Hill, Susan
reinste Medizinunternehmen.«
»Schon seit Generationen. Kennen Sie die anderen?«
Freya beugte sich über ihren Teller. »Nein. Obwohl ich natürlich mit Simon zusammenarbeite.«
»Ja, er ist die Ausnahme. Seine Eltern waren nicht besonders begeistert, als er beschloss, ausgerechnet Polizist zu werden. Gott, ich kann nicht glauben, was ich da gerade von mir gegeben habe.«
»Keine Bange, wir wissen, dass wir eine ziemlich niedere Lebensform sind.«
»Aber für sie ist ein Serrailler, der kein Arzt ist, kein wirklicher Serrailler. Man würde doch meinen, es reichte, dass zwei von den Drillingen Ärzte geworden sind, oder?«
»Kennen Sie ihn gut?«
»Richard?«
»Ich meinte Simon, aber ja, auch Richard.«
Sharon warf ihr einen raschen Blick zu, legte Messer und Gabel zusammen und lehnte sich zurück.
»Kaum«, sagte sie. »Er und Meriel ergeben kein Paar, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie macht ihre eigenen Sachen.«
»Ich fand ihn nicht sehr sympathisch, als wir uns kennen lernten.«
»Niemand tut das. Ich glaube, sie hat es sehr schwer gehabt. Er ist ein verbitterter Mann.«
»Wieso, weil sein Sohn zu den Bullen gegangen ist?«
»Das und Martha. Wissen Sie von Martha?«
»Nein. Wollen Sie Nachtisch?«
»Was glauben Sie, wie ich in meine Kleider passe? Aber Kaffee gerne.«
Sie bestellten Espresso.
»Martha ist die jüngste Serrailler, zehn Jahre jünger als die Drillinge. Sie leidet unter einem angeborenen Hirnschaden und ist in einem Heim auf der anderen Seite von Bevham. Soviel ich gehört habe, hat das Richard fast umgebracht. Martha stellt für ihn ein Versagen dar. Er wollte eine perfekte Familie, geformt nach seinem Entwurf. Es hat nicht geklappt.«
»Arme Meriel.«
»Ja, sie ist diejenige, die leidet. Darum unternimmt sie ständig etwas, und das meiste außer Haus, fern von ihm.«
»Vermutlich ist er ebenfalls pensioniert?«
»Ja. Er war Neurologe. Niemand weiß, was er jetzt mit sich anfängt. Dazu gehört sicherlich nicht, seiner Frau Hilfe und Unterstützung zu geben.«
Ihr Espresso kam, dazu ein Teller mit vier Schokotrüffeln. Sharon schob sie weg. »Wie arbeitet es sich denn so mit Simon?«, fragte sie.
Freya fühlte sich überrumpelt. Sharon musterte sie aufmerksam.
»Er ist ein sehr guter DCI. Führt ein gutes Team.«
»Und?«
»Wie bitte?«
»Sagen Sie nicht, Sie hätten sich nicht in ihn verliebt. Jede zweite Frau, die Simon Serrailler begegnet ist, hat das getan.«
Freya schluckte einen Mund voll brühheißem Kaffee herunter. Schmerz schoss ihr durch die Kehle. Sharon beugte sich vor. Begierig auf Vertraulichkeiten und Geständnisse, dachte Freya. Sei vorsichtig, sei vorsichtig. Aber sie wollte unbedingt über ihn reden und musste mehr über ihn erfahren; alles andere war ihr egal.
»Okay«, sagte Sharon, »hab schon kapiert. Jetzt hören Sie …«
»Ich muss nur eines wissen, Sharon. Ist er schwul? Es scheint irgendwie offensichtlich, das er das ist – sein muss, natürlich muss er das sein.«
»Großer Gott, nein.«
Freya spürte, wie ihr Schweiß über den Rücken rann. Ihr schwamm der Kopf.
»Es ist eine Art Mysterium, was er ist. Jeder hat versucht, das Rätsel zu lösen, aber niemandem ist es je gelungen. Sie sind Detective, Sie haben genauso eine gute Chance dazu wie alle anderen. Ich kenne Simon nicht gut, eher Meriel, aber ich habe viele Menschen getroffen, denen er wehgetan hat. Er ist ein charmanter Mann, gut aussehend, kultiviert, warmherzig, eine angenehme Gesellschaft. Er hat die Karriereleiter mit Riesenschritten genommen, was auch ein attraktiver Zug ist. Aber er hat mehr Herzen gebrochen, als ich warme Mahlzeiten genossen habe, Freya. Er bezaubert Frauen, er ist freundlich, gibt ihnen das Gefühl, die Einzige auf der Welt zu sein, schenkt ihnen seine volle Aufmerksamkeit, hört zu … er ist ein sehr guter Zuhörer. Ob das nur daran liegt, dass er einfach keine Ahnung hat, weiß ich nicht. Er ist mit Sicherheit kein sadistischer Frauenhasser, darauf würde ich wetten. Aber er zieht sich zurück, wenn sie zu eifrig werden, und wenn er sich zurückzieht, dann vollkommen. Die Frauen wissen nicht, was sie getroffen hat. Und da ist noch etwas – niemand weiß Genaueres, aber er hat eindeutig noch ein anderes Leben, das sich nicht in Lafferton abspielt, und diese beiden Leben treffen sich nie – vermutlich nicht einmal in seinem eigenen Kopf, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich bestelle mir noch einen Kaffee – für Sie auch?«
Freya
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