Himmel uber Langani
Moment kann sie den Gedanken nicht ertragen. Ich habe ihr vorgeschlagen, ein Ausbildungszentrum daraus zu machen und eine Stiftung in Piets Namen zu gründen, um sein Werk fortzuführen. Aber das war ein Fehler, taktlos und außerdem viel zu früh. Sie war sehr wütend auf mich.«
»Viele Menschen setzen Wut als Waffe gegen die Trauer ein. Doch wenn man sie zu lange schwären lässt, kann sie zum Problem werden.«
»Ich weiß«, erwiderte Sarah. »Hoffentlich gelingt es Lars, ihr über die Krise hinwegzuhelfen.«
Als sie zum Camp zurückkehrten, stand Viktors Wagen vor dem Tor. Sarahs gute Laune verflog schlagartig.
»Aber, aber«, spöttelte Allie. »Du kriegst diese Woche aber viel Besuch.«
»Diesen Gast schenke ich dir gerne«, entgegnete Sarah. »Ich möchte allein sein und habe keine Lust auf Gesellschaft. Am allerwenigsten auf Viktor.«
Viktor verhielt sich bemerkenswert einfühlsam. Nachdem er ihr kondoliert hatte, plauderte er über Elefanten, Politik und Architektur. Dennoch fiel es Sarah schwer, ihren Zorn zu zügeln, wenn sie daran dachte, dass er Hannah weggeworfen hatte wie ein Paar löchriger Socken. Beim Abendessen war sie wortkarg und trug nur wenig zur Unterhaltung bei. Es war Dan, der erwähnte, dass sie die letzte Nacht in Samburu verbracht hatte.
»Habt ihr dort Leoparden gesehen?«, fragte er. »Ich weiß nicht, was ich von der Idee halten soll, einen Köder in einen Baum zu hängen, um sie jeden Tag an dieselbe Stelle zu locken. Es ist unnatürlich, und der Himmel weiß, ob vielleicht Spätfolgen daraus entstehen.«
»Sie haben in der Samburu-Lodge übernachtet?« Viktor war überrascht.
»Sie hat mit dem Geldgeber diniert«, erwiderte Dan grinsend. »George Broughton Smith war hier. Wie ich gehört habe, will seine Organisation eine Summe für den Schutz der Rhinozerosse in diesem Gebiet spenden.«
»Er ist ein netter Mensch«, fügte Allie hinzu. »Und vernünftig. Er hat keine Flausen im Kopf und lässt sich nicht von Politikern einschüchtern. Wie häufig ist er in letzter Zeit in Nairobi gewesen?«
»Ich verkehre nicht in diesen Kreisen«, antwortete Viktor. »Er treibt sich mit Diplomaten herum, und seine Freizeit verbringt er mit Aktivitäten, die nicht unbedingt nach meinem Geschmack sind.«
»Was denn für Aktivitäten?«, erkundigte sich Sarah verdattert.
»Das ist nichts für Ihre jungen, unschuldigen Ohren«, meinte Viktor mit einem wissenden Blick und einem anzüglichen Lachen. Dann zündete er sich eine Zigarre an. »Beim Essen spreche ich nicht gern über solche Themen. Sie machen mich nervös.«
Sarah lehnte den Kaffee ab und zog sich zurück. Sie war müde und wollte außerdem ihre Aufzeichnungen des Tages durchsehen und an Camilla schreiben. Wenn sie heute Abend noch einen Brief zustande brachte, konnte Viktor ihn nach Nairobi mitnehmen und abschicken. Also setzte sie sich an den Tisch und griff nach ihrem Stift. Im nächsten Moment klopfte es an der Tür.
»Viktor.« Sie war ganz und war nicht erfreut, ihn zu sehen. »Ich muss einen wichtigen Brief schreiben, Könnten Sie ihn vielleicht morgen für mich in Nairobi abschicken?«
»Sie haben den ganzen Abend kaum ein Wort mit mir gewechselt«, erwiderte er. »Und dabei habe ich steinige Wüsten und eine gefährliche von Menschen fressenden Bestien bevölkerte Wildnis durchquert, nur um Sie zu sehen.«
»Viktor«, sagte sie, stemmte die Hände fest gegen seine Brust und schob ihn weg. »Ich weiß, dass Sie mich gerne aufheitern möchten, aber es nützt nichts.« Sie brach ab und verzog schmerzlich die Lippen. »Bitte verstehen Sie doch, wie schwer es mir fällt, morgens die Augen aufzuschlagen und mich den ganzen Tag über wie ein normaler Mensch zu benehmen. Ich brauche einfach nur Ruhe.«
»Natürlich verstehe ich das«, gab er zurück. »Doch es gibt verschiedene Formen des Trostes …«
»Nein, Viktor, für mich nicht. Und jetzt gehen Sie bitte endlich. Legen Sie sich schlafen. Morgen bringe ich Ihnen den Brief an Camilla, damit Sie ihn abschicken können. Mehr will ich nicht von Ihnen.«
»Ach, die Tochter.« Sein Lächeln war alles andere als freundlich. »Seltsam, wie diese Männer immer wieder versuchen, es zu verbergen. Aber letztendlich kommt es doch ans Licht.«
»Was kommt ans Licht?«, fragte Sarah mit einem leicht flauen Gefühl im Magen.
»Er ist wie so viele dieser Engländer aus guter Familie.« Viktor wedelte in einer unmissverständlichen Geste mit der Hand. »Schon an der Schule lernen
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