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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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Besuch einverstanden war. Hatte er sie nicht darum gebeten, so deutlich, wie es ihm möglich war? »Komm und sprich mit mir.« Was hätte er sonst meinen können? Glücklich ging sie zum Priam Crescent.
    Das Haus war klein und stand für sich, mit weißem Kieselrauputz und Erkerfenstern rechts und links neben der Haustür. Eine Hecke schirmte es von der Straße ab, und ein langer Weg führte zu einer verglasten Veranda. Im Vorgarten stand eine Magnolie, unter der weiße und goldene Krokusse blühten. Iris Chater spürte, wie es ihr leichter ums Herz wurde.
    »Innis« – ohne jeden Zusatz stand das auf dem Schild neben der Türglocke. Sie könnte meine Nachbarin sein, dachte Iris Chater, dieses nette, ordentliche, ganz gewöhnliche Haus – und schließlich war Sheila Innis auch jemandes Nachbarin. Die Vorstellung war seltsam beruhigend. Iris zögerte überhaupt nicht, bevor sie auf die Klingel drückte. Warum sollte sie, wenn sie doch das tat, worum Harry sie gebeten hatte?

    Wären noch irgendwelche Spuren von Unsicherheit oder Besorgnis da gewesen, hätte der Anblick von Sheila Innis sie sofort zerstreut.
    »Mrs Chater? Bitte, kommen Sie herein. Ich muss Sie als Erstes fragen, ob Sie etwas gegen Katzen haben. Dann würde ich Otto in ein anderes Zimmer bringen.«
    »Nein, das brauchen Sie nicht, ich mag Katzen.«
    »Otto wird Sie nicht belästigen. Er ist schon sehr alt und schläft viel, aber um diese Tageszeit fällt ein Sonnenstreifen in mein Arbeitszimmer, den er unwiderstehlich findet.«
    Sheila Innis war vielleicht fünfzig, nicht älter, mollig, aber nicht dick, mit hellem, inzwischen ausgeblichenem und leicht ergrautem Haar, kurz und gut geschnitten, aus dem Gesicht gekämmt und hochgesteckt. Sie trug einen Tweedrock und eine gelbe Bluse, einen goldenen Anhänger und flache Schuhe. Außerdem lächelte sie, offen und warm, ein Lächeln, spürte Iris Chater, das in sie eindrang, um sie zu beruhigen, sie willkommen zu heißen … und noch etwas mehr. Es war das Lächeln von jemandem, den sie zu kennen meinte. Auf allen Fotos, die sie von Medien gesehen hatte, waren diese Frauen kunstvoll zurechtgemacht, hatten pechschwarzes Haar und dichte schwarze Augenbrauen, dunkle Augen, goldene Ohrringe, trugen zu viel Make-up. Sheila Innis hätte diesem Bild nicht unähnlicher sein können.
    Der Kater Otto lag in voller Länge auf einem hellgrünen Teppich vor einer Terrassentür, die auf den Garten hinausging, und hatte sich ganz ausgestreckt, als wolle er jeden Zentimeter Sonnenlicht ausnützen. Die Beete nahe dem Haus und zu beiden Seiten des langen Rasens waren voller Rosenbüsche, jetzt beschnitten und kahl, aber auch hier wuchsen Schneeglöckchen und Krokusse, die zusammen mit dicken Büscheln Nieswurz und einer winterblühenden Kirsche dem Garten Leben und Farbe verliehen.
    Es war ein gemütlicher Raum. Eine Sitzgruppe war mit Damaststoff bezogen, in einem etwas dunkleren Grün als der Teppich, auf einem polierten Tisch stand eine Vase mit gelben Tulpen, auf einem hübschen Sekretär waren gerahmte Fotos zu sehen – ein Brautpaar, mehrere Kinder, eine junge Frau mit langem, glattem Haar, ein älterer Mann.
    »Bitte nehmen Sie Platz. Wenn Sie sich fest gegen die Rückenlehne des Sessels lehnen, klappt eine Fußstütze aus.«
    Sheila Innis setzte sich auf den gegenüberstehenden Sessel, den Rücken der Terrassentür und dem Licht zugewandt. Neben ihr an der Wand stand eine antike Großvateruhr. Ein schöner Raum, dachte Iris Chater, ein friedvoller Raum. Er strahlte eine Atmosphäre von Zufriedenheit aus. Sie hätte glücklich in diesem Raum leben können, dachte sie, und ihr eigenes Wohnzimmer nicht vermisst. Nichts hier machte sie nervös, nichts war merkwürdig oder besorgniserregend, es gab keine seltsamen Gegenstände oder Bilder. Sie atmete tief ein und lehnte sich zurück. Die Fußstütze klappte tatsächlich aus. Iris fühlte sich entspannter als seit Wochen. Auch wenn nichts weiter passieren sollte, war es allein deswegen wert gewesen herzukommen.
    »Sie haben noch nie ein Medium oder irgendeinen Spiritisten besucht, Mrs Chater?«
    »Oh, nein. Nein, nie.«
    »Ich möchte nicht, dass Sie mir sonst noch etwas über sich erzählen. Ich wollte das nur wissen, weil frühere Erlebnisse Menschen natürlich beeinflussen und jedes Medium anders ist, wir arbeiten alle auf unsere eigene Weise. Ich erzähle Ihnen daher nur kurz, was Sie erwartet. Sitzen Sie bequem?«
    »Ich könnte glatt einschlafen, so angenehm

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