Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
Vom Netzwerk:
Hannah ins Wohnzimmer und befahl ihnen, sich ans Feuer zu setzen. Stimmengewirr und lautes Schluchzen waren zu hören. Mwangi und Kamau hatten tränennasse Gesichter. Sie brachten Tee, Kaffee, Gerichte, die Hannah schon seit ihrer Kindheit liebte, und belegte Brote, deren Zubereitung ihnen Lottie vor einer Generation erklärt hatte. Kamau trat hinter Sarah, die wie betäubt auf dem Sofa kauerte, und berührte immer wieder teilnahmsvoll ihren Scheitel. Bei der kleinsten Bewegung schoss ihr ein stechender Schmerz durch den Arm, den sie allerdings kaum wahrnahm. Jemand stellte ihr eine Frage, die sie nicht verstand. Hannah saß stocksteif da und starrte ins Leere, während Lottie ihre Tochter umarmte und immer wieder dieselben tröstenden Worte murmelte. Anthony ging telefonieren, und nach einer Weile erschien die Polizei mit Jeremy Hardy an der Spitze. Dann läutete erneut das Telefon, und Lottie schluchzte, gestützt von Anthony, in den Hörer. Offenbar sprachen sie mit Jan.
    Schließlich begann sich der Schmerz in Sarahs Schulter gegen das Gefühl der Lähmung durchzusetzen, was sie beinahe als willkommene Ablenkung empfand. Dr. Markham kam aus Nanyuki und versuchte mit freundlichen Worten, sie ihn ihr Schlafzimmer zu lotsen, damit er sie besser untersuchen könne. Doch sie weigerte sich, ihren Platz neben Hannah zu verlassen. Also tastete er sie an Ort und Stelle ab, setzte sich dann neben sie und erklärte ihr in sanftem Ton, ihre Schulter sei ausgekugelt. Da er wisse, dass sie in dieser Situation auf keinen Fall ins Krankenhaus wolle, werde er ihr eine lokale Betäubung verabreichen und versuchen, das Gelenk wieder einzurenken. Kurz darauf ertönte ein Schmerzensschrei, der, wie sie im nächsten Moment erkannte, von ihr selbst kam. Der Arzt band ihr den Arm fest um den Leib und schlug ihr vor, sich am nächsten Morgen im Krankenhaus röntgen zu lassen. Obwohl Sarah sich Mühe gab zu antworten, wollte ihre Stimme ihr nicht gehorchen, und sie konnte nur den Kopf schütteln, um ihm mitzuteilen, dass sie hier bei Hannah und Lottie bleiben wolle. Der Arzt kramte in seiner Tasche. Die Trauer stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er Sarah zwei Tabletten reichte und ihr ein Glas Wasser an die Lippen hielt, damit sie das Medikament schlucken konnte.
    Anschließend sprach er mit Hannah und klopfte ihr leicht gegen die Wange, um ihre Reaktion zu testen. Ihm erschien es, als sei es erst gestern gewesen, dass er ihr und ihrem Bruder ans Licht der Welt geholfen hatte. Damals waren Jan und Lottie und er selbst noch jung gewesen. Erfüllt von Hoffnung und Zuversicht und der Vorfreude auf ein Leben in diesem schönen Land. Nun wirkte Hannah wie erstarrt und blickte einfach durch ihn hindurch. Als er ihr eine Spritze gab, zuckte sie nicht einmal zusammen und bemerkte es offenbar gar nicht, als sich die Nadel in ihre Haut bohrte. Lottie streichelte ihr lautlos weinend das Haar, und eine abgrundtiefe Verzweiflung und Trauer malten sich in ihrem Gesicht. Als Sarah die beiden betrachtete, erschauderte sie und begann, am ganzen Leibe zu zittern.
    Anthony zwang sie, einen Schluck Brandy zu trinken. Sie fühlte sich, als habe sie ihren Körper verlassen und schwebe irgendwo am Rande der Wirklichkeit. Wie aus weiter Ferne beobachtete sie Anthony, der im Raum hin und her ging, leise Anweisungen erteilte, Anrufe entgegennahm und sich um alles kümmerte. Den Arm auf Kissen gestützt, lag sie auf dem Sofa. Ihre Schuhe waren schlammig, ihre Kleidung war zerrissen und voller Blut. Piets Blut. Nein, bloß nicht daran denken! Nicht den Namen aussprechen. Nicht hinschauen. Bloß nicht hinschauen. Übelkeit ergriff sie, und sie setzte sich würgend auf. Sofort war Anthony an ihrer Seite und hielt ihr eine kleine Schale hin. Offenbar besaß er die nötige Geistesgegenwart, um auf jede neue Krise prompt zu reagieren. Sarah beugte den Kopf über die Schale, doch nur ein dünnes Rinnsal Galle kam heraus, da sie sich bereits auf dem Berg heftig übergeben hatte. Nicht an den Berg denken. Nicht hinschauen. Nicht hinschauen … Anthony wischte ihr das Gesicht ab und wickelte sie dann in eine Decke. Nachdem er die Schale neben sie auf den Boden gestellt hatte, widmete er sich wieder Hannah. Inzwischen hatte der Polizist erneut das Wort ergriffen. Wann war er zurückgekommen? Oder war er gar nicht fort gewesen? Sarah versuchte zu verstehen, was er sagte, aber seine Stimme klang verzerrt, als spräche er am anderen Ende eines langen Tunnels.
    »Da war jemand

Weitere Kostenlose Bücher