Hilfe, mein Chef ist ein Affe
niedrigen Führungskräften, die sich alle für die jeweils hierarchisch tiefer stehende Gruppe einsetzen, um die eigene Position zu stärken.
• Manche von uns wenden sich niederrangigen Kollegen zu, um aufzusteigen.
Man könnte auch von einem »Robin-Hood-Prinzip« sprechen. Steigt der Leistungsdruck, machen sich die modernen »Rächer der Armen« für die Überlasteten stark. Drohen Entlassungen, suchen sie nach Alternativen und verteidigen »ihre Leute« mit Zähnen und Klauen. Stehen Gehaltserhöhungen an, schlagen sie Kollegen oder Mitarbeiter vor, die sich besonders verdient gemacht haben. Von solchen Aktionen profitiert dem Anschein nach nicht der Urheber, sondern die Gruppe oder die Person, der sie zugute kommen.
Doch auch unser Robin Hood selbst trägt einen Nutzen davon: Er weiß sich von denjenigen unterstützt, für die er sich einsetzt. Sein Verhalten erhöht zudem sein Prestige im Allgemeinen. Am Ende kann er sogar zur Legende werden (sein Name wird bekannt, und das macht es ihm leichter, sich zu profilieren).
Die »Robin-Hood-Methode« wird manchmal von Betriebsräten oder Gewerkschaften missbraucht. Dann fahren sie in Verhandlungen unverhältnismäßig schweres Geschütz auf und sind schnell mit Streiks bei der Hand. Sie möchten ein Ziel erreichen, gerade wenn das Medieninteresse groß ist. Leider kann man nicht immer ganz eindeutig sagen, wem diese Streiks letztlich dienen.
Eine Hand wäscht die andere
Manche von uns wenden sich gleichrangigen Kollegen zu, um aufzusteigen.
Spätestens wenn wir auf Gegenleistung zählen können, ist jeder von uns geneigt, einem hierarchisch gleichrangigen Kollegen einen Gefallen zu tun. Einfachstes Beispiel: das Kaffeeholen. Gerne holen wir einem Kollegen Kaffee, wenn wir wissen, dass er das auch selbst regelmäßig tut. Wenn nicht, kann damit auch ganz schnell wieder Schluss sein.
Auch in einem der Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe, konnte ich den Zusammenschluss gleichrangiger Kollegen beobachten: Die Kollegen machten heimlich Rauchpausen. Sie störten oder verzögerten bewusst den Produktionsprozess, und sie verschwiegen oder vertuschten Fehler. All diese Verhaltensweisen trugen dazu bei, sich gegenseitig zu unterstützen und eine gegen die Führungsetage gerichtete Solidarität aufzubauen: Kehrte man zum Beispiel Fehler von Kollegen unter den Tisch, konnte man auf deren Unterstützung zählen und auf diese Weise auch die eigenen Fehler vertuschen. Neue Kollegen wurden – fast wie bei den Freimaurern oder einer Studentenverbindung – sofort in die geheimen Regeln der Gruppe eingeweiht. Unter Umständen hinderte man sie sogar daran, die Leistungsnorm der Belegschaft zu überschreiten. Taten sie es dennoch, führte das zwangsläufig zum Konflikt, unter Umständen auch zum Ausschluss aus der Gruppe. Solch mächtige Allianzen machten es dem Chef fast unmöglich, seine Führungsfunktion wahrzunehmen. Bei wem liegt nun die eigentliche Macht?
• Auch bei den Affen stützen »Freundschaften« die eigene Position.
In der Welt der Affen läuft es fortwährend so: Dort ist es überlebenswichtig, ständig Freundschaften zu schließen und sich dadurch die nötige Unterstützung zu sichern. Der niederländische Verhaltensforscher Otto Adang beschreibt, wie zwei subdominante männliche Tiere einander unterstützen, um auf diese Weise die Herrschaft des Anführers zu untergraben. Die Allianz diente letztendlich dazu, die hierarchische Leiter höher hinaufzuklettern.
Völlig verlaust? Ein lausender Berberaffe sucht, anders als man vermuten würde, nicht nach Ungeziefer im Fell seines Artgenossen, sondern praktiziert soziales Verhalten. Das Zupfen am Fell verschafft dem gelausten Tier Wohlbehagen und ist seitens des Lausenden eine freundschaftliche Geste, die er natürlich irgendwann mit einer Gegenleistung belohnt sehen möchte.
Ein klassisches Beispiel für den Zusammenschluss zwischen gleichrangigen Affen ist auch das bereits erwähnte Lausen: Affen lausen nicht nur das Alphatier, sie lausen auch die gleichrangigen »Kollegen« – man weiß ja nie, wozu das einmal gut sein kann.
Auch wir Menschen kennen diese Form der gegenseitigen »Fellpflege«: der Klatsch und Tratsch. Die Kollegen wählen sich dabei die Person, mit der sie klatschen, gezielt aus. Dieser Gesprächspartner kann später auch wieder wechseln. Zunächst aber wird mit ihm gemeinsam eine Person oder eine Sache in ein schlechtes Licht gerückt, was zumindest einem der Schandmäuler einen
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