Himmel uber Langani
wieder einen Löwen erlegen, um ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen«, mischte sich Piet ein. »Aber nur wenige haben eine Ahnung von dem Konflikt, der um die Bodennutzung entstanden ist. Die Rivalitäten zwischen den Stämmen stellen ein großes Problem dar. Nicht nur wir Weißen müssen die Dinge anders betrachten – das gilt ebenso für die Afrikaner. Und das wird noch viel Zeit brauchen.«
»Sie haben die Unabhängigkeit gewollt, und sie haben sie bekommen«, meinte Hannah verächtlich. »Jetzt müssen sie lernen zu begreifen, dass sich dadurch für sie nicht viel verändert hat.«
»Wir müssen Leute mit der Bewirtschaftung des Landes vertraut machen«, erklärte Piet. »Vor der uhuru versprachen die Politiker, dass jeder gleich nach der Unabhängigkeit Ländereien, Farmen, Häuser und Autos besitzen würde. Und das einfache wananchi [39] glaubte ihnen. Aber natürlich ist ihr Leben jetzt nicht besser als zur Zeit der Briten, und als Folge davon herrscht in vielen Gegenden Verbitterung. Daher hat die neue Regierung Bedenken klarzustellen, dass man das Eigentum anderer respektieren muss.«
»Aber es ist jetzt ihr Land – ob uns das gefällt oder nicht.«
»Es ist ebenso gut mein Land«, warf Hannah ein. »Ich wurde hier geboren, genau wie mein Vater. Wir haben auch ein Recht darauf zu bestimmen, wie unser Boden verwaltet wird.«
»Lass dich nicht dazu verleiten, die Dinge zu sehr zu vereinfachen, Sarah«, meinte Lars. »Hannah leistet Großartiges hier, so zum Beispiel, wenn sie junge Leute wie David anlernt. Die riesigen Viehherden der Massai, die Zäune niederreißen und Weideland in Staubwüsten verwandeln, helfen niemandem.«
»Das ist verdammt richtig«, stimmte Piet zu und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Auf diese Weise wird das Land nicht überleben.«
»Es gibt kein Patentrezept für den Umgang mit diesen Veränderungen«, meinte Lars. »Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, und wir werden dieses Problem nicht beim Frühstück lösen. Also sollten wir jetzt aufhören, über Politik zu sprechen, und in Ruhe unseren Kaffee trinken.«
Hannah war dankbar für seine Unterstützung und erfreut darüber, wie er ihre Bemühungen gelobt hatte. Und sie ärgerte sich über Sarahs Bemerkungen. Keine ihrer Freundinnen hatte eine Ahnung davon, wie hart sie in den letzten drei Monaten gearbeitet hatte. Und sie hatte ihnen auch nichts von den finanziellen Problemen erzählt, die immer noch Langanis Zukunft bedrohten. Sie warf Lars über den Tisch einen Blick zu und schmunzelte. Dieser Mann ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sarah bedauerte bereits ihre ketzerischen Bemerkungen. Sie fand, dass Hannah ziemlich schroff reagiert hatte, aber vielleicht war daran ja die Zerrüttung ihrer Familie schuld. Sie hob den Kopf und sah, dass Camilla sie amüsiert, aber auch mitfühlend betrachtete.
»Ich hatte schon immer ein großes Mundwerk und zwei linke Hände, Han.« Sarah stand auf, ging um den Tisch herum und umarmte ihre Freundin. »Ich habe keine Ahnung, was da in mich gefahren ist. Es tut mir Leid.«
»Und ich bin eine rechthaberische Zicke geworden. Aber ich muss wirklich kämpfen, um hier überleben zu können.«
»So rechthaberisch ist sie gar nicht«, meinte Piet zu Sarah. »Hannah ist die Beste. Manchmal ist es hier recht einsam, und sie arbeitet sehr viel. Also nimm es dir nicht zu Herzen, wenn sie mal Dampf ablässt.«
»Auf die Herstellung der Milchprodukte versteht sie sich jedenfalls hervorragend.« Camilla strich sich großzügig Butter auf ihren Toast.
»Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so dünn ist und so viel zum Frühstück isst. Beeil dich, Camilla.« Hannah war verlegen und wollte diesen Vorfall so schnell wie möglich hinter sich bringen. »Ich habe hier noch einiges zu tun und hoffe, dass du mir dabei hilfst. Piet, die Pferde sind gesattelt, und Kipchoge wartet bereits.«
Abgesehen von den beiden Afrikanern, die in einiger Entfernung hinter ihnen hertrotteten, hatte Sarah Piet ganz für sich allein. Ein Glücksgefühl durchströmte sie, als er davon zu erzählen begann, was er erreichen wollte. Dabei sprach er nicht nur über die Lodge, sondern auch über seine Pläne, einen Teil der Farm in einen Nationalpark umzuwandeln.
»Tut mir Leid, dass ich beim Frühstück einige unpassende Bemerkungen gemacht habe«, sagte Sarah. »Ich bin überzeugt davon, dass du Großartiges für dieses Land leistest. Du bist ein außergewöhnlicher Mensch, Piet, und deine
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