Himmel uber Langani
Formen der hoch emporragenden Termitenhügel. Doch am besten waren ihr die Fotos von Menschen und Tieren in emotional aufgeladenen Situationen gelungen. Die letzten Bilder zeigten die trauernde Elefantenherde bei ihrer Bestattungszeremonie.
»Ach, Sarah!«, sagte Piet leise, als befürchte er, die riesigen Geschöpfe auf den Fotos könnten ihn hören und die Flucht ergreifen. »Ich glaube, so außergewöhnliche Aufnahmen sind bis jetzt noch niemandem geglückt. Es muss doch jemanden geben, der sie veröffentlichen will.«
»Irgendwann wirst du für diese Fotos noch berühmt werden«, meinte Anthony. »Da bin ich ganz sicher.«
Piet griff nach den Bildern, die während der Safari im September entstanden waren, und sah sie langsam durch. Sarah beobachtete ihn verstohlen. Wie würde er auf das Strahlen reagieren, das von Camilla ausging und das die Kamera so sehr liebte? Einige Bilder zeigten sie und Anthony in angeregtem Gespräch am Lagerfeuer. Er war gerade dabei, ihr, wild gestikulierend und förmlich sprühend von jungenhaftem Temperament, etwas zu erklären. Währenddessen beugte sich Camilla mit einem so gebannten Blick zu ihm vor, dass der Zuschauer ihre Sehnsucht förmlich spürte. Eine Hand hatte sie nach ihm ausgestreckt, als wolle sie ihn zu sich heranziehen. Über ihren Köpfen ragte ein Gewirr verschlungener Äste ins Bild, im Vordergrund züngelten die Flammen des Lagerfeuers im Abendlicht. Auf dem Foto war deutlich zu erkennen, dass sie nichts um sich herum wahrnahmen. Nachdem Piet die Fotografie eine Weile betrachtet hatte, legte er sie kopfschüttelnd beiseite.
»Was ist?« Sarah konnte ihre Ungeduld nicht mehr bremsen.
»Du siehst zu viel durch dein magisches Auge«, erwiderte er. »Manchmal entblößt du dein Motiv zu sehr und zeigst die Fäden.«
»Was meinst du mit Fäden?«, erkundigte sich Sarah verdattert.
»Die unsichtbaren Fäden, die Menschen miteinander verbinden. Manche bezeichnen es auch als Körpersprache. So wie jemand den Kopf dreht oder den Arm ausstreckt. Wie hier zum Beispiel.« Er wies auf das Foto von Anthony und Camilla. »Oder die Fäden zwischen einem Raubtier auf der Pirsch und seiner Beute. Schau dir nur diesen Geparden an.«
»Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, so nackt und bloß dazustehen.« Hastig kramte Anthony die Bilder durcheinander. »Aber hier ist ein Foto von Hannah, das zeigt, wie stark und wie mutig sie ist und wie reizend sie trotzdem sein kann. Man sieht genau, dass sie auch ihre schwachen Seiten hat und Liebe und Schutz braucht.«
Hannah wandte sich mit ausdrucksloser Miene ab. Anthony, der ahnte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte, räusperte sich und verschwand in die Küche, um neuen Kaffee zu bestellen.
»Wir alle sollten uns hin und wieder von einem Genie fotografieren lassen«, sagte Piet, dem einiges klar geworden war. »Das würde uns lehren, uns den vielen Wahrheiten in uns zu stellen, vor denen wir so gern die Augen verschließen. Eines steht jedenfalls fest: Mein Mädchen wird mit seinen Fotos berühmt werden. Hinter der Kamera wird sie erfolgreicher sein, als Camilla es je davor war.«
»Ich würde mich freuen, wenn sie zur Hochzeit käme«, meinte Sarah.
»Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall«, seufzte Hannah. Doch dann musste sie lächeln. »Du kannst einfach nicht locker lassen.«
»Nein, sie hat Recht, Han. Camilla sollte dabei sein«, sagte Piet. »Wir werden sie in den nächsten Tagen schon ausfindig machen. Und jetzt hört zu. Morgen in aller Frühe fahre ich zur Lodge und verbringe die Nacht dort. Ich möchte sichergehen, dass im Gebäude, am Pool und an der Wasserstelle die Beleuchtung richtig funktioniert und dass mit den sanitären Anlagen alles in Ordnung ist. Schließlich soll es unseren Gästen an nichts fehlen.«
»Möchtest du, dass jemand von uns mitkommt?«, erkundigte sich Hannah.
»Nein. Du hast hier genug zu tun. Ich nehme Kipchoge und Simon mit. Ole Sunde, der Nachtwächter, ist bereits dort und kann uns zur Hand gehen.« Er grinste Sarah an. »Aber ich komme Sonntagmorgen zurück, weil ich es länger nicht ohne mein Mädchen aushalte. Du solltest unserem Freund hier ein paar dieser Fotos schenken.« Beim Sprechen klopfte er Anthony auf den Rücken. »Schau sie dir nur genau an, alter Junge. Vielleicht bringen sie dich ja zur Vernunft. Du bist ja noch vernagelter, als ich es war. Und pass morgen auf, dass die Frauen sich gut benehmen.«
Am nächsten Morgen zog Sarah sich rasch an und ging nach
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