Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
Vom Netzwerk:
ich aber auf jeden Fall eine PDA.“ Ganz egal, was in diesem säuselnden Hebammenbuch steht, das alle Frauen dazu bringen will, im Zeitalter von Waschmaschinen auf eine PDA zu verzichten. Schließlich wäscht man heutzutage ja auch nicht mehr von Hand im eisigen Fluss, sondern benutzt eine wunderbare, technische Errungenschaft, die Waschmaschine. Moderne gebärende Frauen müssen keine Schmerzen mehr erleiden. Einmal im Monat Regelschmerzen und ab und zu auch noch Eisprungschmerzen, das reicht ja wohl völlig!
Wir verschlingen noch schnell unseren Rucola mit Putenbrust, und ich fühle mich irgendwie elend, strecke die Flügel und will ganz schnell nach Hause.
     
Dort angekommen erwartet mich, neben meinem chaotischen Haushalt und meinem mir auf Schritt und Tritt folgenden schlechten Gewissen, weil ich die fertige Spülmaschine immer noch nicht ausgeräumt habe, ein Brief von Daniel! Oder sagen wir besser, ein Zettel, den er unter der Haustür durchgeschoben hat. Mit einer sehr schönen, geschwungenen Handschrift darauf. Im Schönschreiben wird unser Kind also mal keine Probleme bekommen. Im Rechnen allerdings schon, wenn es nach mir kommt. Meine Grundschullehrerin ist wirklich an mir verzweifelt. Dass ich jemals Architektur studieren würde, hätte ich selbst im Leben nicht gedacht. Ich glaube, es war eher eine Rebellions-Entscheidung, da meine Mutter wollte, dass ich African-Tänzerin werde oder Töpferkurse gebe.
     
„Schau bitte im Garten nach. In Liebe Daniel“, steht da auf diesem Zettel und ich gehe mit wankenden Knien, als hätte ich gerade fünf Gläser Eierlikör von meiner Oma auf Ex getrunken, zum Küchenfenster und sehe in unseren Garten.
Der Frühling bemüht sich redlich, die Knospen sprießen zu lassen, doch bisher sind es nur die Blätter der Johannisbeerbüsche, die tapfer Form annehmen.
Ich starre mutig hinaus, als erwartete ich eine Explosion. Oder wenigstens ein Mini-Weltwunder. Und da sehe ich eines: Eine Amsel baut ihr Nest. Und ich fasse intuitiv auf meinen Bauch, als ich die Überraschung von Daniel erblicke. Mein Magen zieht sich zusammen und wird so klein wie ein Jojo.
Auf unserem Rollrasen, der noch nicht richtig angewachsen ist, steht … ein wunderschöner, Kinderwagen aus den 50ern. Eines dieser Prunkstücke, mit denen Mütter, die einen richtig guten Geschmack haben, im Prenzlauer Berg herumschieben. Drumherum ist eine gelbe Schleife gebunden und darin sehe ich, wenn ich meine Augen etwas zusammenkneife, ein ebenso niedliches Enten-Stoffbaby wie das, das Daniel mir bereits geschenkt hat.
Mein Herz steht still und ich spüre die Explosion in meinem Körper.
Dann drehe ich meinen Kopf und sehe die Nachbarin aus Haus 18, die für die Gerüchteküche in unserer Siedlung zuständig ist, neugierig in unseren Garten glotzen.
Schnell wie eine Schildkröte mit eingebautem Motor rase ich los in den Garten und schiebe das Ding aus ihrer Sichtweite. Ich schiebe es zu Magda auf die Terrasse und klingle Sturm.
„Ich darf keinem Fremden aufmachen!“, ruft mir Ruby durch die Tür entgegen.
„Sind deine Mamas nicht da?“, rufe ich zurück. „Hier ist Nora.“
„Ach so, nee, soll ich was ausrichten?“ Ruby scheint mich in die Kategorie „noch fremd genug, um nicht die Tür zu öffnen“ zu stecken, und ich sehe das ein.
„Nein, schon okay, nur viele Grüße. Und keine Sorge, die Wehen haben noch nicht eingesetzt.“
Ich entferne die Schleife und schiebe den hübschen Kinderwagen eilig zur S-Bahn. Eine ältere Frau beugt sich an der Haltestelle darüber und will sich das entzückende Baby anschauen. Als sie das Entenbaby sieht, macht sie einen Satz zurück. Ihrer Miene ist zu entnehmen: Hier scheint irgendetwas gewaltig schiefzulaufen. Das sehe ich genauso.
     
Ich zerre den Kinderwagen die Treppen zu Jacky hinauf, merke erst jetzt. wie schwer das antiquierte Teil ist und verfluche Daniel und den fehlenden Aufzug.
Angelockt von dem Lärm kommt die alte Frau Piske aus ihrer Wohnung.
„Hallo, Frau Piske, brauchen Sie einen Kinderwagen? Vielleicht als Körbchen für Ihren Dackel?“
Frau Piske schüttelt nur grimmig den Kopf und knallt die Tür wieder zu.
Die eine Tür ist zu, die andere geht auf. So ist das im Leben. Jacky sieht mich und das Trumm entgeistert an.
„Bist du jetzt völlig durchgeknallt?! Das kommt mir nicht in die Bude. Das ist doch bestimmt von Daniel! Tobias kauft gerade den Boogaboo. Mit Extra-Ausstattung.“
Ich starre sie fassungslos an. Die Auswahl eines Kinderwagens ist

Weitere Kostenlose Bücher