Hilflos in deinen Armen
wurde.
Nunmehr nur noch in lockerem Hemd, Unterhosen und Stiefeln, trat er an den Waschtisch. Neben den Handtüchern lag ein nach Lavendel duftendes Stück Seife; der Wasserkrug war randvoll gefüllt. Bayard goss die Waschschüssel bis zur Hälfte voll und betastete sein Gesicht. Die Bartstoppeln brauchten wohl erst am folgenden Tag abgeschabt zu werden.
„Habt Ihr die hübsche Serviermagd gesehen?“, fragte Frederic, während er den Deckel der Truhe schloss. „Die Rothaarige mit den Sommersprossen?“
„Allerdings“, erwiderte Bayard. Er erinnerte sich an die Küchenmagd, die sich getraut hatte, durch den Türspalt zu spähen, als die Herrin mit den drei Männern unterwegs zum Wohnturm war. Vermutlich wirklich ein hübsches Mädel, die Kleine, ungefähr fünfzehn und gertenschlank.
Über das Gesicht des Knappen legte sich ein Ausdruck, den Bayard sogleich erkannte, war er doch im Laufe seines Lebens so manchem eifersüchtigen oder neidischen Mann begegnet. Das hatte bereits begonnen, als er noch jünger als Frederic gewesen war. Auch der Duc d’Ormonde zählte zu diesen Eifersüchtigen, wenngleich sich das als segensreich erwiesen hatte, sonst hätte Bayard wohl noch immer in der Normandie festgesessen. Der gute Herzog befürchtete damals wohl, der Gefangene könne seiner Gemahlin zu sehr gefallen, weshalb er ihn gegen die Zahlung eines verhältnismäßig geringen Lösegeldes lieber laufen ließ.
Auch vorhin hatte er diese Miene gesehen. Bei dem Burgvogt nämlich.
Leider Gottes sorgte Bayard überall dort, wo Damen sich aufhielten, für Eifersüchteleien, egal, ob Grund dazu bestand oder nicht.
In diesem Fall definitiv nicht, ganz abgesehen von der Tatsache, dass Lady Gillian Armands Schwägerin war. Temperament mochte sie ja besitzen – und eine Frau ohne Temperament war wie eine Suppe ohne Salz –, aber sonst? In keiner Weise reizvoll.
Ihr straffes Haar war von einem glanzlosen Braun und streng aus dem herzförmigen Gesicht nach hinten gekämmt. Keine entzückenden Löckchen, keine widerspenstigen Strähnchen, die einem Mann als Vorwand für eine verstohlene Liebkosung dienen konnten, etwa wenn man der Dame den vorwitzigen Haarstrang hinters Ohr strich. Dazu hatte sie eine kesse Stupsnase und einen ganzen Schwarm von Sommersprossen, der sich über Nasenrücken und Wangen verteilte und ihren Teint verunzierte. Gewiss, die grünen Augen blickten strahlend und lebhaft, wirkten aber auch nicht sonderlich verlockend. Außerdem war sie ihm zu mager, wenngleich sie einen hübschen runden Busen hatte und beim Gehen verführerisch die Hüften schwingen ließ.
„Meine Eroberungen werden stets künstlich aufgebauscht“, mahnte er seinen Knappen. „Ich darf dir versichern, sie ist mir zu jung, die hübsche Magd. Außerdem …“, er verzog die Lippen zu einem feinsinnigen Lächeln, „… bin ich nicht sonderlich angetan von roten Haaren.“
Als sich sein Knappe erleichtert grinsend ans Auspacken machte, fügte Bayard noch säuerlich hinzu, allerdings eher zu sich selbst: „Von Kratzbürsten übrigens auch nicht.“
Beim Abendmahl stellte Bayard dann erfreut fest, dass Lady Gillian ihm trotz der wenig begeisterten Aufnahme doch höflicherweise den Ehrenplatz zu ihrer Rechten zugewiesen hatte.
Zur Linken der Hausherrin saß der eifersüchtige Vogt, Frederic rechts neben Bayard und gleich daneben der Burgkaplan, ein gewisser Father Matthew, der zulangte, als habe er tagelang gefastet. Bayards Soldaten speisten direkt vor der erhöhten Herrentafel, zusammen mit den Männern der Burgwehr samt ihrem Hauptmann.
Das Essen war gut, Gott sei Dank. Darüber heilfroh – er musste ja schließlich einige Zeit verweilen –, spießte er mit der Messerspitze ein weiteres in Essig eingelegtes Stück Kalbfleisch auf. Seine Gastgeberin nahm ihn auch jetzt nicht zur Kenntnis und unterhielt sich stattdessen mit ihrem Verwalter.
Es fiel ihm auf, dass Lady Gillian recht schöne, wenn auch sonnengebräunte Hände hatte. Normalerweise hielten Damen sich in der Kemenate auf und widmeten sich keiner mühsameren Tätigkeit als der Nadelarbeit oder, wenn sie besonders rege waren, der Jagd, dann aber mit Handschuhen. Begaben sie sich nach draußen, wurde von ihnen erwartet, dass sie sich sittsam in den Schatten setzten. Lady Gillian hielt es ganz offensichtlich in jeglicher Hinsicht anders als ihre Standesgenossinnen.
Fest entschlossen, nicht andauernd auf die Burgherrin zu Averette zu achten, betrachtete Bayard den Großen
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