Himmel der Suende
Gelegenheit wird er euch verraten.“
„Aber, aber, meine Liebe“, meinte Ashmo’Deush süffisant. „Du hast das denkbar schlechteste Bild von mir.“
„So?“, fragte Ani’El spöttisch. „Ist es denn etwas anderes als Mordlust und Rache, das dich treibt? Willst du wirklich nach Hause, oder willst du nur all die büßen lassen, die dich seinerzeit bekämpft und besiegt haben?“
„Wieso ist es Mordlust und Rache, wenn wir es tun, während ihr es angemessene Bestrafung und Gerechtigkeit nennt, wenn ihr selbst es tut?“, fragte Ashmo’Deush zurück. „Was macht euren Glauben gut und unseren böse? Wieso sind eure Taten gerechtfertigt und unsere verdammenswert?“
„Wir...“
„Genug“, unterbrach Sam’Yaza sie. „Es ist Zeit, deine Armee in Stellung zu bringen“, sagte er zu Ashmo’Deush. „Wir folgen, sobald wir die Schlüssel haben.“
„Wirklich schade“, sagte Ashmo’Deush, „dass mir dadurch das Schauspiel entgeht, wie sie sie dir entreißen, Ani’El.“ Wenn es jemals ein Lächeln gegeben hatte, das das abgrundtief Böse ausdrückte, dann war es das, das Ashmo’Deush jetzt aufgesetzt hatte. „Und dass es danach keine Möglichkeit mehr gibt, dich für alle deine Sünden leiden zu lassen. Also bleibt mir jetzt nur noch, Stirbwohl zu sagen und meiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass das Entfernen der Schlüssel dir mindestens ebenso viele Qualen bereitet, wie ich dir zugefügt hätte.“
Sie sah in seinen Augen, dass er das genauso meinte, wie er es gesagt hatte, und ihr wurde übel bei dem Gedanken, dass er und seine Armee an der Eroberung der Himmel beteiligt sein würden. Sie konnte sich nur allzu leicht ausmalen, wie sehr er ihre Brüder und Schwestern quälen und leiden lassen würde.
„Verflucht seist du“, zischte sie.
„Zu spät“, gab er mit einem Augenzwinkern zurück. „Viel zu spät.“
Dann drehte er sich um und verschwand.
„Wäre es nicht jetzt an der Zeit, uns einen Handel anzubieten?“, fragte Sam’Yaza, sobald er sicher sein konnte, dass der Dämonengeneral auch wirklich weg war.
„Einen Handel?“, fragte Ani’El, obwohl sie wusste, worauf er hinauswollte. Aber sie musste Zeit gewinnen, auch wenn sie nicht wusste, wofür. Soweit sie das beurteilen konnte, waren Sergej und Man’El tot, und niemand würde sie mehr aus dieser Lage befreien können. Der Gedanke an den Tod ihrer beiden Geliebten brach ihr das Herz, und sie war beinahe versucht, die Schlüssel einfach so herauszugeben, weil nichts, aber auch gar nichts mehr einen Sinn hatte. Aber nur beinahe - sie liebte ihre Brüder und Schwestern im Himmel und fühlte sich für sie verantwortlich. Das zumindest hatte sich nicht geändert.
„Nun ja“, sagte Theia. „Wir könnten einen Pakt schließen, dass wir dich am Leben lassen und du dafür uns und die Unseren wieder zurück in die Himmel lässt. Das würde ein gewaltiges Blutvergießen vermeiden, und du hättest dafür gesorgt, dass die Dunklen Horden draußen bleiben.“
Ani’El lachte spöttisch auf.
„Einen Pakt schließen mit euch Paktbrechern?“, fragte sie. „Euch direkt in die Himmel einladen und damit riskieren, dass ihr ihnen die Pforten ganz ohne Kampf öffnet? Für wie dumm haltet ihr mich? Ihr seid bloß nicht sicher, ob es euch auch wirklich gelingt, mir die Schlüssel mit eurem Ritual zu entreißen, und wollt auf Nummer sicher gehen. Aber nicht mit mir. Versucht euer Glück!“
Sam’Yaza nickte bedächtig.
„Also gut“, sagte er. „So sei es.“
Sergej schlich die unterirdischen Gänge entlang und konnte kaum glauben, wie leer es hier unten war. Keine Wächter. Entweder fühlte Sam’Yaza sich absolut sicher, oder irgendwo im Palast geschah etwas, das sehr viel wichtiger war, als mögliche Gefangene zu bewachen. Vielleicht hatte er aber auch schon, was er wollte, und sie waren bereits alle weg. Der Gedanke daran, dass seine Anya nicht mehr lebte, war unerträglich. Sein ganzes Leben hatte ihn darauf trainiert, mit Schmerzen und Verletzungen umzugehen und ihnen zum Trotz weiterzukämpfen, um zu überleben. Aber noch nie hatte er einen Schmerz verspürt, der so groß war wie der bei der Vorstellung, dass Anya vielleicht schon tot war. Aber seine Art, damit umzugehen, blieb dieselbe: Schon allein aus Trotz musste er dagegen ankämpfen. Dieses Mal allerdings nicht für sich und das eigene Überleben, sondern auf die hauchdünne Chance hin, dass sie vielleicht doch noch am Leben war und es ihm gelingen könnte, sie zu
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