Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
Vom Netzwerk:
auf seine Tastatur einhämmerte, ging dann hinaus und den Flur entlang.
    In Simon Serraillers Büro brannte Licht, und die Tür stand einen Spaltbreit offen. Freya zögerte. Tu’s nicht, tu’s nicht, lass es sein. Wenn Nathan es schon bemerkt hatte, wie vielen von den anderen war es dann auch aufgefallen? Tu’s nicht, wo bleibt dein Stolz?
    Sie klopfte an die Tür.
    »Herein.«
    Er hatte das Jackett ausgezogen, die Krawatte gelockert, und das blonde Haar war zerzaust. Sein Schreibtisch war mit hohen Aktenstapeln bedeckt.
    »Freya – Gott sei Dank, eine Ausrede aufzuhören. Kommen Sie rein, bitte, bitte, kommen Sie rein.«
    »Sagen Sie bloß, das ist alles Drogenzeug.«
    »Tonnen davon. Heute irgendwelches Glück gehabt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das war von vornherein abzusehen.«
    »Ich weiß, was Sie von alldem halten. Wir wollen nicht die kleinen Fische, und in der Unterführung zur Eric Anderson hängen nur kleine Fische rum, und in den Wohnungen der Hartfield-Siedlung hausen auch nur kleine Fische. Aber erstens können uns diese Fische zu den Haien führen und tun das auch, und zweitens hat es so viele Beschwerden aus der Öffentlichkeit gegeben, besonders von Eltern, wegen des Drogenverkaufs an die Schulkinder, dass wir sie ernst nehmen müssen. Und wie Sie wissen, hat es nicht viel Sinn, Autos voller Streifenpolizisten auffahren zu lassen, um die Dealer zu verscheuchen, bis das Theater vorüber ist. Ertragen Sie es mit einem Lächeln, Freya. In letzter Zeit ist es ziemlich ernst geworden, und es scheint so, als machten wir Fortschritte. Die Polizeikräfte des halben Landes sind im Drogeneinsatz.« Er sah sie kurz an. »Aber deswegen sind Sie nicht hier, oder?«
    Freya erstarrte. Was meinte er, was wollte er damit sagen? Was hatte er bemerkt?
    Dann stand der DCI auf und schob seinen Stuhl zurück. »Mir reicht’s. Ich bin total erledigt. Genau wie Sie. Wie viele Tassen Kaffee haben Sie heute getrunken?«
    Danach war es einfach. »Genug, um zu wissen, dass ich eine Woche lang keinen mehr will.« Sie wandte sich zum Gehen, dachte an das Steak und das Glas Wein und die Bach-Noten. Es hätte Schlimmeres zu Hause auf sie warten können.
    »Sandwiches? Kartoffelchips, KitKats …?«
    »Die Chips hab ich ausgelassen.«
    »Gut, wir brauchen beide etwas Ordentliches zu essen. Kennen Sie den Italiener in der Brethren Lane?«
    Der Boden schwankte unter Freyas Füßen.
    »Wenn wir mit meinem Auto fahren, könnten wir es im Kathedralenhof stehen lassen und zu Fuß zu Giovanni gehen, das sind nur fünf Minuten. Sie können Ihres hier lassen und mit dem Taxi heimfahren. Wenn wir es so machen, könnten wir uns eine Flasche Wein gönnen.« Simon war schon an der Tür, hatte die Krawatte gerade gezogen, das Jackett über die Schulter geworfen. Er schaute sich zu ihr um. »Oder – nicht?«
    Das sind die Momente, die man bis an sein Lebensende im Gedächtnis behält, diese ganz gewöhnlichen, ungeplanten, erstaunlichen, freudigen Dinge, diese spontanen, unerwarteten Dinge. Man erinnert sich an jedes Wort, jede Geste, die Farbe der Tischdecke im Restaurant und den Geruch der Flüssigseife auf der Toilette, sodass man für den Rest seines Lebens, wenn man ihn wieder riecht, dorthin zurückversetzt wird und dieselbe Person ist, die man war, an jenem Tag, zu jenem Zeitpunkt, mit denselben Gedanken, denselben Gefühlen. Das sind die Momente.
    »O Gott, Entschuldigung … ich war meilenweit weg. Danke – klingt gut.«
    »Unterzuckerung. Macht einen müde, schwindlig und gereizt. Giovannis Fegato alla Venezia ist genau das Richtige dagegen. Kommen Sie.«
    Lachend liefen sie die Treppe hinunter und zu seinem Auto. Verweile doch, du Augenblick, dachte Freya rasch, schaute zum sternlosen, mondlosen Himmel hinauf, bitte, lieber Gott, lass den Augenblick verweilen.
    Im Auto fiel ihr auf, dass sie nach dem Ende eines langen Arbeitstages aussah, nicht nach dem Beginn eines festlichen Abends. Der cremefarbenen Paschmina war das Einzige, was ihre Aufmachung ein wenig aufpeppte. Ihr nächster Gedanke war, dass er sie mögen musste, wenn er sie zum Essen einlud, egal, wie sie aussah.

    Das Restaurant war eine schimmernde, warme Oase, eines der kleinen, altmodischen italienischen Lokale, das keine Zugeständnisse an Inneneinrichtung und Moden des einundzwanzigsten Jahrhunderts machte.
    »Ich mag es, weil es direkt aus den Sechzigern stammt«, sagte Simon, als sie vom Besitzer überschwänglich begrüßt und an einen gemütlichen

Weitere Kostenlose Bücher