Himmel uber Langani
sein weiches Fell auf ihrer Haut, bis sie bemerkte, dass ihm Tränen aus den Augen strömten. Diese verwandelten sich in einen reißenden Wasserfall, in dem er schließlich spurlos verschwand.
Obwohl sie in den folgenden Tagen nach dem Leoparden Ausschau hielten, begegneten sie ihm nicht wieder. Am letzten Morgen erstrahlte der Fluss im Licht der Sonne, die heiß und gelb am Horizont aufging. Camilla betrachtete die grasenden Wildtiere auf der Ebene und beneidete sie um ihr ruhiges, geordnetes Leben. Morgen würde Anthony sie nach Langani fahren und anschließend nach Nairobi zurückkehren, um alles für die nächsten Safarigäste vorzubereiten. Ein amerikanisches Ehepaar und seine kürzlich geschiedene Tochter, der sie etwas Gutes tun wollten, damit es ihr leichter fiel, ein neues Leben als allein stehende Frau zu beginnen. Camilla verabscheute diese Familie schon jetzt. Sie beneidete und fürchtete die Menschen, die ihr Anthony wegnehmen würden. Bestimmt war die Tochter auf eine Affäre aus, um ihrem angeknacksten Selbstbewusstsein auf die Beine zu helfen. Anthony hatte kaum über die Zukunft gesprochen und nur beiläufig eine Werbereise erwähnt, die ihn im November in die Vereinigten Staaten führen würde. Letzte Nacht hatte sie gehofft, dass er sie bitten würde mitzukommen. Mit ihrem Charme würde es ihr sicher gelingen, potenzielle Kunden in New York, San Francisco und Beverly Hills um den Finger zu wickeln. Doch er hatte ihr mit keinem Wort Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft gemacht.
Während des Tages versuchte sie, zuversichtlich zu bleiben und dafür zu sorgen, dass er sich an diese letzten Momente erinnerte, wenn er allein in seinem Zelt lag. Sie liebten sich mit einer wilden Leidenschaft, die ihn verwunderte und in eine nie gekannte Erregung versetzte. Danach lag sie neben ihm in der glühenden Nachmittagshitze, streichelte seinen schlanken Körper und massierte seinen Kopf und seine Schultern mit beharrlich tastenden Fingern. Sie küsste und leckte die Schweißbäche weg, die ihm über die Schläfen rannen, und er betrachtete sie benommen, erschöpft, aber erfüllt von Begierde nach ihr. Camilla erwartete, dass er sie an sich ziehen und ihr sagen würde, dass er sie liebte. Doch er starrte sie nur eine Weile wortlos an, wandte sie dann ab und schlief ein.
Als das Land sich am Abend abkühlte und der Himmel Pastellfarben annahm, versammelten sie sich im manyatta der Samburu, um sich die Tänze anzusehen. Mit scheinbar schwerelosen Bewegungen sprangen die singenden Krieger hoch in die Luft. Ihre Körper zierten Ketten und Armbänder, die rasselten und klapperten, während Geräusche und Bewegungen hypnotischer und die Stimmen tiefer wurden und die Tanzenden in Trance fielen. Füße und Speere wirbelten den Staub auf, Köpfe und Hälse zuckten schlangenartig im Takt, das mit ockerfarbenem Lehm in Form gebrachte Haar streifte muskulöse Schultern. Neben ihnen klatschten die Frauen in die Hände, wiegten sich hin und her und sangen mit hohen nasalen Stimmen mit. Immer wieder hob Sarah ihr Objektiv, wich zurück, holte Gesichter näher heran und fotografierte Augen, die ins Leere blickten, während ihre Besitzer, versunken in die Rituale ihrer Vorfahren, ihr Publikum überhaupt nicht mehr wahrnahmen. Anschließend winkten die Frauen sie in einen Bereich des manyatta , wo sie Perlenschmuck und Kunstgegenstände zum Verkauf feilboten.
»Einige Arbeiten sind wirklich wunderschön«, sagte Camilla, während sie einer Frau einen weiteren Geldschein reichte.
»Was um Himmels willen wirst du mit diesem ganzen Kram anfangen?«, fragte Anthony. »Wir werden einen zweiten Anhänger brauchen, um alles abzutransportieren. Du willst diesen Schmuck doch nicht etwa tragen?«
»Diese Ketten und Armbänder lassen sich in London sicher genauso gut verkaufen wie der indische Schmuck, nach dem alle zurzeit verrückt sind. Allerdings stinken die Sachen nach Feuerholz, Kuhdung und anderen unaussprechlichen Dingen. Jemand sollte ihnen zeigen, wie man Leder ordentlich gerbt und richtige Verschlüsse an den Schmuckstücken anbringt. Wenn die Sachen besser verarbeitet wären, könnten sie mit dem Erlös das ganze manyatta ernähren.«
»Tja, das wäre doch eine Aufgabe für dich.« Hannah hakte sich bei Camilla unter. »Diese Arbeit könntest du auch von Nairobi aus erledigen, falls du wirklich keine Lust mehr auf Scheinwerferlicht und Laufstege hast. Kannst du dir vorstellen, Anthony, dass sie die manyattas besucht und den
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