Himmel uber Langani
einen leisen Klagelaut aus, bei dem es allen kalt den Rücken hinunterlief. »Sofort. Noch heute Nacht. Damit all der Schmerz ein Ende hat …«
Sie schlang die Arme um den Leib, wiegte sich hin und her und murmelte etwas auf Afrikaans. Während Lottie sie zu beruhigen versuchte, räusperte sich Hardy.
»Hannah, mein liebes Kind, ich habe ja Verständnis für Sie, doch das geht nicht. Erstens würde es gegen das Gesetz verstoßen, und zweitens sind da noch die Ermittlungen. Wir müssen die Leiche bergen. Außerdem muss eine Leichenschau stattfinden. Es tut mir Leid, Hannah, aber …«
»Nein! Nein, Sie verstehen mich offenbar nicht.« Sie packte ihn am Arm. »Was wollen Sie denn noch mit seiner Leiche? Sie vielleicht noch ein bisschen mehr zerstückeln und das, was von ihm übrig ist, mit Messern und chirurgischen Instrumenten in irgendeinem Labor vernichten? Ach, Jeremy, Sie haben doch gesehen, wie er getötet wurde, und mehr brauchen Sie nicht zu wissen. Uns bleibt nichts weiter, als ihm den Frieden zu schenken und seine Leiche auf dem Berg, wo er hingehört, den Flammen zu übergeben. Dann wird seine Asche über unser Land schweben, und er wird frei sein. Bitte, Jeremy, sperren Sie ihn nicht in eine Leichenhalle, in ein dunkles Gemäuer, wo er es nicht aushalten würde. Bitte.«
Hannah war so außer sich vor Verzweiflung, dass ihr Atem stoßweise ging. Dr. Markham fühlte ihr den Puls und überredete sie, sich wieder zu setzen. Dann zog er sich mit Hardy auf die Veranda zurück, wo sie unbelauscht reden konnten.
»Eigentlich finde ich die Idee gar nicht so abwegig, alter Junge. Wenn die Leiche gerichtsmedizinisch untersucht und wegen weiterer Ermittlungen zurückgehalten wird, könnte es Wochen dauern, bis man sie zur Bestattung freigibt. In der Zwischenzeit könnte die Familie in einen Schockzustand geraten, der womöglich ernsthafte gesundheitliche Folgen hat. Es ist schwer vorherzusagen, welche Auswirkungen dieses Erlebnis auf die beiden jungen Frauen haben wird, aber es könnte zu nicht wieder gutzumachenden Schäden führen, wenn man sie ständig zwingt, sich an diese Tragödie zu erinnern. Also bitte ich Sie im Interesse der Familie, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Eine Einäscherung an dem Ort, wo er gestorben ist, wäre vielleicht für alle das Beste. Eine Art Befreiungsschlag und der Schlussstrich unter eine grauenhafte Erfahrung. So könnten die Angehörigen auf die Art und Weise trauern, die sie für angemessen halten.«
»Das verstößt gegen die Vorschriften und passt außerdem nicht in eine zivilisierte Gesellschaft«, widersprach Hardy kopfschüttelnd. »Mein Gott, was für eine Tragödie! Selbst während des Ausnahmezustandes habe ich so etwas nicht erlebt, auch wenn es die Handschrift dieser Rebellenbande trägt.«
»Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß, Jeremy.« Dr. Markham senkte die Stimme, damit ihn wirklich nur der Inspektor hören konnte. »Ich müsste mir wirklich ernsthaft Sorgen um Hannahs seelische Gesundheit machen, wenn sich die Sache weiter hinschleppt. Und bei Sarah Mackay sieht es nicht anders aus. Sie war seit kurzer Zeit mit Piet verlobt. Was die beiden Frauen beobachtet haben, ist so grausig, dass ein Mensch es eigentlich gar nicht verarbeiten kann. Wir wollen nicht, dass eine der jungen Frauen indirekt zum Opfer wird. Die beiden fühlen sich ohnehin schon elend genug. Passen Sie auf. Ich erkläre mich bereit, den Totenschein zu unterzeichnen und zu bestätigen, dass die Leiche zu stark verstümmelt war, um sie vom Tatort zu entfernen. So weit weg von der Wahrheit ist das ja gar nicht. Der junge Mann liegt dort oben am Berg, festgebunden wie ein Opfertier und mit abgetrenntem Geschlechtsteil und ausgestochenen Augen. Wenn die Leiche in die Gerichtsmedizin kommt und eine Untersuchung stattfindet, wird die Familie Tag für Tag gezwungen sein, sich daran zu erinnern. Denn dann gäbe es keinen Abschluss. Ich glaube nicht, dass ein labiles junges Mädchen dieser Belastung standhalten kann. Sie schaffen es doch sicher, das mit den Behörden zu regeln.«
»Ich weiß nicht so recht. Ihre Argumente leuchten mir ein, und außerdem kenne ich Hannah und Piet seit ihrer Jugend und bewundere den Fleiß dieser Familie. Allerdings gibt es Vorschriften.« Erschöpft und tief erschüttert von den Ereignissen der Nacht, rieb sich der Polizist die Augen.
»Sie haben doch schon einen Tatverdächtigen, falls die arme Sarah sich nicht geirrt hat. Der Himmel weiß, welche Motive
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