Himbeersommer (German Edition)
klingen zu lassen.
Ines lacht, und sie will mir Bescheid geben, wenn Magda wieder etwas besser drauf ist. „Ach, und, Nora, hast du noch Kontakt zu Tobias? Der schleicht hier immer durch die Himbeersiedlung, als hätte man ihm einen Buckel hingezaubert.“
Ich schlucke schwer. „Ab und zu eine Mail. Aber nur wegen der Ratenzahlung und so.“
„Verstehe. Er ist eben Anwalt durch und durch. Deshalb hast du dich ja vermutlich auch von ihm getrennt.“
Ich horche auf. „Nein. Keine Ahnung, warum …“
„Das war jetzt ein Scherz, oder?“
„Klar, ein Scherz. Ach ja, und er hat gemailt, er arbeitet gerade seine Kollegin ein.“
„So etwas schreibt der?! Typisch Männer. Dann ist ja wohl alles klar. Einarbeiten. Bei was wohl? Vögeln auf dem Kopierer?“
Ines muss los und sie verspricht mir, Magda wieder ganz liebe Grüße auszurichten und dass ich sie ganz bald sehen möchte.
Ich lege auf, denke an die schlanken Beine von Patrizia von und zu, die den Kopierer herunterbaumeln und fühle mich dick und einsam. Lisa sitzt auf Daniels afrikanischer Decke, wirft eine Rassel durchs Zimmer und brabbelt.
Mein Schatz, mein riesengroßer Schatz. „Mama hat dich ganz dolle lieb.“
Daniel kommt auf einen Sprung aus dem Bistro und bringt eine köstliche Zitronen-Tarte.
„Ich habe euch vermisst, meine zwei Schönen.“
„Wir dich auch. Wieso arbeitest du immer so lange?“
„Weil ich ein Bistro zu führen habe? Ich kann doch nicht um 16 Uhr Feierabend machen.“ Seine Stimme klingt leicht gereizt.
„Aber du hast doch Florence.“
„Ja, das ist genau das Problem. Florence ist faul. Sorry, aber, wenn ich nicht da bin, bewegt sie sich wie eine Schildkröte.“
Ich sehe ihn an und merke, dass ich irgendwie unausgeglichen bin.
„Außerdem habe ich jetzt eine kleine Familie. Ich muss euch doch auch was bieten können.“
„Du hörst dich an wie mein Urgroßvater. Daniel, ich bekomme Erziehungsgeld, das reicht erstmal allemal.“
„Gerade so, ja. Aber dann? Nora, ich will nicht, dass du deine Ansprüche zurückschrauben musst. Ich will nicht, dass du irgendwann bedauerst, dass du mit mir zusammen bist.“
Wütend stehe ich auf. „Sag mal, was denkst du eigentlich von mir?! Dass ich eine verwöhnte Anwaltsgattin bin, die ihre Luxus-Faltencreme braucht, sonst ist sie weg?!“
Wir sehen uns an, und Lisa weint. Ich nehme sie sofort auf den Arm. „Alles gut, Süße, Mama und Papa streiten sich nicht, wir diskutieren nur.“ Genau das hat meine Mutter früher immer zu mir gesagt, bevor mein Vater uns verlassen hat.
„Nora, ich liebe euch, aber …“
„Aber was?!“
„Ach, irgendwie gibst du mir immer das Gefühl, alles falsch zu machen.“
„Was?“ Ich sehe ihn erschrocken an. Denn ich kenne ihn, diesen Satz. Tobias hat ihn oft gesagt. Nie könne er mir etwas recht machen, nie. Ich würde ihn ständig unter Druck setzen. Weder räume er die Spülmaschine richtig ein noch kaufe er den richtigen Käse. Stimmt ja auch. Ich liebe Tilsiter, aber er hat immer Gouda gekauft!
„Soll das etwa heißen, dass ich anstrengend bin?“ Ich sehe ihn sauer an. Welche Frau ist denn, bitteschön, nicht anstrengend?!
„Nein. Du nicht. Sonst wärst du ja für mich nicht die Richtige.“ Er kommt zu mir, nimmt mich in den Arm, küsst meinen Hals und hält mich fest. „Ich liebe dich, und wir drei, wir gehören zusammen.“
Und ich denke nur: Vielleicht bin ich ja wirklich nicht deine Richtige?
Die Tage und Wochen vergehen, und Daniel hat in seinem Bistro viel zu tun. Florence ist ständig krank, oder tut so als ob, und Daniel muss oft noch mehr arbeiten als sonst. Abends, wenn ich Lisa ins Bett bringe, surft er viel im Internet oder macht Computerspiele. Eine Sache, die ich von Männern in meinem Alter nicht kenne, und die ich auch nicht gerade anziehend finde. Und sowieso ist vieles so ganz anders als mit Tobias.
Endlich will mich Magda sehen. Ich bin so froh und irgendwie auch enttäuscht. Sieht sie in mir doch keine so gute Freundin wie ich in ihr, oder wieso hat sie sich derart distanziert, als es ihr schlecht ging?
„Unsinn, Nora.“ Magda sieht mich lächelnd an und bringt mir einen Tee. „Ich bin einfach so. Wenn ich down bin, will ich keinen hören und sehen. Um Ines komm ich ja nicht drumrum. Aber meine anderen Freundinnen, no way. Die leiden dann immer alle wie Hölle, aber sie kennen das inzwischen schon.“
„Aha. Wirklich ungewöhnlich für eine Frau.“
„Tja, Ich mag das eben nicht. Meine Probleme ständig
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