Himmel uber Langani
Duschen am Lagerfeuer einfanden, wurden sie anders als sonst nicht von Samson empfangen, der lächelnd das Getränkeangebot herunterbetete. Stattdessen erwartete sie Anthony.
»Heute essen wir auswärts«, verkündete er und grinste beim Anblick ihrer verdutzten Mienen. »Los, ins Auto.«
Auf ihrer Fahrt in die Dunkelheit störten sie zwei Schakale und mussten einem von den Scheinwerfern aufgeschreckten Ziegenmelker ausweichen. Wenige Minuten später erreichten sie den Fuß eines kleinen Hügels oberhalb des Flusses. Nachdem sie aus dem Landrover gestiegen waren, gingen sie bergauf. Anthony, der voranging, ließ immer wieder seine starke Taschenlampe aufblitzen und machte laut klappernde Geräusche, während sie sich immer mehr dem Sternenhimmel näherten. Oben auf dem kopje wurden sie von Samson und den anderen Mitarbeitern empfangen. Auf dem Felsplateau war ein Tisch aufgestellt worden, und in den Bäumen hingen Laternen. Ehrfürchtig und dankbar standen die Freunde da und genossen die Aussicht auf die Welt, wie sie sich wohl dem ersten Menschen geboten hatte. Nach dem Essen legten sie sich auf die noch warmen Felsen oder auf die Decken und Kissen, die das Personal für sie ausgebreitet hatte. An Anthony gelehnt, beobachtete Camilla, wie der Mond über den in der Nachtluft schwankenden dunklen Baumwipfeln aufging. Er legte die Arme um sie und stützte das Kinn auf ihren Scheitel, während sie sich in der Schönheit des Augenblicks dahintreiben ließ.
»Was willst du von mir?«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wie kannst du dich für einen einfachen Buschmann interessieren?« Doch Camilla schwieg, weil sie den friedvollen Moment nicht stören wollte.
Sarah hatte sich dicht neben Piet gesetzt und hoffte, dass seine Trauer um seinen verlorenen Traum keinen Schatten auf diesen Abend werfen würde. Als sie ihn verstohlen musterte, stellte sie fest, dass er in die Dunkelheit lächelte. Vielleicht lag das an seiner lebensfrohen und von jugendlicher Kraft erfüllten Schwester, deren Silhouette sich vom Mondlicht abhob. Schließlich richtete Sarah sich auf. Wirklich erstaunlich, wie rasch die sengende Hitze des Tages nachließ, sobald es dunkel wurde! Sie hörte das Knacken von Zweigen, als eine Elefantenherde unter ihnen durch den Busch stapfte. Der braune Fluss schimmerte silbrig im Mondschein.
»Es wird ein bisschen kühl«, meinte Anthony und zog seine Hand zwischen Camillas Fingern hervor. »Wir sollten jetzt besser aufbrechen.« Gerade streckte er die Hand aus, um ihr beim Aufstehen zu helfen, als sie alle ein knarzendes Geräusch hörten.
»Ein Leopard«, flüsterte Piet. »Ganz in der Nähe.«
Atemlos schweigend verharrten sie, bis der Leopard lautlos durch die Bäume herangeschlichen kam. Sein getupftes Fell schimmerte im Mondlicht, seine Bewegungen waren anmutig und geschmeidig. Kurz blieb die Raubkatze stehen und betrachtete sie forschend aus grünen Augen. Ihre Schnurrhaare bebten im gespenstisch weißen Licht. Der Leopard war das Sinnbild der Vollkommenheit und sich seiner Stärke und Schönheit bewusst. Nur wenige Meter von ihnen entfernt verharrte das Tier, sodass sie seinen Atem hören und den Raubtiergeruch wahrnehmen konnten. In völliger Stille verstrichen die Minuten, und Sarah zuckte erschrocken zusammen, als Anthony die Hand nach dem Gewehr ausstreckte. Auch der Leopard hatte die Bewegung bemerkt und wendete den Kopf. Niemand rührte sich. Dann schlug die Raubkatze mit dem langen Schwanz, musterte ihr Publikum ein letztes Mal, setzte sich in Bewegung und verschwand zwischen den Bäumen am Rande des kopje .
»Mein Gott, was für ein Anblick! Ein prachtvolles Tier, ein junges Männchen ohne jeden Makel. Solch einen schönen Leoparden habe ich nur selten gesehen, und er hatte es auch nicht eilig, sich zu verstecken. So viel Glück hat man selten!« Anthony war außer sich vor Begeisterung. »Aber jetzt sollten wir uns besser aus dem Staub machen. Bestimmt wird er nicht sehr erfreut sein, wenn wir uns zu lange hier herumtreiben. Piet, du gehst voran, die Mädchen in der Mitte, und ich bilde die Nachhut.« Er nahm sein Gewehr.
»Du würdest ihn doch nicht etwa erschießen?«, platzte Sarah heraus.
»Und wenn er dich angreift? Für wen sollte ich mich deiner Ansicht nach in diesem Fall entscheiden?«, erwiderte Anthony lachend.
Im Zelt zog Sarah sich aus und ging zu Bett. Als sie einschlief, stand ihr der Leopard noch deutlich vor Augen. In ihren Träumen spürte sie seinen Atem auf dem Gesicht und
Weitere Kostenlose Bücher