Himmel uber Langani
afrikanische Farmer«, wandte Sarah ein.
»Warst du in letzter Zeit mal im Kinangop?«, gab Hannah ärgerlich zurück. »Hast du gesehen, wie es um diese reiche und fruchtbare Gegend heute bestellt ist? Es ist eine Wüste! Grau, staubig, mit Straßen, die kaum befahrbar sind, und umgekippten Zäunen. Die Farmhäuser wurden geplündert, Parkettböden, Wandvertäfelungen und Türen zu Brennholz zerhackt, ebenso wie die Bäume, die gepflanzt wurden, um die Ernte vor dem Wind zu schützen. Inzwischen wachsen dort nur noch ein paar dürre Maisstängel. Und hin und wieder liegen ein paar Säcke mit Zwiebeln, Karotten und Kohl am Straßenrand, weil jemandem die Schubkarre zusammengebrochen ist und er die Sachen jetzt nicht mehr zum Markt transportieren kann.«
»Jetzt übertreib mal nicht, Han. So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Die Kikuyu sind klug und ehrgeizig. Sie werden es schaffen.« Als Piet seine Schwester mit einer Handbewegung beruhigen wollte, stieß sie ihn ärgerlich weg.
»Sie behaupten, wir hätten ihnen das Land weggenommen«, sagte sie. »Dabei sind die Kikuyu selbst erst seit ein paar hundert Jahren hier. Auch sie stammen ursprünglich nicht aus dieser Gegend, sondern wurden von Galla-Nomaden aus einem Gebiet nördlich des Tana-Flusses vertrieben. Natürlich erwähnt das niemand, ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie das Volk der Gumba abgeschlachtet haben, das zuvor dort lebte. Die Kikuyu haben den Mau-Mau-Aufstand angezettelt, um die weißen Farmer loszuwerden. Sie haben ein paar von uns getötet und eine große Anzahl ihrer eigenen Stammesmitglieder ermordet, die sich nicht auf ihre Sache einschwören lassen wollten. Aber historisch haben sie nicht mehr Recht auf dieses Land als wir.«
»Es stimmt, dass die Stammeskriege nicht weniger grausam waren als das Gebaren der Kolonialherren«, meinte Anthony. »Außerdem haben wir für einen Waffenstillstand zwischen den meisten Stämmen gesorgt und weiterhin ein Rechtssystem eingeführt, damit sie ihre Streitigkeiten beilegen können. Allerdings sind wir einfach aus dem Nichts hier erschienen und haben das beste Land an uns gerissen, während die einheimische Bevölkerung in Reservaten leben musste.«
»Genau!«, rief Sarah aus. »Und dabei sollten wir es doch besser wissen und uns fair und demokratisch verhalten.«
»Wir wissen es besser!« Beim Aufstehen stieß Hannah ihren Klappstuhl um. »Denk nur an Menschen wie deinen Vater und daran, was sie gegeben haben. Wir haben Schulen, stabilere Häuser und eine ärztliche Versorgung in dieses Land gebracht. Und geregelte Arbeitsverhältnisse, damit die Menschen jeden Tag zu essen haben und ihre totos nicht mehr an Malaria sterben oder verhungern. Aber inzwischen werden nur noch unsere Schandtaten erwähnt. Aus England schickt man Beamte, die uns Vorschriften machen, unser Land verschenken und darauf bestehen, dass es von Leuten regiert wird, denen es nur auf ihren persönlichen Vorteil ankommt.«
»Wir haben schwierige Zeiten, Hannah«, erwiderte Anthony, nahm ihre Hand und zog sie zurück zum Feuer. »Vor uns liegt eine gewaltige Aufgabe, denn das Land verändert sich, und die politischen Verhältnisse …«
»Himmel, wir reden hier von meinen Kühen, nicht von irgendwelchen bescheuerten politischen Verhältnissen«, fiel Hannah ihm ins Wort. »Was nützt es denn, sich Gedanken über die Zukunft dieses Landes zu machen, solange wir zulassen, dass Leute unser Vieh töten und die Besitzverhältnisse ignorieren? Wer hat denn etwas davon? Du redest schon wie einer dieser linken Briten oder wie Sarah, die glaubt, man muss den Kikuyu, den Kamba, den Massai oder sonst irgendwelchen Schwarzen alles auf dem Silbertablett servieren, damit sie das Land wieder zurück in die Steinzeit führen können!«
»Und du redest genauso bigott daher wie dein Vater beim letzten Abendessen auf Langani!« Die Worte waren heraus, bevor Sarah sich bremsen konnte. Es folgte ein dröhnendes Schweigen. Dann begann Hannah leise zu schluchzen.
Sarah erhob sich und stellte ihr Glas behutsam auf der Armlehne ab. »Es tut mir sehr Leid, Han. Um deine wunderschönen Kühe und weil ich solchen Unsinn gesagt habe. Und zwar nicht nur einmal. Ich muss lernen, besser zuzuhören und beide Seiten eines Problems zu betrachten, bevor ich den Mund aufmache. Ich schwöre, dass ich mich nie wieder so dumm verhalten werde.« Sie nahm Hannahs Hände. »Ich halte zu dir, ganz gleich, was passiert. Und zu Piet. Verzeihst du mir?«
»Ach, du
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