Himmel uber Langani
bestimmen. Eigentlich war Dr. Ward ja gegen eine Entlassung aus dem Krankenhaus gewesen. Schließlich habe Marina noch Schmerzen, sei nach der Lungenentzündung geschwächt und vertrage die Antibiotika nicht gut. Seiner Ansicht nach habe sie die Krise einzig und allein dank ihrer Willenskraft überlebt. Andererseits sei es wichtig, dass sie sich wohl fühle und guter Stimmung sei. In ihren Debatten mit ihm hatte Marina alle Register gezogen, bis er zugestimmt hatte, es sei wohl für ihren Gemütszustand das Beste, das Weihnachtsfest zu Hause zu feiern. Nun jedoch genügte ihr das nicht mehr, und sie wollte unbedingt aufs Land.
George trat aus dem Schlafzimmer. »Meinst du, wir könnten es schaffen?«, begann er.
»Es kommt überhaupt nicht in Frage, verdammt.« Camillas Gereiztheit wuchs, als sie bemerkte, dass er sich wieder von ihr um den Finger wickeln lassen würde. »Ich werde Edward ganz bestimmt nicht anrufen, um ihm die Pistole auf die Brust zu setzen, damit er Weihnachten bei uns in der Einöde verbringt.«
»Deine Mutter sagt, er sei in dich verliebt«, erwiderte George.
»Offenbar hast du praktischerweise vergessen, dass ich bis vor kurzem in einen anderen verliebt war. Liebe kann man nicht einfach abschalten wie einen Wasserhahn oder ablegen wie ein Hemd. Tja, ich kann es zumindest nicht.« Als sie seinen bestürzten Blick sah, empfand sie Schadenfreude, weil es ihr gelungen war, ihn zu kränken. »Edward ist der Arzt, der mein Gesicht operieren wird. Und außerdem ist er, wie er bereits selbst bemerkt hat, alt genug, um mein Vater zu sein.«
»Aha! Also habt ihr schon über dieses Thema gesprochen?« George schmunzelte und wollte sie anscheinend ermutigen, sich ihm anzuvertrauen. Doch als ihre Miene kalt und abweisend wurde, erkannte er bedrückt, dass es noch zu früh für Neckereien war. Zuerst musste er sich ihre Liebe und ihren Respekt erkämpfen, und bis dahin war es noch ein weiter Weg. »Tja, die Cocktailparty müssen wir eindeutig absagen. Als ich zu ihr meinte, über Burford würden wir später sprechen, schien sie zufrieden. Sie ruht sich jetzt ein Stündchen aus und steht dann zum Abendessen auf.«
Camilla griff nach ihrem Mantel. »Rufst du deine Freunde an und stornierst die Einladung? Ich muss mal kurz vor die Tür. Mrs. Maskell hat alles fürs Abendessen vorbereitet.«
Als er sie forschend musterte, wurde ihm klar, dass sie keine Lust hatte, mit ihm allein zu sein. »Ja, ich erledige das. Bis später also. Kommst du zum Abendessen?«
Da sie nicht wusste, wo sie hingehen sollte, ließ sie sich im Strom der Passanten dahintreiben, die sich mit sperrigen Paketen abmühten, ein Geschenk in letzter Minute suchten und auf ein freies Taxi hofften. Die Läden waren überfüllt, und die beharrlich blinkenden Weihnachtsdekorationen reichten bis auf den Gehweg hinaus, sodass immer wieder Lichtpunkte auf müde Füße fielen. Camilla hatte kein Geschenk für ihren Vater und wusste auch nicht, was sie für ihn kaufen sollte. Allerdings würde die Stimmung sicher auf einen Tiefpunkt sinken, wenn er am Weihnachtsmorgen nichts geschenkt bekam. Also ging sie in einen teuren Laden und erstand eine silberne Feldflasche in einem Futteral aus Kalbsleder und eine italienische Reisetasche, die er auf seinen vielen Flügen sicher gut gebrauchen konnte. Oder wenn er bei seinem Liebhaber übernachtete. Bei ihrer Rückkehr in die Wohnung traf sie Marina angezogen auf dem Sofa sitzend und mit einem Drink in der Hand an. Ihr Gesicht war zwar aschfahl, aber ihre Augen leuchteten, als sie Camilla begrüßte.
»Liebes, hier ist ein Glas Champagner für dich. Wir feiern, weil Daddy alles so wunderbar geplant hat. Morgen fahren wir nach Burford. So gegen zwölf, weil ich inzwischen eine Ewigkeit brauche, bis ich vorzeigbar bin. Kannst du mir heute Abend helfen, ein paar Sachen zu packen?«
»Ich habe einen Wagen bestellt, der uns abholt«, fügte George hinzu. »Wenn ich vor Silvester noch einmal in die Stadt muss, kann ich ja den Zug nehmen. Aber das ist unwahrscheinlich.« Er hielt inne und schenkte Camilla mit einer großartigen Geste ein Glas Champagner ein. Dann warf er Marina einen Hilfe suchenden Blick zu, doch sie hatte sich demonstrativ in die Zeitung vertieft, sodass es ihm überlassen blieb, alles zu erklären. »Edward wird mit dem Wagen fahren und kommt morgen Abend. Er hat mit Dr. Ward alles für den Notfall abgesprochen. Offenbar gefiel ihm der Vorschlag.«
Für Camilla war die ganze Situation ein
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