Himmel uber Langani
auf dem Berg, nur wenige Meter von uns entfernt«, berichtete Anthony gerade. »Mit seinem Speer hat er eine riesige Hyäne erlegt, die Sarah an den Kragen wollte. Offenbar war es das Leittier. Ich habe den Speer durch die Luft fliegen sehen. Plötzlich ist Sarah gestürzt, und im nächsten Moment fing sie zu schreien an. Als wir näher kamen, bemerkten wir …« Die Stimme versagte ihm, und er wischte sich mit der Hand über die Augen.
Jeremy Hardy gab ihm Zeit, sich wieder zu fassen. »Also haben Sie sich den Mann auf dem Berg nicht genauer anschauen können?«, fragte er in gütigem Ton.
»Nein. Ich wollte Sarah helfen. Als ich wieder nach oben geblickt habe, war er fort.«
Sarah versuchte, etwas hinzuzufügen, und räusperte sich. Als sie endlich einen Ton herausbrachte, klang ihre Stimme heiser und stockend. »Ich habe ihn gesehen. Die Hyäne wollte mich anspringen. Da hat er sie mit dem Speer getötet.«
Während Lottie, Anthony und Hardy sich zu ihr umdrehten, starrte Hannah weiter ins Leere.
»Anscheinend hatte er auf uns gewartet. Er war wie ein Krieger gekleidet und hat seinen Speer nach der Hyäne geworfen. Dann bin ich hingefallen.« Sarah rang nach Atem. Als das schreckliche Bild, das sie bis jetzt beiseite geschoben hatte, erneut vor ihr auftauchte, wurde ihr wieder übel. »Aber trotz seines Federschmucks habe ich sein Gesicht erkannt.« Sie hatte das Bild vor sich, wie sich seine Gestalt, vom kalten, hellen Mondlicht erleuchtet, gegen den Nachthimmel abhob. Dann blickte sie Anthony und Hardy an.
»Ich weiß, wer es war«, flüsterte sie. »Es war Simon.«
»Simon?« Hardy beugte sich vor. »Sind Sie wirklich sicher, meine Liebe? Bei diesen Lichtverhältnissen kann man sich leicht täuschen. Außerdem wurden Sie von einer Hyäne bedroht und sind gestürzt.«
»Es war ganz sicher Simon. Er ist der Mörder von …« Sie konnte den Namen nicht aussprechen. »Ich bin überzeugt, dass er es war. Er hat auf uns gewartet.« Ihre Stimme erstarb vor Entsetzen, als sie sich wieder in der Grube kauern sah, vor sich die Leiche ihres Liebsten, dessen Blut im Boden versickerte. »Es war Simon«, wiederholte sie. »Aber ich begreife nicht … Warum sollte er so etwas tun?« Sie brach in Tränen aus und wiegte sich, zitternd vor Angst und ergriffen vom schrecklichen Schmerz des Verlustes, hin und her. »O Gott, warum? Lieber Gott, warum hast du das zugelassen? Warum hast du ihn mir weggenommen?«
»Simon wird vermisst, Jeremy«, meinte Anthony. »Er ist heute Morgen mit Piet losgefahren und der Einzige, den wir nicht gefunden haben.«
Da ergriff Hannah mit einem heiseren Flüstern endlich das Wort. »Ich will seinen Tod«, sagte sie, anfangs noch eiskalt und ruhig. Doch mit jeder Wiederholung wurde ihre Stimme lauter, bis sie es schließlich hinausschrie. »Ich will seinen Tod. Ich will seinen Tod …«
Lottie legte die Arme um ihre Tochter, und Anthony tätschelte tröstend ihre Schulter. Inzwischen hatte Hannah sich wieder beruhigt und sah ihn aus tränennassen Augen an. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt.
»Ich will seinen Tod.«
Später in der Nacht schlug Sarah die Augen auf und stellte fest, dass sie ein wenig gedöst hatte. Im Kaminfeuer knisterten die Holzscheite, aber dennoch fror sie. Hardy beriet leise mit Anthony und Lottie darüber, ob man Piets Leiche zum Haus bringen solle. Aber Hannah streckte abwehrend den Arm aus und versuchte mühsam, sich zu erheben.
»Nein! Wir dürfen ihn nicht von dort wegholen«, protestierte sie. »Ihr habt ihn selbst gehört, als wir gestern auf dem Berg waren.« Mit schmerzerfülltem Blick sah sie Sarah an. »Mein Gott, es ist erst gestern gewesen!«
Als Anthony sie bat, sich wieder zu setzen, packte sie ihn an den Händen, und ihr Blick wurde flehend.
»Sein Blut ist bereits in dem Land versickert, das seines war. Und auch sein Körper gehört dorthin. Er soll ein Teil des Berges werden, auf dem er gestorben ist. Schließlich hat er selbst gesagt, dass er nach seinem Tod am liebsten dort bestattet werden möchte. Du hast es mit eigenen Ohren gehört, Anthony.« Sie schüttelte den kräftigen Mann, und ihre Worte klangen wie ein Verzweiflungsschrei. »Du warst dabei! Lass nicht zu, dass sie ihn fortbringen, Anthony!«
»Hannah, was erwartest du von mir? Möchtest du, dass er dort oben beerdigt wird?«
Sie stand auf. »Wir sollten einen Scheiterhaufen errichten, ihn auf dem Berg einäschern und seine Asche dort verstreuen. Und zwar jetzt.« Sie stieß
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