Himmel uber Langani

künstlerisch begabt und einfach anders – er erzählt mir von Büchern, Bildern und Orten, von denen ich noch nie gehört habe.«
    »Das mag schon sein.« Piet runzelte die Stirn. »Aber er ist ein notorischer Schürzenjäger. Fall nicht auf sein Gerede herein, Han. Er ist sehr schnell bei der Planung von Gebäuden, aber noch schneller bei seinen Plänen, wenn es um Frauen geht.«
    »Piet.« Sie blickte ihn warnend an.
    »Ich weiß, du kannst selbst auf dich aufpassen. Aber nimm dich vor diesem Menschen in Acht.«
    Piet gründete eine Firma mit Anthony als Teilhaber. Lars erledigte den Großteil der täglichen Arbeit auf der Farm, pflügte und pflanzte den Weizen an, kümmerte sich um das Vieh und die Molkerei und sah nach dem Maschinenpark. Doch Piet war bei allen Rundgängen und Inspektionen an seiner Seite, und gemeinsam entwarfen sie Lösungen für das Nachschubwesen und die Unstimmigkeiten mit den Arbeitern. Ihre Freundschaft wuchs, und hin und wieder nahmen sie sich die Zeit, mit Hannah Partys in Nairobi zu besuchen. Manchmal aßen sie sogar im Outspan Hotel in Nyeri zu Abend und übernachteten dann dort.
    »Wir müssen uns Hotelzimmer, Speisekarten und Tischwäsche anschauen«, meinte Piet. »Und wir haben es verdient, dabei auch ein wenig Spaß zu haben.«

    An einem Abend im Juni schob Hannah zu später Stunde ihren Stuhl vom dem Schreibtisch im früheren Büro ihres Vaters zurück. Sie sammelte den Stapel Rechnungen auf, den sie zur Seite gelegt hatte, und rieb sich die Augen. Die Petroleumlampe zischte leise und verströmte einen leichten, öligen Geruch, der auf seltsame Weise tröstlich war – wahrscheinlich eine Erinnerung an ihre Kindheit. Die Schatten hielten sich aus dem Lichtschein heraus, wie eine Zweitbesetzung, die hinter der Bühne in den Startlöchern saß. Schatten aus einer Zeit, als die Farm noch ein sicherer Hafen für sie gewesen war, als ihr Vater noch hier in diesem Lichtkegel saß und die Dunkelheit von ihr fern gehalten hatte. Entschlossen verscheuchte sie die Erinnerung daran. Pa würde ihr jetzt nicht helfen, und Piet war Tag für Tag auf dem kopje und beaufsichtigte den Bau. Schon bald würden sie ihren Kredit bei der Bank neu planen müssen, und auf der Farm konnte nicht mehr alles ausgebessert und repariert werden. Die Löhne, Saatgut und Tierfutter verursachten ständig Kosten, und trotz Anthony Chapmans Beitrag verschlang der Bau ihre mageren Ersparnisse.
    Lars verstand sich sehr gut auf Viehhaltung. Seine Familie in Norwegen besaß eine Rinderzucht. Seit seiner Kindheit hatte er seine Ferien bei einem Onkel verbracht, der eine Kaffeeplantage nördlich von Nairobi betrieb. Aber mit Weizen hatte er keine Erfahrung, und er war immer noch nicht mit allen Problemen vertraut, die örtliche Schädlinge und Parasiten verursachen konnten. Obwohl Hannah nun ein vollwertiges Mitglied der Crew war, nahm er nur ungern einen Rat von ihr an. Piet war der Boss, denn er hatte ein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen. Und, noch entscheidender, er war ein Mann. Hannah vermutete, dass sie in Lars’ Augen immer noch ein Kind war, das seinen Eltern in Rhodesien davongelaufen war, und Piet hatte nun die lästige Aufgabe, sich um sie zu kümmern. Sie hatte versucht, ihn zu beeindrucken, indem sie ihm darauf hinwies, dass sie auf der Farm aufgewachsen war und den Betrieb durch und durch kannte. Daher könne sie draußen ebenso gut helfen wie im Büro. Aber sie besaß kein Diplom, um das zu belegen, und sie war nur ein Mädchen.
    Während der letzten Wochen hatte sie fast ausschließlich im Büro gearbeitet, und allmählich sah das Haus ein wenig verwahrlost aus. Also ließ sie das Personal putzen und streichen und sorgte dafür, dass wieder mehr Wert auf Ordnung gelegt wurde. Lotties Garten war noch da, aber niemand hatte neue Blumen gepflanzt, und die früher sorgfältig geschorenen Hecken waren ausgewachsen. Hannah machte sich mit dem Gärtner an die Arbeit, jätete Unkraut, pflanzte neue Gewächse an und schnitt die alten zurecht, bis sie feststellte, dass der Garten wieder seine frühere Gestalt hatte.
    Piet hatte einige der erfahrenen Arbeiter auf der Farm abgestellt, beim Bau der Lodge zu helfen, doch es waren noch keine Maßnahmen ergriffen worden, um Personal zum Kochen, Servieren und Putzen zu schulen. Hannah hatte ihn darauf hingewiesen, dass sie neue Arbeiter nicht von heute auf morgen anlernen konnte, aber er wollte die zusätzlichen Kosten bis zur letzten Minute hinauszögern. Es