Himmel uber Langani
außerdem würde es ja nicht mehr lange dauern.
Nach dem Frühstück wurden die Weihnachtsgeschenke ausgetauscht. Als alle Päckchen ausgewickelt waren, zog Piet eine kleine Schatulle aus der Tasche und bat Sarah, die Hand auszustrecken. Durch einen Schleier von Freudentränen sah sie den Diamanten funkeln, als er ihn ihr an den Finger steckte und sie unter dem Jubel der anderen Anwesenden küsste. Später riefen sie Jan und anschließend Sarahs Familie in Irland an. Doch bei Camilla meldete sich wieder niemand, und sie war wegen Piets und Sarahs Glückstaumel bald vergessen. Als Sarah einen Moment für sich hatte, wählte sie noch einmal die Nummer der Vermittlung und ließ sich mit Camillas Wohnung in London verbinden. Aber das Tausende von Kilometern entfernte Telefon läutete in einem leeren Zimmer. Enttäuscht legte Sarah auf und nahm sich vor, noch am selben Tag an Camilla zu schreiben und sie zur Hochzeit nach Langani einzuladen. Sie hatten einander etwas gelobt, und tief in ihrem Herzen wusste Sarah, dass nichts ihre Freundschaft zerstören durfte. Sie würde dafür sorgen, dass das auch so blieb.
Kapitel 24
Kenia, Dezember 1965
D ie Vorbereitungen für den ngoma begannen kurz nach Weihnachten. Da an diesem Tag nun nicht mehr nur die Eröffnung der Lodge, sondern auch Piets und Sarahs Verlobung gefeiert werden sollte, würde es ein unvergessliches Ereignis werden. Das Telefon läutete unablässig, denn alle wollten dem jungen Paar gratulieren und zum Fest kommen. Piet hatte veranlasst, dass für die Farmarbeiter ein Ochse gebraten werden sollte. Ein Stück entfernt von ihren Hütten war eine tiefe Grube ausgehoben worden, um das Tier im Ganzen am Spieß zu grillen. Im Haus und in den Werkstätten herrschte eine ausgelassene Stimmung, und die watu sangen auf dem Weg zur Arbeit Lieder, die vom ngoma und der Hochzeit des jungen Bwana handelten. Rings um die Hütten bastelten die kleineren Kinder, die sonst die Ziegen hüteten, Speere aus Stöcken und flachen Steinen und schnitten Schilde aus Holz und Pappe zurecht. Auf ihren mageren Beinchen vollführten sie hohe Sprünge und ahmten die tanzenden Krieger nach, die sie so bewunderten. Auch in der Krankenstation, wo Lottie wieder das Regiment führte, wurde über nichts anderes gesprochen.
Stundenlang durchstreifte Sarah mit ihrer Kamera die Farm und machte Fotos von den Farmarbeitern, dem Hauspersonal, den Küchen- totos und den Frauen, die sich in ihren Hütten das Haar schmückten und für den feierlichen Anlass Perlenketten auffädelten. Angespannte Erwartung und Aufregung herrschten, wohin das Auge blickte, und es schien niemanden, ob Mann oder Frau, zu geben, der sich nicht auf das Ereignis freute. Sarah fühlte sich von Ruhe und Zufriedenheit erfüllt, als sie begann, ihr zukünftiges Leben in Langani zu planen. Sie hatte noch immer nicht entschieden, ob sie weiter bei Dan und Allie arbeiten wollte. Vielleicht würde sie zumindest einen Teil des Jahres in Buffalo Springs verbringen müssen, doch schließlich war das keine Weltreise, und sie war sicher, jedes zweite Wochenende nach Hause fahren zu können. Möglicherweise konnte Piet sie ja auch ab und zu im Camp besuchen, bis eine dauerhafte Lösung gefunden war. Drei Tage vor dem großen Fest erschien er im Lagerraum, wo Lottie und Sarah gerade Handtücher und Laken für die erwartete Gästeinvasion abzählten.
»Das kannst du auch Simon überlassen«, sagte er. »Wie wär’s, wenn wir alle zusammen auf den Berg fahren würden? Wir könnten ein paar Flaschen Bier oder Wein und einen Happen zu essen mitnehmen. Hannah findet das eine lekker [64] Idee, und Anthony ist auch einverstanden.«
»Ich bleibe hier«, erwiderte Lottie, »und mache mit Simon die Arbeit zu Ende. Später möchte ich noch Janni anrufen. Aber ihr jungen Leute könnt ruhig fahren. Wir sehen uns dann beim Abendessen.«
»Ich fühle mich wie ein alter Löwe, der hier oben sitzt und sein Revier beobachtet«, verkündete Piet und lehnte sich an einen Felsen. Das rötliche, von braunem Gebüsch bewachsene Gestein hinter ihm schimmerte im Licht der Abendsonne, sodass es aussah, als wäre sein Kopf von einer goldenen Mähne umgeben. Sarah hob die Kamera, um diesen majestätischen Augenblick festzuhalten. Seine Pose verriet, mit welcher Selbstverständlichkeit er diesen Ort in Besitz genommen hatte, und auch den Stolz, den er empfand, nun, da sein Traum Wirklichkeit geworden war. So sehr war er in Gedanken versunken, dass er das Klicken
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