Himmel uber Langani
Albtraum und eine Farce, und sie stellte sich vor, wie sie alle in Burford im Wohnzimmer saßen, gekünstelte Fröhlichkeit verbreiteten und einer verwöhnten Frau, die im Sterben lag, Theater vorspielten. Allerdings hatte sie keine Möglichkeit, sich davor zu drücken. Wieder war sie zum Bauernopfer in den Machtkämpfen ihrer Eltern geworden, und ihr blieb nichts anderes übrig, als sich in ihre Rolle zu fügen.
»Das hättest du nicht tun dürfen«, begann sie, als sie nach dem Essen Marinas Kleider packte. »Ich finde, du solltest anrufen und absagen. Es ist Edward gegenüber unfair.«
»Er meinte, er freue sich sehr.« Marina schmollte.
»Was hätte er denn sonst antworten sollen, verdammt? Wirklich, Mutter, du hast einfach kein Schamgefühl.«
»Wenn er nicht mitkommen möchte und es eine solche Quälerei für dich wäre, könnten wir ja Winston Hayford bitten. Ich weiß, dass er über Weihnachten nichts vorhat und sich gerne um mich kümmern würde.«
»Du bist doch absolut krank im Kopf.«
Camilla stürmte aus dem Zimmer, riss ihren Mantel vom Haken und rannte an ihrem Vater vorbei, der im Wohnzimmer saß und geistesabwesend in den Fernseher starrte.
In Toms Wohnung war die Party bereits in vollem Schwange, doch er bemerkte sie sofort im Gewühl, drängte sich zu ihr durch und nahm sie beiseite.
»Ich möchte dir jemanden vorstellen. Er heißt Saul Greenberg und hat den halben Nachmittag in meinem Büro verbracht. Er will uns ein Angebot machen.«
»Nicht jetzt, Tom, bitte nicht. Es ist Weihnachten, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte. Morgen fahre ich mit Mutter aufs Land, um Pflegedienst zu schieben. Heute will ich nichts weiter als etwas trinken und einen kleinen Joint rauchen, um mich dafür zu stärken.«
»Es ist aber wichtig«, beharrte er und reichte ihr einen Wodka auf Eis.
»Ich bin Saul Greenberg, Lumpenhändler von Beruf.« Ein kräftig gebauter Mann mit einem freundlichen runden Gesicht gesellte sich zu ihnen. »Hat Tom Ihnen schon von meinem Vorschlag erzählt?« Seine Miene war offen und fröhlich, und er trug sein graues Haar sehr kurz geschnitten, sodass es aussah, als wüchse ihm ein Wald von Zahnbürsten aus dem Kopf. Sein gut geschnittener Anzug bestand aus teurer Seide, saß allerdings ein wenig eng. Camilla fand, dass sein Akzent einen amerikanischen Anklang hatte.
»Nein, Tom hat mir noch nichts gesagt«, erwiderte sie. »Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich habe heute Abend keine Lust, über Geschäftliches zu reden. Ich bin rein privat hier. Vielleicht können wir ja im neuen Jahr …«
Er tat, als hätte er die Abfuhr gar nicht bemerkt. »Ich würde gerne eine neue Kollektion mit Ihrem Namen herausbringen. Sie werden auf allen Fotos zu sehen sein, und die Sachen werden in sämtlichen großen Kaufhäusern der Vereinigten Staaten angeboten. Ich habe einen Partner in den USA, der das Projekt unbedingt unter Dach und Fach bringen will. Eigentlich stamme ich aus New York, doch ich lebe seit über zwanzig Jahren in London. Für Sie steckt eine Menge Geld drin. Großzügige Modelhonorare und ein Anteil an sämtlichen Verkäufen. Da die Kleider für die Frühjahrssaison bereits fertig sind, müsste ich sofort wissen, ob Sie Interesse haben. Nach den Feiertagen ginge es dann los. Ich dachte, wir könnten uns morgen Vormittag treffen, um alles zu besprechen.«
Tom umklammerte ihren Arm so fest, dass es wehtat und ein roter Striemen auf ihrer Haut entstand.
»Das ist ein großartiges Angebot, Camilla«, meinte er jetzt. »Saul würde uns morgen gerne sein Büro und sein Lager zeigen und uns seine bisherigen Kollektionen vorführen, damit wir uns ein Bild von der Qualität machen können. Die Sachen sind für den Markt von der Stange bestimmt, und die Firma vertritt das Konzept, dass die Kundin viel schneller auf die neueste Mode reagieren kann, wenn sie schicke Kleider preiswert bekommt. Wir sprechen hier von Stückzahlen im Hunderttausender-Bereich und den dazugehörigen Werbekampagnen.«
»Ich fahre morgen früh aufs Land«, erwiderte Camilla, »und bin nicht vor Silvester zurück.«
»Du könntest doch auch erst am Nachmittag aufbrechen. Gleich nach dem Mittagessen.« Tom funkelte sie finster an.
»Aber natürlich könnten Sie«, stimmte Greenberg leutselig zu. »Ich habe einen Wagen mit Chauffeur, der Sie hinfährt, wohin Sie wollen. Ich bräuchte nur ein paar Stunden am Vormittag, um alles mit Ihnen beiden zu erörtern. Morgen Abend fliege ich
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