einige Male vorbei und lächelte sie strahlend an, und von der anderen Seite des Saals winkte Rurik ihr zu. Ehe sie sich versah, hatte sie etliche Einladungen erhalten, um sich mit den Frauen aus dem Dorf und auch mit Margarets Kindern zu treffen, gleichzeitig wurde ihr von verschiedenen Seiten Hilfe bei der Arbeit im Kräutergarten angeboten.
Murdoch, der alte Steward, und sein junger Schüler Gair baten darum, mit ihr am folgenden Morgen über den Garten zu sprechen, und sie ließen Duncan wissen, dass sie sich nach dem Essen im Südturm mit ihm treffen wollten. Auf Marians fragenden Blick hin erklärte Duncan, es gebe dort einen größeren Raum, den sie anstelle seines Gemachs benutzen könnten, sofern sie damit einverstanden war.
Das Essen verging wie im Flug, und erst als sie am Fuß der Treppe stand, die hinaufführte zu den Gemächern des Lairds, wurde ihr klar, dass sie durch die zahlreichen Anliegen zu sehr abgelenkt worden war und sie ihre Sorgen fast völlig vergessen hatte. Jetzt allerdings steigerte sich ihre Furcht mit jeder Stufe, die sie zurücklegte, und als sie dann endlich vor der Tür stand, musste sie erst mehrmals tief durchatmen, bevor sie den Mut aufbrachte anzuklopfen. Dazu kam sie aber erst gar nicht, weil die Tür plötzlich aufging und Jocelyn vor ihr stand. Dann ging Connor an ihr vorbei nach draußen und entschuldigte sich bei Marian für die Verspätung. „Aber ich möchte Jocelyn erst noch nach unten begleiten, danach können wir reden“, versicherte er ihr. „Geh ruhig schon hinein. Auf dem Tisch stehen Wein und Ale. Schenk uns beiden etwas ein.“
Mein alberner Mann, formte Jocelyn lautlos mit den Lippen in Marians Richtung, als sie an ihr vorbeiging.
Der Anblick des Lairds, der seine schwangere Frau die Treppe hinunter begleitete, weil er um ihr Wohl und das des Kindes fürchtete, rührte sie so sehr, dass Marian mit den Tränen kämpfen musste. Sie betrat den Raum, entdeckte die Krüge auf dem Tisch und schenkte jedem von ihnen ein wenig Wein ein, nahm einen winzigen Schluck und ließ das warme Getränk in ihre Kehle laufen.
Schließlich ging sie weiter zu dem langen Tisch, auf dem verschiedene Dokumente ausgebreitet lagen, von denen sie einige als den Vertrag wiedererkannte, der zwischen ihren Clans geschlossen worden war. Sie nahm Platz, überflog die Vereinbarung und musste lachen, als sie durchschaute, dass die MacLeries ihrem Bruder viel mehr Zugeständnisse hätten abringen können.
„Gibt es hier etwas zu lachen?“, fragte Connor, als er eintrat und die Tür hinter sich schloss. Sie wollte eben die Dokumente weglegen, da hielt er sie schnell davon ab. „Nein, sag mir bitte erst, was dich so amüsiert hat.“
„Mein Bruder hat sich geschickt davor gedrückt, bessere Bedingungen zu gewähren, was die Überlassung dieser beiden Grundstücke angeht“, antwortete sie und zeigte auf zwei Absätze. „Außerdem ist dieser Zinssatz viel zu hoch, wenn man die lange Laufzeit bedenkt.“
Der Laird wandte den Blick von den Pergamenten ab und sah Marian an, wobei er vor Erstaunen den Mund kaum mehr zubekam.
„Aye, ich kann Latein lesen“, entgegnete sie und setzte sich auf den Stuhl.
„Und ich dachte, die Zugeständnisse wären besonders großzügig ausgefallen“, murmelte er und schüttelte den Kopf. „Was noch?“
„Soll ich wirklich …?“, fragte
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