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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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das Medium hatte Andeutungen gemacht, und Iris hatte sie aufgenommen. Das könnte alles Blödsinn sein. Und es war nicht das, was sie wollte. Aber dann begann Sheila Innis wieder zu sprechen.
    »Sie ist jetzt näher gekommen. Sie hat wirklich ungewöhnliche Augen … ein grünliches Grau. Schöne Augen. Sie sagt, es tue ihr Leid, dass Sie auf sie warten mussten und sie Ihnen nicht sagen konnte, was passiert war. Sie haben so lange in der Kälte gewartet. Jetzt zeigt sie mir ein Fahrrad … ich sehe ein Bild von ihr auf dem Fahrrad, wie sie über eine Brücke fährt … ist das eine Brücke?«
    Iris Chater spürte ein Kribbeln im Nacken. Ihre Hände waren ganz kalt. Der Raum wirkte kalt, also zog sie den Seidenschal wieder um sich.
    »Sie sagt, es wäre alles innerhalb einer Minute vorbei gewesen, aber es hätte eine Sekunde gegeben, in der sie wusste, was passierte, und alles schien ganz still zu werden. Sie wusste, dass sie nichts tun konnte, und dann war es vorbei. Sie sah, dass Sie auf sie warteten. Sie sagt … einen Augenblick … nein, heißt das … sie sagt, Sie hätten die Kekse mitgebracht. Heißt es das? Kekse?«
    »Ja.« Iris brachte nur ein Flüstern zustande. »Wir wechselten uns ab. An dem Tag war ich mit den Keksen dran … Wir stibitzten immer eine Hand voll aus der Keksdose zu Hause.«
    »Sie zeigt mir wieder das Fahrrad … das Vorderrad ist total verbogen und der Lenker auch.«
    »Sie ist auf ihrem Fahrrad ums Leben gekommen. Wir haben uns immer an der Ecke getroffen, und an dem Tag habe ich zwanzig Minuten lang auf sie gewartet, doch sie kam nicht, daher bin ich zur Arbeit gegangen … und sie hatte einen Unfall, ist unter eine Straßenbahn gekommen. Oh, Nita … Arme kleine Nita. Bist du das wirklich?«
    »Sie sagt, Sie hatten viel Spaß zusammen. ›Hatten wir nicht Spaß zusammen, Iris, du und ich und Donald und Norman? Hatten wir nicht Spaß?‹«
    »Ja«, flüsterte Iris mit trockenem Mund, »ja, Nita, wir hatten Spaß zusammen.«
    »Jetzt habe ich jemand anderes hier. Ella … Ella, nein, tut mir Leid, sie heißt Ellie. Ja. Sie trägt eine besondere Brosche, ein Schiff, ja … auf einem dunklen Kleid.«
    »Das ist meine Großmutter.«
    »Sie runzelt die Stirn. Sie sagt, alles war so schwer. Es tue ihr Leid, dass sie nicht mehr Zeit für Sie hatte, als Sie klein waren, aber es sei sehr schwierig mit Ihrem Großvater gewesen. War er krank? Ich spüre, dass er lange krank war.«
    »Er war geistig verwirrt … Vieles davon wurde von mir fern gehalten.«
    »Sie sagt, sie hätte Ihnen gern ihr Schmuckkästchen vermacht, aber sie hatte nicht die Zeit, ein Testament aufzusetzen. Sie sei sehr plötzlich gestorben. Sie sagt, Sie hätten gern darin herumgestöbert, aber sie habe nicht daran gedacht. Sie sagt mir immer wieder, wie Leid es ihr tue. Und da ist ein Hund … ein Hund. Ein kleiner brauner Hund, ja. Kennen Sie ihn? Er bellt Sie an, als wolle er Sie begrüßen.«
    »Nein, ich kenne keinen braunen Hund.«
    »Also, es ist ein freundlicher kleiner Hund, und es ist definitiv eine Begrüßung, er springt auf und ab, will Ihre Aufmerksamkeit erringen. Ein kleiner Terrier … ein Yorkshireterrier?«
    »Nein«, sagte Iris traurig. Sie müsste den Hund doch eigentlich kennen, wenn er gekommen war, um sie zu begrüßen.
    Sheila Innis saß wieder schweigend da, die Hände immer noch im Schoß verschränkt. Die Sonne war weitergewandert, und der Kater mit ihr.
    »Ist … ist da jemand, der sagt, er sei Harry?«
    Das Medium antwortete nicht. Vielleicht hätte sie nicht sprechen sollen. Sie wartete, dachte an Nita von vor fünfzig Jahren, die hübsche kleine Nita, die auf dem Fahrrad ums Leben gekommen war. Nitas Donald hatte Iris ihre erste Zigarette gegeben. Sie hatten damals alle zu rauchen begonnen. Sie waren Freunde, Kumpel, nicht wirklich eng befreundet, und es war alles lange vor Harry gewesen. Warum hatte sich Nita gezeigt und Harry nicht?
    »Komm und sprich mit mir«, hatte er gesagt, und Iris war gekommen, aber er war nicht da, schien nicht mit ihr reden zu wollen. Sie wollte wissen, ob es ihm gut ging, mehr nicht, und wollte, dass er etwas sagte, irgendetwas, das ein Beweis für sie wäre, wollte ihn mit Willenskraft herbeirufen, damit er etwas sagte, was nur sie beide wussten. Das wäre ein Beweis. Genau wie nur sie und Nita von den Keksen gewusst hatten.
    Die Großvateruhr tickte weiter.
    Nach ein paar Minuten öffnete das Medium die Augen und machte dann eine rasche Bewegung

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