Himmel uber Langani
Ordner, in denen die Kontenführung der Farm verzeichnet war. Jan hatte Schulden hinterlassen, und sie sah, dass Lars alles getan hatte, um einen Bankrott zu vermeiden. Nichtsdestotrotz bewegten sie sich immer noch auf einem schmalen Grat zwischen Untergang und Überleben.
»Ich glaube, dass wir es schaffen können«, erklärte Piet. »Sobald die Lodge fertig ist, werden wir mit den Einkünften die Jahre überstehen können, in denen wir eventuell mit Dürre oder Problemen mit der Ernte oder mit dem Vieh kämpfen müssen. Und wenn der Bau steht, wirst du eine Aufgabe haben. Du könntest dich um alles kümmern. Menschen aus der ganzen Welt werden hierher kommen. Etliche Jäger und private Safarigesellschaften suchen nach Orten, die noch nicht von den üblichen Touristenscharen überlaufen sind. Wir werden nur jeweils zehn Leute aufnehmen. Für sie wird es eine ganz neue Erfahrung sein, sich auf einer richtigen Farm und einem privaten Wildreservat aufzuhalten, das in dritter Generation einer Familie in Kenia gehört.«
»Unsere Mittel sind knapp, und wir haben Schulden bei der Bank. Wie wollen wir das verwirklichen?«, fragte Hannah.
»Wenn wir uns an Viktors Entwurf halten, können wir billig bauen, indem wir Materialien von Langani benutzen. Und Anthony hat ein wenig Geld zugeschossen.« Er bemerkte, dass ihre Augen zum ersten Mal seit ihrer Ankunft interessiert aufleuchteten. »Aber du wirst das Büro leiten, während der Bau im Gang ist, Han. Danach muss man sich um die Einrichtung kümmern, das Personal muss angelernt werden, und wir müssen Pläne entwerfen, wie alles organisiert werden soll. Mir scheint, da wärst du in deinem Element.«
»Genau«, erwiderte sie und umarmte ihn. »Es tut mir Leid, Piet. Seit meiner Rückkehr war ich wohl eine ziemliche Nervensäge. Aber das ist etwas, was wir zusammen anpacken können. Die ganze Sache gefällt mir sehr gut. Jetzt zeig mir noch einmal die Bücher.«
Von diesem Morgen an lief alles anders auf der Farm. Hannah arbeitete unermüdlich viele Stunden am Tag. Sie entwarf ein neues System für die Buchhaltung, kümmerte sich um die Ablage, tippte Bestellungen und kontrollierte die Lieferungen. Die Büroarbeit machte ihr keinen Spaß, aber jetzt konnte sie sich auf die Zeit freuen, wenn sie die Lodge führen und Besucher aus Europa und Amerika empfangen würde. In der Zwischenzeit ging es darum zu überleben.
Viktor Szustak kam regelmäßig ins Haus und blieb manchmal über Nacht auf der Farm. Hannah war fasziniert von seinen ausladenden Gesten und dem starken polnischen Akzent, der in ihren Ohren sehr exotisch klang. Er zitierte Schriftsteller und Dichter, von denen sie noch nie gehört hatte, schilderte ihr in leuchtenden Farben, wie er sich die Inneneinrichtung der Lodge vorstellte und zeichnete sogar Entwürfe für die Möbel. Viktor flirtete unverhohlen mit ihr und brachte sie mit seinen eindeutigen Annäherungsversuchen zum Lachen. Aber seine Aufmerksamkeit schmeichelte ihr, und sie freute sich immer auf seine Besuche.
Eines Morgens wurde die Erde auf dem kopje [33] umgegraben, wo die Aussichtsplattform und das große Foyer entstehen sollten, und sie feierten das mit einem Picknick. Dann entfernten sich die Arbeiter, um die Position und die Größe der Wasserleitungen festzulegen. Hannah blieb allein zurück, als sich die Wolken teilten und den Blick auf den Berggipfel freigaben. Plötzlich spürte sie zwei starke Arme, die sich um ihre Taille legten. Sie drehte sich um und blickte in Viktors entschlossenes Gesicht. Mit einem Stöhnen senkte er den Kopf, um sie zu küssen, und Hannah fühlte Erregung in sich aufsteigen. Doch dann ließ sie das Geräusch von Schritten auseinander fahren.
»Da bist du ja, Viktor. Piet wartet auf dich, um sicherzustellen, dass wir alles vermessen haben. Sobald du hier mit deinen Bemühungen fertig bist.« Lars sah ihn grimmig an. »Es wird bald dunkel, und ich möchte noch heute wissen, welche Leitungen wir brauchen, damit ich die Rohre bestellen kann.« Er bedachte Hannah mit einem langen, nachdenklichen Blick. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den sie nicht zu deuten wusste. Trotzig hob sie das Kinn und entfernte sich.
Viktor zuckte die Schultern. In seinem Gesicht lagen Belustigung und Spott, als er Lars folgte.
»Ich hoffe, Viktor wird dem zweifelhaften Ruf nicht gerecht, der ihm vorauseilt«, sagte Piet an diesem Abend zu seiner Schwester.
»Ich mag seine Gesellschaft«, erwiderte Hannah. »Er ist interessant,
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