Hilfe, mein Chef ist ein Affe
sitzen Sie täglich im Büro? Sicherlich mindestens acht Stunden. Sie verbringen also einen nicht ganz unerheblichen Teil der Zeit, in der Sie wach und aktiv sind, nicht mit Familie oder Freunden, sondern mit Ihren Arbeitskollegen. Diese suchen wir uns meist nicht selbst aus, und doch verwenden wir einen nicht unwesentlichen Teil der Arbeitszeit darauf, Beziehungen zu ihnen aufzubauen und zu festigen.
• Die Kollegen sind unsere Familie im Büro.
Das kommt daher, dass wir »soziale Wesen« sind. Unser soziales Urverhalten bewirkt, dass wir im Unternehmen nur dann gemeinsam funktionieren, wenn wir (stabile) Verbindungen zu unseren Kollegen aufgebaut haben. Wie die Affen leben wir im Büro in einer sozialen Gruppe.
Unsere tierischen Verwandten allerdings bringen ihre Zeit größtenteils in ein und derselben sozialen Gemeinschaft zu, während unsere soziale Umgebung häufig wechselt. Das erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit und ein breites Spektrum sozialer Fertigkeiten. Gerade deshalb müssen wir die Beziehungen zu den Kollegen ständig pflegen und gießen wie ein empfindliches Pflänzchen. Dafür stehen uns verschiedene Methoden zur Verfügung, die wir uns mal wieder, im übertragenen Sinn, bei den Affen abgeschaut haben.
Einmal Lausen, bitte!
Sie haben im letzten Kapitel davon gelesen, und jeder, der schon einmal einen Affen im Zoo beobachtet hat, kennt das: Affen lausen einander. Der Begriff »lausen« stammt aus einer Zeit, als die Zoos noch weniger auf das Wohlergehen und die Pflege ihrer Tiere achteten. Damals hatten die Affen tatsächlich oft Läuse oder Flöhe. Heute findet der tierische »Friseur« kaum mehr Läuse, denn ein gesunder Affe trägt nur wenig oder gar kein Ungeziefer im Fell. Stattdessen wird das Fell mit geschickten Fingern Stück für Stück beiseite gestrichen und dann minutiös nach abgestorbenen Hautresten und Schmutzteilchen abgesucht. Das gelauste Tier scheint die Prozedur zu genießen, denn meist sitzt es in entspannter Haltung da, schließt die Augen und döst vor sich hin. Durch das Zupfen an der Haut werden nämlich opiumähnliche Substanzen im Körper freigesetzt und ins Blut abgegeben. Diese rufen beim gelausten Tier angenehme Gefühle großer Entspannung hervor.
• Die Affen lieben das Lausen, denn es entspannt so schön.
Was wir als Zoobesucher nicht sofort sehen, ist, dass das Lausen nicht nur der Entspannung dient, sondern auch eine bedeutende soziale Funktion erfüllt: Wie bereits erwähnt, hilft es den Affen dabei, Freundschaften zu festigen oder Verbündete zu gewinnen. Wer wen laust, sagt außerdem etwas über die Sozialstruktur der Affengruppe aus. Zwischen Lausendem und Gelaustem besteht immer eine bestimmte Beziehung, und der Gefallen, den der eine dem anderen erweist, ist auf irgendeine Weise motiviert. Wie steht es mit uns Menschen? Sie haben es gelesen: Auch im Unternehmen wird ab und an »gelaust«. Welche Formen des Lausens kennen wir, und warum lausen wir überhaupt?
Das machst du wirklich toll!
Selbstverständlich drücken wir unseren Kollegen keinen Mitesser aus oder klauben ihm die Schuppen aus dem Haar. Nein, wir lausen mit Worten und machen Komplimente: »Schicke Schuhe hast du heute.« Oder: »Danke für deine Hilfe bei der Präsentation. Das hat mir wirklich viel gebracht!« Auf diese Weise pflegen wir die Beziehung zu unseren Kollegen, halten sie stabil oder deuten an, dass wir eine solche anstreben. Eine besondere Form von Kompliment ist das Lob. Es verläuft meist in der gleichen »Richtung«: vom Vorgesetzten zum Untergebenen. In umgekehrter Richtung erfolgt folgende Form von Lausen: das Mitbringen von Kaffee, wenn man ohnehin zum Automaten geht. Höchst unüblich ist es nämlich, dass Vorgesetzte ihren Sekretärinnen Kaffee servieren.
Und, wie war dein Urlaub?
Menschen plaudern gerne und vorzugsweise im Büro. Damit meine ich nicht das Reden über die Arbeit oder über sachbezogene Themen, sondern das informelle Schwätzchen am Schreibtisch, am Kaffeeautomaten, am Kopierer oder im Flur. Ob wir dazu bewusst die Nähe anderer suchen oder ihnen zufällig über den Weg laufen, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass man sich ein paar Minuten ungezwungen unterhält. Oft geht es um Nebensächliches, und manchmal läuft es sogar auf reinen Klatsch hinaus. Fest steht auf jeden Fall, dass im Interesse der Beziehungspflege kurz Kontakt gesucht wird.
• Das Plaudern ist das Lausen beim Menschen.
Ein typisches Beispiel ist das Gespräch nach dem
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