Himbeersommer (German Edition)
für einen Mann wie die Entscheidung, einen Porsche oder einen Fiat Punto zu kaufen. Nur in dem Fall ist der Porsche endlich mal erschwinglich. Die alles entscheidende Frage ist also nicht: Liegt mein Kind darin weich und orthopädisch richtig, sondern: Ist der Wagen geländegängig und kurventauglich, und werden mich meine Anwaltskollegen darum beneiden?!
„Woher weißt du das?“
„Weil ich gerade mit ihm telefoniert habe. Er hat mich nach meiner fachfraulichen Mutti-Meinung gefragt und ich habe ihn darin bestärkt. Diese hippen Boogaboo-Teile sind zwar scheißteuer, aber Tobias will nur das Beste für euer Kind und was Trendiges für dich.“
Beschämt sehe ich sie an. Und sehne mich nach Tobias.
Während er sich entzückende Gedanken um mich und das Baby macht, überlege ich, wie ich das Geschenk meiner Affäre beseitigen kann! Bin ich eigentlich noch zu retten?!
Jacky hat folgende Vorschläge: den Kinderwagen von Daniel a) auf der nächsten Müllkippe zu entsorgen, ihn b) bei eBay zu versteigern und von dem Geld eine Ganzkörpermassage von einem durchtrainierten Masseur machen zu lassen, oder c) ihn bei ihr im Keller zu deponieren und dort mit Spinnweben überwuchern und verrotten zu lassen, falls Jacky doch noch ihren Traummann findet und ein weiteres Baby mit ihm bekommen will. Wir zerren ihn also gemeinsam die Treppe runter, begleitet von lautem Gebell, das aus Frau Piskes Wohnung kommt.
Jacky flucht, was das Zeug hält. „Du hast Tobias überhaupt nicht verdient. Immer kriegen die andern die tollen Männer ab!“
„Du kriegst auch noch einen prima Mann“, predige ich das, was ich seit zehn Jahren predige.
„Du hast aber zwei, und ich versteh einfach nicht, wie du Tobias so verarschen kannst!“
„Ich auch nicht. Ich meine, du weißt doch ganz genau, dass das überhaupt nicht meine Art ist, aber …“
„Nichts aber, da gibt’s nichts zu beschönigen, Nora. Du hast es getan, du bist von dem Jungschen schwanger und hörst nicht auf, Tobias zu hintergehen. Allein mit dem Teil da!“ Sie zeigt auf den Kinderwagen, den wir jetzt endlich in den Keller gewuchtet haben, die Ente liegt schief.
Ich sehe das Teil an, und meine Stimme wird leise und mein schlechtes Gewissen laut. „Ich kann doch nichts dafür, dass er mir das geschenkt hat?!“
„Du hättest es ja direkt in den nächsten Baucontainer kippen können. Aber nein, es ist dir ja doch irgendwie superheilig!“
Sie gibt dem Teil einen Schubs in ihr Kellerabteil, macht die alte knarzende Tür mit Schwung zu und schließt lautstark ab.
„Danke“, sage ich leise und fühle mich begossen wie ein Pudel. Das Gebell aus dem Treppenhaus ist bis hier unten zu hören. Ich halte mir die Ohren zu und will nur noch weg. Wenn einen die beste Freundin nicht mehr versteht, ist es Zeit, sehr sehr lange und intensiv über sein Leben nachzudenken.
Und das können Frauen am besten - mit anderen Frauen.
Magda ist jetzt zum Glück wieder da und hört mir, einen Schwangerschafts-Tee kochend, zu, und auch Ines findet es „echt schwach“ von Jacky.
„Mein Gott, es ist jetzt wie es ist. Sieh dir die Kugel doch mal an. Als gute Freundin muss sie zu dir halten!“, sagt Magda und bringt mir eine Tasse Tee.
„Tut sie ja auch, irgendwie“, verteidige ich unsere Freundschaft, die schon so viele irrwitzige Männergeschichten überstanden hat. „Aber sie ist nun mal Tobias-Fan und himmelt ihn an. Er ist ja auch großartig.“
Trübsinnig starre ich in die Tasse und dann auf meinen riesigen Bauch.
„Machst du auch schön Heublumensitzbäder, Nora?“, reißt mich Ines aus meinen Gedanken.
„Äh, was?! Nein. Ich will ja gar nicht, dass das Kind da jemals rauskommt“, lächle ich schwach und frustriert.
„Naja, verstehe schon, aber wat mut, dat mut. Und der Muttermund sollte sich weiten, sonst tut es bei der Geburt ja noch mehr weh.“ Ines bekommt von Magda einen strengen Blick zugeworfen.
„Hör doch auf, Nora hat schon genug Panik, das geht auch ohne Heublumen“, lächelt sie mich an und streckt mir eine Karotte hin. „Hier, damit es tolle Adleraugen kriegt. So wie du.“
Wenn sie wüsste! „Ich bin fast 40 und schwanger und brauche eine Lesebrille!“, entfährt es mir, und mir wird klar, dass das wirklich das geringste meiner Probleme ist.
„Du immer mit deinen Karotten“, faucht Ines Magda an, „das ist ja wirklich peinlich.“ Sie nimmt ihre Tasche und geht.
Magda setzt sich frustriert mit ihrem Tee zu mir. „So geht das schon seit Wochen. Wegen der
Weitere Kostenlose Bücher