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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
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den Sanitätern fast auf eine große, halbverdorrte Palme am Empfang geschoben werde, die mir irgendwie spanisch vorkommt.
Eine dicke Schwester mit fettigen Haaren drückt mir gelassen die Aufnahmepapiere und einen Stift in die Hand.
„Bitte alles ausfüllen. Chipkarte ham Se dabei?“
„Meine Fruchtblase ist gerade geplatzt“, erwidere ich hysterisch, „das Kind liegt im Trockenen, tun Sie doch was!“
Doch die Dicke lächelt nur schnöde. „Es geht erst los, wenn Se das ausjefüllt ham.“
Ich sehe Magda Hilfe suchend an, doch die ist gerade ein paar Schritte weiter dabei, Tobias zu erreichen und quatscht ihm auf die Mailbox.
„Tobias, wenn du das hörst, dann schwing dich sofort in deinen Audi und komm in die Klinik …äh wo sind wir eigentlich?“, wendet sie sich an die Dicke.
Die Dicke drückt ihr eine Visitenkarte des Krankenhauses in die Hand und geht weiter zur nächsten Patientin, einer hechelnden Türkin, die zu diesem besonderen Ereignis ihre ganze Familie mitgebracht hat.
„Wieso haben Sie uns nicht in meine Wunschklinik gebracht?“, ich sehe den Sani wütend an, als hätte er gerade gesagt, Mensch Sie haben ja `nen dicken Hintern.
„Na, weil ditte aufm Weg nach Hause is. Wir haben gleich Feierabend und heute spielt Hertha gegen Rostock.“
Ich fasse es nicht, starre auf das Anmeldeformular und überlege, wie ich heiße. Die Sanis verabschieden sich und eilen davon.
Nora Blume. Nora Blume, du bleibst jetzt ganz ruhig, füllst diesen Mist hier aus und konzentrierst dich auf dein Kind. Es ist wichtig, dass es eine schöne, entspannte Geburt hat, weil, sonst wird es vielleicht ein Schreikind, hat Conny, unsere Hebamme, gesagt.
Während ich überlege, ob ich mein Geburtsjahr fälschen und mich etwas jünger machen soll, faucht Magda auf Tobias` Mailbox. „Jetzt nimm endlich ab, Tobias, du weißt doch ganz genau, dass es jede Sekunde so weit sein kann oder hast du gedacht, Nora hat diesen Bauch, weil sie zu viele Donuts gegessen hat?!“
„Heute spielt Hertha gegen Rostock“, presse ich unter der ersten Wehe hervor. Die nächsten zwei Stunden hört und sieht der nichts anderes als die Glotze.
Magda verdreht die Augen und fühlt sich in ihrem Männerbild wieder mal bestätigt.
Ich habe mich entschieden, zu meinem Alter zu stehen und das Formular fertig ausgefüllt. Ich winke der Dicken damit hektisch zu, während mich schon wieder eine Wehe überrollt. Gemächlich kommt die Dicke, nimmt es mir ab und überfliegt es.
„So `ne späte Spätgebärende hab ich ja noch nie gehabt!“, entfährt es ihr und sie grinst eine hochschwangere Türkin mit Kopftuch an, die bestimmt erst Anfang 20 ist und schon drei Kinder im Schlepptau hat.
„Soll ich Daniel anrufen?“, fragt mich Magda unsicher und nimmt meine Hand.
„Auf keinen Fall“, presse ich mit einer erneuten Wehe hervor und zerquetsche dabei Magdas Finger.
„Verdammt, tut das weh, das halt ich nicht durch!“
„Vorwehenzimmer is leider nich frei“, sagt die Dicke mit einem Blick auf den Belegplan, und ich würde sie am liebsten erwürgen.
„Vorwehenzimmer?! Heißt das, das sind nur die Vor wehen, und das Ganze wird noch schlimmer?!“
Die Dicke und die Türkin kichern. „Aber hallo“, sagt die Dicke. „Stellen Se sich mal auf das Allerschlimmste ein. So wird’s dann meistens ooch.“
Magda blafft die Dicke an. „Sagen Sie mal, was soll denn das, meine Freundin hat schon genug Angst! Und überhaupt, wo kann sie denn dann ihre Vorwehen verarbeiten, wenn kein Vorwehen-Zimmer frei ist?“
Die Dicke zuckt nur die Schultern. „Na hier, uffm Flur.“
Magda und ich sehen den mit wartenden Männern und spielenden Kindern gut gefüllten Flur an und dann uns.
„Das darf alles nicht wahr sein, bitte sag, dass das nicht wahr ist“, flüstere ich ihr zu und werde von einer erneuten Wehe mit fortgerissen.
Ich bringe meine Mutter um, denke ich, während der Schmerz meinen Körper ganz tief in mir durchdringt. Erst gestern hat sie noch am Telefon gesagt: Ach Kindchen, so schlimm ist das nicht, das hat noch jede Frau überlebt. Sogar deine weinerliche Cousine.
Nach gefühlten 100 Stunden und 1000 unmenschlichen Wehen findet eine junge rothaarige Hebamme endlich Zeit, mich zu untersuchen, und schiebt mich dafür auf meiner Liege in ein enges Untersuchungszimmer, wo ich ans CTG angeschlossen werde. Die Hebamme ist jung, sehr jung und wirkt unsicher. Während sie ihre Hand in mir hat, läuft sie knallrot an, tastet verblüfft und sieht mich an.
„Das hab

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