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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil Adamson
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schreien aufgeregt herum. In der Küche höre ich meine Großmutter verdrossen mit den Schranktüren klappern. Es ist ein warmer, stickiger Tag. Wolken hängen tief am Himmel. In den schmalen Durchgängen zwischen den Häusern bilden sich Pfützen, überall weben Spinnen ihre Netze, und die Zweige der höchsten Bäume sehen nass und angefault aus.
    Meine Großmutter will mir heute Nachmittag beibringen, wie man Zitronenkuchen bäckt, meinen Lieblingskuchen. Aber ich kann heute keine Belehrungen mehr brauchen. Ich will einfach alleine sein. Eine Bilderserie flattert mir durch den Kopf. Ein steinhartes Brathähnchen, weiß wie mein Unterarm, aus dem hinten die Füllung herausquillt wie nasser Sand; ein Wackelpudding mit lauter Löchern, wo die Kirschen herausgerutscht sind; eine Champignoncremesuppe mit dem Aroma eines im Regen vergessenen Aschenbechers. Ich weiß nicht, ob ich noch so einen Moment ertragen kann, wenn mir meine Großmutter mit ihren geschmeidigen, anmutigen Händen die Teigschüssel abnimmt und den Teig mit einer verblüffenden Geschwindigkeit durchschlägt. Und wenn dann der Kuchen trotz ihrer Anstrengungen zusammengefallen und klebrig aus dem Ofen kommt, unmissverständlich meine Handschrift tragend.
    Aber plötzlich kapiere ich: kein Kuchen heute. Andrew hat das ganze Backpulver in die Luft fliegen lassen. Ich sehe den Joghurtbecher wie eine kranke Kröte über den Gehweg hopsen und zischen, gekickt von kreischenden kleinen Jungs. Meine Großmutter marschiert über den Teppich, um zu gucken, was da draußen für ein Radau ist, und so verdrücke ich mich zur Hintertür hinaus auf die Straße. Ich will nur noch im Cadillac meiner Großeltern auf der Rückbank liegen und Gedichte lesen oder zusehen, wie die Wolken immer tiefer und tiefer sinken.
    Wie für so vieles andere, was er ordnet, vergleicht und archiviert, interessiert sich mein Vater hingebungsvoll für das Wetter. Er sammelt Zeitschriftenfotos von Flutwellen, Wirbelstürmen und Flächenblitzen. Er hat Bilder von Gewitterfronten in der Prärie, die wie graue Mauern auf die Kamera zurücken. Er hat Bilder von Wolken, die über Bergen hochquellen, Dia um Dia von Zirruswolken, Nimbuswolken, Cumuluswolken. Wolken wie Sand in seichtem Wasser oder wie welliges Mädchenhaar. Wolken, wie Muskeln schwellend, oder in Streifen und Bänder zerfasert.
    In seinem Klassenzimmer in der Willow Heights Highschool hängen Luftaufnahmen vom Ausbruch des Mount St. Helens, Diagramme der Kräfte, die in einer Windhose wirken, eine Landkarte, auf der Todesfälle durch Blitzschlag verzeichnet sind. Förster werden viel getroffen. Als Beweis halten sie für die Fotografen verkohlte Hüte hoch, klagen über kahle Stellen im Haar, Ohrensausen, nicht nachlassendes Zittern im Bein. Frauen werden fast nie vom Blitz erschlagen, weil sie im Gegensatz zu Männern nicht auf die Idee kommen, während eines Gewitters die Fernsehantenne auszurichten. Dad sagt, dass man einen Blitz kommen spürt, es kribbelt in den Füßen und Waden, der Mund wird strohtrocken. Wenn du so etwas merkst, sagt Dad, dann wirf dich auf den Boden und roll dich zusammen. Blitze kommen aus zwei Richtungen, aus dem Boden und aus der Luft.
    »Wie immer bei Strom«, sagt er, »müssen sich zwei Pole miteinander verbinden, sonst geschieht gar nichts.«
    Ich erinnere mich, wie er in der Schule mit der Fingerspitze eine flackernde Leuchtstoffröhre entlangstrich, wie seinem Finger von einem Ende der Röhre zum anderen blaue Blitze folgten und die Röhre dann mit einem Knacken anging. Ich erinnere mich, wie er zwischen Blitz und Donner zählte und sagte, vierzehn Zählzeiten seien eine Meile. Oder sagte er, jede Zählzeit sind vierzehn Meilen? Ich kann mich nicht erinnern. Und jetzt ist er nicht da, dass ich ihn fragen könnte.
    Ich liege im Auto, blicke hoch und höre ein schwaches Rumpeln über den Himmel wandern, aber nirgendwo flackert Licht auf. Ich klappe das Verdeck zu und lausche, wie der Regen auf das rissige schwarze Segeltuch tropft.
    Andrew tut mir leid, ich habe ein schlechtes Gewissen wegen ihm. Ich sollte ihm helfen, dabei kann ich noch nicht einmal mir selber helfen. Gestern Abend wollte er wissen, ob ich glaube, dass Dad und Mum sich trennen werden, und ich habe nur gesagt, halt die Fresse. Das platzte so schnell und böse heraus, dass ich selbst überrascht war; ich konnte mich nicht einmal entschuldigen. Er war lange still und hielt sich an der Bettdecke fest. Dann fragte er: »Wo ist das

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