Himmel uber Langani
ein paar Mal auf der Straße getroffen, natürlich sternhagelvoll, und er hat uns jedes Mal angegrinst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich an uns rächen will! Außerdem wäre er gar nicht in der Lage, Rinder und Hunde zu töten oder einen Überfall auf unser Haus zu planen. Das ergibt einfach keinen Sinn.« Müde presste sie die Finger auf die Augen.
»Sie könnten Recht haben«, meinte Jeremy. »Doch Sie wissen ja, wie diese Burschen sind. Eigentlich sind sie treu wie Gold, aber wenn sie sich auf irgendeine Weise betrogen oder benachteiligt fühlen, werden sie unberechenbar.«
»Diese Schweine waren Fremde«, sagte Piet. »Und nun haben sie zusätzlich zu ihren pangas auch noch zwei unserer Gewehre. Also muss man sie dingfest machen, bevor sie noch jemanden umbringen. Wir hatten Glück, dass Lars an diesem Abend unterwegs war und sie bei seiner Rückkehr überrascht hat. Er hätte ums Leben kommen können, denn die Kerle haben sogleich das Feuer auf ihn eröffnet. Setzen Sie ein paar zusätzliche Leute auf sie an, damit sie aus dem Verkehr gezogen werden.«
»Was haben Sie wegen der gestohlenen Waffen unternommen?«, fragte Jeremy.
»Ich habe neue gekauft, als ich Hannah in Nairobi abgeholt habe. Außerdem Munition. Ein teures Vergnügen, auf das ich gerne verzichtet hätte.«
»Vielleicht handelt es sich ja um Leute, die Sie beim Diebstahl von Drahtzäunen ertappt oder dabei erwischt haben, wie sie ihre Rinder ohne Erlaubnis auf Ihrem Land weiden ließen«, meinte Jeremy. »Doch ganz gleich, was dahinter steckt, wir tun unser Bestes, das verspreche ich Ihnen. Wie geht es übrigens Lars? Wir haben ihm eine Flasche Scotch geschickt, denn wir dachten, davon hat er mehr als von einem Blumenstrauß – falls die Krankenschwestern sie nicht stibitzen.«
»Er ist auf dem Weg der Besserung«, erwiderte Hannah. »In ein paar Wochen kommt er zurück, aber er wird sich noch eine Weile schonen müssen.«
»Sehr gut. Übrigens hat Maureen mir aufgetragen, Sie und Piet am Sonntag zum Mittagessen und zum Tennis einzuladen. Da Lars und seine mörderische Rückhand momentan außer Gefecht gesetzt sind, könnte ich ja zur Abwechslung mal einen Satz gewinnen.«
Hannah war ihm dankbar für den Versuch, das Gespräch auf ein alltägliches Thema zu lenken. »Ich weiß nicht, ob es dieses Wochenende klappt«, erwiderte sie. »Aber bald. Es würde mich freuen.«
Anthony rief an, denn er hatte die Nachricht in einer Lodge gehört, wo er mit einigen Gästen zum Mittagessen und für ein paar Runden im Pool Halt gemacht hatte.
»Soll ich für eine Nacht zu euch kommen?«, fragte er. »Meine Gäste könnte ich hier in Mara lassen.«
»Vielen Dank, aber es ist zu weit«, antwortete Hannah. »Du wärst den ganzen morgigen Tag auf dieser schrecklichen Straße unterwegs und müsstest vor Morgengrauen aufstehen, um zurückzufahren. Das wären neun oder zehn Stunden Fahrt. Danke für dein Angebot, aber wir schaffen das schon.«
»Hättest du etwas gegen einen Gast einzuwenden?«, erkundigte sich Piet eine Woche später. »Viktor würde gern vorbeikommen und sich alle Möbel ansehen, bevor wir sie von der Schreinerei ins Hotel bringen. Falls noch etwas ausgebessert werden muss, wird er sich darum kümmern.«
Hannahs Stimmung hellte sich schlagartig auf. Viktor würde ihr helfen, ihre Ängste zu vergessen, und sie mit seinen Kapriolen, neuen Ideen und seltsamen Gedichten ablenken. Ihm zu Ehren vertauschte sie ihre Jeans mit einer italienischen Wollhose und einer Seidenbluse, die sie von Camilla hatte. Piet musterte sie verblüfft, als sie vor dem Abendessen ins Wohnzimmer kam. Sie hatte ihr Haar zu einem französischen Knoten aufgesteckt und Lippenstift und Lidschatten benutzt, der ihre Augen hell erstrahlen ließ. Viktor sprang auf und küsste ihr die Hand, worauf sie ihn ein wenig befangen ansah. Sein rabenschwarzes Haar lockte sich über den Hemdkragen, und eine Zigarre baumelte zwischen seinen Lippen. Eine große Nase und dichte schwarze Augenbrauen beherrschten sein Gesicht, was ihn ein wenig wie ein Raubvogel wirken ließ. Zu beiden Seiten seines üppigen und sinnlichen Mundes verliefen tiefe Falten.
»Du bist wunderschön«, verkündete er, während er weiter ihre Hand festhielt. »Wie eine Kriegerkönigin. Sonnengebräunt, kraftvoll und majestätisch. Später werde ich ein Gedicht rezitieren, das genau beschreibt, wie du heute aussiehst. Aber vorher musst du mir beim Essen erzählen, was du in letzter Zeit getrieben
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