Hill, Susan
natürlich waren sie daran nicht so interessiert, na ja, kann man ihnen nicht vorwerfen, wenn es um Menschen und einen Hund geht, da gibt es keine Konkurrenz, das verstehe ich schon. Aber ich habe das Gefühl, Phyllis enttäuscht zu haben. Sie hat mir Skippy anvertraut, wissen Sie. Ich hab sie enttäuscht.«
»Aber er könnte wiederkommen. Geben Sie die Hoffnung nicht auf. Hunde rennen weg, finden nicht mehr nach Hause, vielleicht hat jemand ihn zu sich genommen … Haben Sie es beim Tierheim probiert? Oder Sie könnten eine Anzeige in eine der kostenlosen Wochenzeitungen setzen, haben Sie daran schon gedacht?«
Jim schüttelte den Kopf. »Das hätte ich tun können«, sagte er. »Jetzt nicht mehr. Jetzt nicht mehr, seit ich das gehört habe.« Er blickte zum Medium.
Sie stand hinter den anderen, hielt ihren Teebecher in der Hand und unterhielt sich. Als sei alles normal, als wäre nichts passiert, als hätte sich ihr Gesicht nicht in das einer boshaften alten Frau verwandelt und als hätte es keinen kläffenden Hund gegeben. Wenn Jim nicht da gewesen wäre, hätte Iris meinen können, sie würde verrückt. Inzwischen hatte sie die Hoffnung aufgegeben, von Harry zu hören. Er würde nicht kommen, wo hier so viel los war.
»Mein Mann ist gestorben«, sagte sie zu Jim. Sie hatte nicht gewusst, dass sie das sagen würde. Er tätschelte ihr die Hand. »Kurz vor Weihnachten. Es war eine barmherzige Erlösung, er war sehr krank gewesen, nur … na ja, es ist immer noch schwer. Immer noch sehr schwer.«
»Haben Sie von ihm gehört? Es gelingt ihr, zu vielen Menschen durchzudringen … manchmal sind es drei oder vier. Geben Sie nicht auf, genau wie Sie es wegen Skippy gesagt haben. Er kann immer noch kommen, wissen Sie.«
»Sind Sie jede Woche hier?«
»Meistens. Na ja, es ist interessant. Ich finde es interessant. Und man ist in Gesellschaft. Ich habe Bücher über die Geisterwelt gelesen, habe mich ziemlich intensiv damit beschäftigt.«
Aber es hat dich nicht darauf vorbereitet, Skippy bellen zu hören, dachte sie. Jim schien es besser zu gehen; er hatte seinen Tee ausgetrunken, ohne etwas zu verschütten, und sein Gesicht wirkte ganz fröhlich. Sie stellte sich vor, jede Woche herzukommen, nur aus Interesse und der Gesellschaft wegen. Lieber würde sie einen ganzen Monat zu Hause sitzen, ohne eine lebende Seele zu sehen.
»Wie geht es Ihnen, Mrs Chater? Ich hoffe, wir hören im zweiten Teil des Abends von Ihrem lieben Mann. Ich bin mir sicher, dass jetzt mehrere darauf drängen, zu uns durchzudringen. Dieses Mal benutze ich die Tafel. Damit erhalte ich sehr gute Resultate.«
Iris stand auf. »Ich fürchte, ich muss gehen, ich muss mich um … meine Nachbarin kümmern. Sie ist krank geworden. Ich habe ihr versprochen, nicht zu lange wegzubleiben.«
Sheila Innis legte Iris die Hand auf den Arm, die sich warm anfühlte. Beruhigend. Iris sah ihr ins Gesicht, versuchte die alte Frau darin zu finden, aber da war keine Ähnlichkeit, überhaupt keine.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs Chater. Manchmal sind die Dinge etwas merkwürdig, vielleicht sogar beängstigend, wenn man neu ist … Natürlich weiß ich nicht, was passiert, ich bin dann in Trance, habe keine Kontrolle darüber. Das ist ganz anders als bei den individuellen Sitzungen – aber das haben Sie sicher schon selbst bemerkt.«
Doch Iris hatte bereits ihre Handtasche über dem Arm. Das Zimmer wirkte heiß, und irgendetwas darin roch fremdartig, ekelhaft süß und unangenehm.
»Es tut mir Leid.«
Jim stand auf, schob seinen Stuhl zurück. »Ich hoffe, Sie kommen wieder. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen.« Seine Augen waren wässrig und sahen sie bittend an.
»Und ich hoffe, Sie finden Ihren kleinen Hund. Versuchen Sie es mit der Anzeige.«
Die anderen unterhielten sich. Niemand nahm von ihr Notiz, bis auf den jungen Mann mit den abgebissenen Fingernägeln und der schlechten Haut, der aufschaute und sie mit bleichen, ausdruckslosen Augen anstarrte.
Der Flur war leer. Nirgends war etwas von Mr Innis zu sehen.
Iris öffnete die Haustür, schlüpfte hinaus und lehnte sich, nachdem sie die Tür leise geschlossen hatte, ein paar Sekunden zitternd dagegen, wie Jim Williams gezittert hatte, aber mit einer großen Woge der Erleichterung. Die Luft war mild und kühl und roch nach Hecken und Auspuffgasen. Es roch wunderbar, fand Iris, so wunderbar wie nichts anderes, was sie in ihrem Leben gerochen hatte.
Als sie auf die Straße bog, sah sie, dass das
Weitere Kostenlose Bücher