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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
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kleinsten Lappalie macht sie mich an und fährt aus der Haut. Manchmal glaube ich, sie hat eine andere.“
„Oder PMS“, lächle ich Magda an. „Sorry, aber eine andere kann ich mir nicht vorstellen. Bei euch ist doch alles in Ordnung, ich meine, sieht zumindest nach außen so aus.“
„Komm, lass uns shoppen gehen. Das beruhigt.“ Magda steht nervös auf.
„Super Idee, meine Schwangerschaftsklamotten sind alle total ausgeleiert und verwaschen. Lohnt sich zwar eigentlich nicht mehr wirklich, meine Tage sind ja gezählt, aber egal.“
„Eben, egal. Auch als Hochschwangere musst du immer heiß und begehrenswert sein und Schuhe gehen immer. Aber denk dran, eine Nummer größer.“ Magda hat zum Glück ihre gute Laune wieder.
„Aber wir gehen nicht zur Friedrichstraße, weil … die Läden dort, die hab ich alle schon durch!“
Ich will weder Tobias noch Daniel in die Arme laufen, stehe schnell auf und hake mich bei meiner neuen zweitbesten Freundin unter. Schuhläden wir kommen! Schuhe gehen immer!
     

***
     
Der Nachmittag wird lustig und leicht.
Ich sehe sogar lachend darüber hinweg, dass ich in jedem Oberteil wie ein Walross aussehe, das heute besonders viel Fisch gefressen hat. Kein Wunder, dass sich Tobias für „no Sex“ entschieden hat. Aber ich schätze, das liegt auch eher an der Sache mit Daniel, die er vermutlich nie überwinden wird.
Ich stehe in der Umkleidekabine einer kleinen exquisiten Boutique in Mitte, in die mich Magda geschleppt hat und schiebe meine prallen Brüste in einen sexy schwarzen BH in Größe Doppel-D. Mein Körbchenumfang ist so kurz vor der Geburt zwar enorm gestiegen, aber Doppel-D ist dann doch etwas optimistisch. Beziehungsweise pessimistisch. Ich hoffe ja nicht, dass sich der Umfang meiner Brüste noch mal verdreifacht, wenn dann die viele Milch einschießt, von der Magda immer erzählt.
Plötzlich spüre ich sie, die Milch, oder bilde ich mir das nur ein?! Denn sie schießt nicht in die Brüste, sondern rinnt mir die Beine hinab. Entsetzt starre ich meine nassen Schlüpfer und das Wasser, das meine Beine herunter läuft, an, (soweit ich angesichts meines Bauchumfanges meine Oberschenkel noch sehen kann) und kriege einen hysterischen Schreianfall.
„MAGDAAAA!? WAS IST DAS?!“
Magda reißt den Vorhang der Umkleide beiseite und starrt die Pfütze zu meinen Füßen auf dem lila Teppich an. Hinter ihr erscheint der Kopf der coolen, Anfang 20-jährigen Mitte-Verkäuferin, die plötzlich gar nicht mehr lässig wirkt.
Magda lächelt verzückt. „Die Fruchtblase, Mensch, Nora, die Fruchtblase ist geplatzt! Es geht lohos!“
„Die Fruchtblase?! Das ist ja ekelhaft, jetzt ist der ganze Siff auf unserm niegelnagelneuen Designer-Teppich!?“, ruft die Mitte-Verkäuferin aus und schwört sich vermutlich gerade, nie in ihrem ganzen coolen Leben so etwas Unästhetisches wie Muttter zu werden.
Ich dagegen schmeiße mich (sofern das mit dem Bauchumfang geht) in Windeseile auf den Boden, lege mich flach hin und atme laut. Was um Gottes Willen hat uns Conny, unsere Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs, noch mal erzählt, was zu tun ist, wenn im Supermarkt die Fruchtblase platzt? Ich fürchte, ich habe bereits eine Demenz, bevor ich anfange zu stillen. „Wenn die Fruchtblase platzt, dann müsst ihr euch vor der Käsetheke auf den Boden legen.“ Das war’s!
Während Magda bereits die Nummer des Notarztes tippt, regt sich die Mitte-Verkäuferin auf. „Sie können sich doch hier nich einfach langlegen, was soll denn unsere Kundschaft denken, oh nee, und das stinkt, das Zeug!“
Ich rieche es auch. Es riecht etwas seltsam, was da aus meinem tiefsten Inneren nach außen gelangt ist, aber stinken tut es nicht. „Das stinkt überhaupt nicht!“, herrsche ich die Verkäuferin an. „Und jetzt Ruhe, ich muss atmen.“
„Der Notarzt ist in ein paar winzigen Minuten hier.“ Magda hat sich zu mir gekniet und streichelt freudig lächelnd meine Hand. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen.
„Hast du schon Wehen?“
Ich horche in mich rein und spüre ein Ziepen.
„Ja, oh Gott, es ziept!“
Doch dann merke ich, dass das nur der Kleiderbügel war, der unter meinem Rücken liegt. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Oder auch schon hecheln?!
     
Mit Blaulicht werde ich in die Klinik eingeliefert. Ganz so dramatisch habe ich mir diese Geburt dann doch nicht vorgestellt.
Dass es nicht meine Wunschklinik ist, sondern vermutlich die für schnöde Kassenpatienten, fällt mir erst auf, als ich von

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