Himmel uber Langani
gerade einen Blumenstrauß entgegennahm. »Wir haben schottische Freunde mit dem Namen Mackay in Blairgowrie. Bist du vielleicht mit ihnen verwandt? Wir fahren dorthin zur Jagd. Zumindest taten wir das, bevor George dafür gesorgt hat, dass wir das ganze Jahr über hier angebunden sind.«
»Sarah. Mein Name ist Sarah. Wir sind nicht mit dieser Familie verwandt. Meine Eltern stammen aus Irland, nicht aus Schottland. Obwohl vielleicht vor vielen Jahren …«
»Oh, ich verstehe. Iren. Wie interessant. Die Iren sind ja so charmant und haben eine wundervolle Sprache.« Marinas strahlendes Lächeln spiegelte sich nun auch in ihren Augen wider. Aus einem unerfindlichem Grund wirkte sie erleichtert. »Wir haben Freunde in Irland. Sie besitzen einen Rennstall in der Grafschaft Kildare. Vielleicht kennen deine Eltern das Gestüt der Odwyers? Es ist ein herrliches Anwesen.«
»Meine Mutter kommt aus Sligo, und mein Vater stammt aus der Grafschaft Monaghan.« Sarah sah an Marinas Gesicht, dass ihr Interesse kaum wahrnehmbar verblasste, als deutlich wurde, dass es wohl kaum eine gemeinsame Basis gab. »Ich glaube nicht, dass meine Eltern jemanden kennen, der Pferde züchtet. Aber vielleicht haben sie …«
»Sarahs Vater ist Arzt«, fiel Camilla ihr ins Wort. »Er kümmert sich um Menschen, nicht um Pferde, Mutter. Daran bist du sicher nicht allzu interessiert.«
Marinas Lächeln erlosch, und ihre Augen begannen zu glitzern. Sarah senkte den Blick, peinlich berührt von der bissigen Bemerkung, mit der Camilla ihre Mutter offensichtlich verletzt hatte. Wie ein verwundetes Tier wandte sich Marina ab und zog die Schultern hoch.
»Die Grafschaft Monaghan. Gespenstische kleine Städte an dieser störenden Grenze. Ja, ich bin einmal durch Sligo gefahren. Es kam mir sehr ursprünglich und malerisch vor, wie man es bei Yeats liest – sehr hübsch.« Sie berührte flüchtig Sarahs Arm – offensichtlich konnte sie es kaum erwarten zu gehen. »Nun, ihr Lieben, ich muss mich beeilen. Um sieben muss ich im Club sein. Saidi kann euch später zum Kino fahren, wenn ihr wollt.«
Im Verlauf der Woche beobachtete Sarah fasziniert die Gepflogenheiten der Familie. An den meisten Tagen war von Marina nichts zu sehen, bis sie dann gegen sechs Uhr im Wohnzimmer erschien, schick gekleidet für eine Cocktailparty oder ein Abendessen, mit einem Drink in der Hand. Sie nippte an ihrem Glas und rauchte einige Zigaretten, während sie in einem Magazin oder einem Buch blätterte und auf ihren Mann wartete. Wenn George dann eintraf, küsste er sie flüchtig und erkundigte sich in einer merkwürdig altmodischen und förmlichen Art, die Sarah nur aus historischen Romanen kannte, wie ihr Tag gewesen sei. Doch gegenüber Camilla verhielt er sich ganz anders. Offensichtlich gab es zwischen den beiden eine starke Zuneigung. Am Frühstückstisch umarmte er seine Tochter und zeigte sich interessiert an ihren Fragen und Ansichten und ihren Plänen für den Tag. Er war groß und attraktiv, ein wenig korpulent, doch seine gut sitzenden, maßgeschneiderte Anzüge verbargen jedes überflüssige Pfund. Sein Haar war dicht und gewellt und fast weiß, aber sein gebräuntes Gesicht wies keine Falten auf, so als hätte jemand sie weggebügelt und seine Haut wieder so hergestellt, wie sie in seiner Kindheit gewesen war. Er trug einen großen Siegelring mit einem eingravierten Wappen. Sarah war fasziniert von seinen weichen Händen und seinen gepflegten, polierten Fingernägeln, die oval zugefeilt waren. Offenbar ließ er sie maniküren. Wenn Camilla ihn ansah, wirkte ihr Gesicht sanft und sorglos. Sie hakte sich gern bei ihm unter und hielt seine Hand, wenn sie mit ihm sprach.
Allerdings verbrachten die Broughton-Smiths kaum einen Abend zu Hause. Sobald George sich umgezogen hatte, brach er mit seiner Frau zu dem jeweiligen gesellschaftlichen Ereignis auf, das ihnen ihr Terminkalender vorgab. Beim Frühstück ließ Marina sich nie blicken. Aber nachts, lange nachdem sie zu Bett gegangen war, hörte Sarah ihren leichten Schritt, wenn sie sich zurückzog. Viel später stieg George dann die Treppe mit schwerem, beinahe lustlos anmutenden Tritt hinauf.
»Deine Eltern sind wirklich immer sehr beschäftigt«, bemerkte Sarah am zweiten Abend in Nairobi. »Wann redest du mit ihnen darüber, was du jetzt tun willst? Oder über alles andere?«
»Sie haben mich für einen Kurs in Kunstgeschichte in Florenz angemeldet. Du weißt schon – eine dieser Schulen, die von jungen Damen
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