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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil Adamson
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flatternden Fasanen bedruckt. Vor uns auf dem Tisch warten Hamburger, angebrannte Hacksteaks in angebrannten Brötchen; irgendwie habe ich es sogar geschafft, die sauren Gurken zu kleinen grünen Zungen vertrocknen zu lassen. Meine Großmutter fordert meinen Großvater auf: »Hazel hat das Abendessen gemacht. Setz dich hin und iss. Was hast du denn?« Aber er rührt sich nicht vom Fleck.
    »Äh – also …«, beginnt er.
    »Setz dich«, wiederholt meine Großmutter.
    »Wisst ihr, dass ich schon mal Mastodon gegessen habe?«, fragt mein Großvater. Er tritt von einem Fuß auf den anderen. Wir kennen die Geschichte alle schon und beachten ihn nicht, sondern nagen an unseren Hamburgern und entdecken, dass die Brötchen ohne Belag eigentlich ganz essbar sind. Mein Großvater setzt sich.
    »Weißt du, was ein Mastodon ist, Andrew?«, fragt er. Andrew starrt ihn sichtlich übermüdet an.
    »Reine Erfindung«, bemerkt meine Großmutter. »Es hat nie ein Mastodon gegeben.«
    Sie lehnt sich zurück, legt die Hände in den Schoß und starrt ihren Teller an. Ihre weißblonden Haare haben die Farbe seidiger Maisgrannen und sind aus der Stirn nach hinten gekämmt. Ihre Augen sind tiefblau.
    Mein Bruder und ich haben diese Geschichte schon öfter gehört, ebenso die zahlreichen Versionen unserer Großmutter, die mit Großvaters Geschichten nichts gemeinsam haben, außer dass sie ihr pures Gegenteil sind. So ist auch ihre Beziehung: Alles, was er sagt, bestreitet sie, sogar in Fällen, wenn es wahr sein könnte.
    Seit unsere Eltern weg sind – sie sind zu einer langen Fahrt aufgebrochen, um die Dinge auf die Reihe zu bringen –, schlafe ich in Andrews Zimmer auf einer Luftmatratze. Andrew behauptet, ich rufe und lache im Schlaf. Wenn man danach geht, wie er morgens aussieht, könnte das stimmen. Mein Großvater schläft in meinem Zimmer und meine Großmutter im Schlafzimmer meiner Eltern. Nachts schleichen die beiden hin und her, dass es knarzt, besuchen sich gegenseitig und tuscheln. Ich bleibe lange auf, lese Lyrik und schreibe in meine Notizbücher; so sehe ich unter dem Türspalt, wie sich der Schatten meines Großvaters vorbeibewegt. Die Dielen biegen sich unter seinem Gewicht. Ich kann ihn nicht sehen, weiß aber, dass er Dads blauen Morgenmantel trägt, mit den Bissspuren des Hundes am Saum. Meine Großeltern wissen es nicht, aber ich höre alles, was sie sagen; sie reden über meine Eltern. Nach einer Weile stöpsle ich mir die Ohren zu.
    Die Familiengeschichte will es, dass meine Großeltern ihre Flitterwochen im Russland des ersten Fünfjahresplans verbracht haben. Granny erzählt, am Mittag ihres Ankunftstags sei die Moskauer Sonne schwach und bläulich gewesen, und in der Luft habe ein dumpfer Geruch nach heißem Metall gelegen. Meine Großmutter erklärte das Essen für köstlich und nahm zwölf Pfund zu, aber mein Großvater stocherte nur herum und ließ die vollen Teller stehen. In einem Restaurant beschwerte er sich, dass der Fisch zu teuer sei, und zu seinem Schreck begann sofort jeder im Lokal, einschließlich des Kochs, ihn anzubrüllen. Mein Großvater behauptet, im Theater applaudierten die Russen unisono. In der Pause gingen sie im Kreis herum, im Uhrzeigersinn. Draußen gebe es keine erkennbare Abgrenzung zwischen Straße und Gehweg. Die Russen, folgerte er, haben ein starkes Gemeinschaftsgefühl.
    In den Dreißigerjahren wurde auch das Mastodon gefunden; es taute in voller Gänze aus einer Gletscherwand hervor, komplett erhalten und unfassbar riesig. Und bevor die Wissenschaftler zur Stelle waren, wurden Souvenirs abgezwackt, Steaks herausgeschnitten, Haut abgezogen, die taillendicken Stoßzähne dicht am Eis abgesägt. Ich stelle mir vor, wie das Mastodon mit der Schulter voran, die Augen trüb, aus dem Eis an die Luft tritt, wie die Leute herumstehen und die fragwürdige Erscheinung untersuchen, wie es schmilzt und tropft und rinnt. Und ich stelle mir vor, wie es riecht.
    Aber in Wirklichkeit ist das alles Quatsch. Meinem Großvater glaube ich heute genauso wenig, wie seine Frau ihm glaubt.
    Genau das beunruhigt mich: Warum glaube ich ihm nicht? Es ist ja nicht so, dass ich über den Glauben an solches Zeug erhaben wäre. Als Lügenerzähler ist Onkel Bishop viel schlimmer. Sogar mein Vater schlägt gelegentlich die Tatsachen in den Wind und saugt sich etwas aus den Fingern.
    Ich selbst muss im Supermarkt immer einen Bogen um die Klatschpresse machen, denn deren Verrücktheiten setzen sich bei mir fest.

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