Himmel uber Langani
Passanten für Camilla eine Ersatzfamilie darstellten, doch sie verwarf ihn rasch als dumm und weit hergeholt.
»Aber du erzählst ihnen nie etwas über dich«, meinte sie, während Camilla sich eine weitere Zigarette anzündete.
»Sie alle kennen meine glamourösen Eltern und glauben, ich wäre verpflichtet, sie zu mögen.« Camilla beobachtete, wie die Safari-Wagen mit Wasserbehältern, teuren Lederkoffern und Holzkisten mit Gewehren und Munition beladen wurden. »Sieh dir diese Berge von Gepäck an – was wollen sie damit hier am Ende der Welt anfangen?«, überlegte sie laut.
»Mein Gott, ich wäre so gerne reich und würde in ein eigenes Zeltlager aufbrechen. Weiße Jäger, schroffe Landschaft, große Flinten und brüllende Löwen bei Nacht.«
»Primitiv und schweißtreibend. Aber ich kann mir gut vorstellen, wie du da mittendrin steckst. Wenn Piet sein eigenes Wildreservat gründet, kannst du ihn ja begleiten.« Camilla sah, wie der Schmerz in Sarahs Augen aufflackerte. »Meine Güte, Sarah! Ich habe mich schon ein Dutzend Mal dafür entschuldigt.«
Sarah zögerte. Eigentlich wollte sie etwas erwidern, aber es widerstrebte ihr, ihre Qualen während ihres Aufenthalts in Nairobi wieder aufleben zu lassen. Also blieb sie stumm und beobachtete, wie Camilla jemandem ein strahlendes Lächeln schenkte.
»Anthony! Gehst du auf Safari?«
»Ich helfe einem der Jäger von Ker and Downey. Vier Kunden, drei davon möchten auf die Jagd gehen. Einer sieht heute allerdings etwas mitgenommen aus. Ich glaube, er hat sich gestern in der Long Bar eine ganze Flasche Scotch gegönnt. Wir werden etwa einen Monat unterwegs sein. Willst du mitkommen?«
»Meine Güte, nein. Ich habe keine Lust, meine Zeit in einem sumpfigen Camp mit wildfremden Leuten zu verbringen.«
»Ich bin kein Fremder. Und ich habe Platz in meinem Zelt.«
»Machst du Witze, Anthony?« Camilla lachte. »Das ist meine Freundin Sarah Mackay. Anthony Chapman.«
Er setzte sich zu ihnen und bestellte Tusker Bier für alle. Sarah war sofort begeistert von seiner Geradlinigkeit und seiner Art, wie er sie direkt ansah.
Er hatte braune Augen mit schweren Lidern, und seine Adlernase ließ ihn ein wenig unnahbar erscheinen. Aber sein Lächeln betonte seine sinnlichen Lippen.
Sein rötliches Haar war zu lang und fiel ihm im Nacken lockig über den Hemdkragen. Gesicht und Hände waren braun gebrannt und mit Sommersprossen übersät. Wenn er zuhörte, saß er reglos da, wie ein Tier in der Wildnis, das all seine Instinkte nützte, um alle Geräusche seiner Umgebung aufzunehmen und einzuschätzen. Doch wenn er lachte, wirkte er völlig ungehemmt. Sarah bedrängte ihn mit Fragen über sein Leben im Busch und lauschte hingerissen, als er seinen Tagesablauf im Camp schilderte.
»Ich war schon auf Safari«, erklärte sie. »Allerdings nur in unserer Familienkutsche und jeweils bloß für ein paar Tage am Stück. Wir übernachteten in Unterkünften für Selbstversorger in Tsavo und Amboseli. Am liebsten wäre ich für immer dort geblieben. Die Jagd fand ich jedoch immer traurig. Und grausam. Ich bin erstaunt, dass du das tun kannst, wo du dich doch wirklich für die Tierwelt begeisterst.«
»Die Jagd wird streng kontrolliert. Man kann nicht einfach in den Busch gehen und alles abknallen, was sich bewegt. Hier wird nicht wahllos getötet.«
»Aber getötet wird doch.« Sarah wollte ihn nicht gegen sich aufbringen, aber dieses Thema war sehr wichtig für ihre eigenen Zukunftspläne. »Ihr schießt Elefanten, Löwen, Büffel und Leoparden. Eigentlich könnt ihr alles erlegen, was sich als Wandschmuck in eurer Bibliothek eignet, oder?«
»So ist es nicht.« Er drückte seine Zigarette aus, gereizt über ihre Unwissenheit. »Du musst für jede Trophäe eine Lizenz beantragen, gleichgültig, ob es sich um einen Büffel, einen Kudu oder einen Leoparden handelt. Natürlich wollen die meisten Kunden zumindest zwei von den so genannten ›Big Five‹ erlegen, aber sie sind nicht immer erfolgreich.«
»Trotzdem haben die Tiere kaum eine Chance. Sie stehen praktisch hilflos Menschen mit Waffen und schnellen Autos gegenüber, die unbedingt töten wollen«, entgegnete Sarah.
»Wir schießen nicht aus schnellen Autos. Nicht einmal aus langsamen. Es gibt Bestimmungen, die den Abstand vom Fahrzeug, von dem Tier selbst und einiges mehr festlegen.« Anthony war nicht mehr verärgert, sondern genoss diesen Meinungsaustausch. »Du musst dich dort draußen zu Fuß fortbewegen. Jeder
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