Himmel uber Langani
Nicht heute Abend. Unsere Ferien haben gerade begonnen. In ein paar Tagen werden wir Silvester feiern. Ich bin sicher, dass das neue Jahr uns allen Glück bringen wird, wenn wir es uns nur fest genug wünschen.« Hannah war den Tränen nahe. Noch nie war sie solchen Strömungen ausgesetzt gewesen – feindselig und zerstörerisch trieben sie ihre Eltern und Freunde in unvorhersehbare Richtungen.
»Lasst uns zu den Männern gehen.« Betty öffnete die Tür zur Veranda und trat zur Seite, um Marina Broughton-Smith den Vortritt zu lassen. Diese Frau war unerträglich. Solchen Menschen begegnete man in Büchern und Filmen, doch es war unfassbar, dass sie tatsächlich existierten. Betty fragte sich, wie sie wohl so geworden war. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand mit solchen Vorurteilen geboren wurde.
Im Wohnzimmer herrschte zwischen den Frauen unbehagliches Schweigen. Die Männer hatten sich auf Angeln als neutrales Thema geeinigt. Gerade beschrieb Dr. Hayford die bemalten Fischerboote in Ghana. Raphael wollte die Stimmung mit ein wenig Musik auflockern und wählte eine Platte aus.
»Oh, wie schön – ich liebe Nat King Cole.« Marina wandte sich an Dr. Hayford. »Nur schwarze Sänger haben diese Stimme, die einem das Gefühl gibt, mit warmen Sirup übergossen zu werden. Möchten Sie mit mir tanzen, Winston?«
Lottie warf Jan einen mahnenden Blick zu, als ihr Mann unwillkürlich einen Zischlaut ausstieß. Betty griff nach ihrer Perlenkette und suchte verzweifelt nach den passenden Worten, bis ihr Ehemann die Hand ausstreckte.
»Und du, mein Liebling? Möchtest du mit mir tanzen? Ich weiß, es ist einer deiner Lieblingssongs.«
Scheinwerferlicht blitze durch die lang gestreckten Fenster. Winston lächelte bedauernd. »Ach, mein Wagen ist da.« Er hob seine bestickte Kappe von einem Tischchen und reichte sie Marina. »Hier ein kleines Geschenk für Sie, Madam. Ich hoffe, es wird Sie an diesen Abend erinnern und Ihnen vielleicht eines Tages dazu verhelfen, Verständnis für mein Land und meinen Kontinent aufzubringen.«
»Wie freundlich von Ihnen.« Sie sah mit einem kleinen Lächeln zu ihm auf und legte ihre Hand auf seine. »Ich freue mich auf Ihre Hilfe in dieser Sache. Falls Sie an Silvester noch hier sind, möchten Sie vielleicht mit uns feiern? Dinner und Tanz?«
»Ich fürchte, dieses Mal wird es nicht klappen«, meinte er mit einem gezwungenen Lächeln. »Die Zeit dafür ist noch nicht reif. Aber ich hoffe, dass wir irgendwann in der Zukunft einmal miteinander essen und tanzen werden. Unter anderen Umständen und vielleicht unter einer anderen Flagge. Darauf freue ich mich. Ich wünsche allen eine gute Nacht.«
Betty begleitete ihn zur Tür. »Wir haben Marina Broughton-Smith erst heute kennen gelernt. Sie scheint ein wenig unberechenbar zu sein.«
»Sie und Raphael waren wunderbare Gastgeber, und ich habe den Abend sehr genossen.« Er schwieg einen Augenblick und wog seine nächsten Worte ab. »Manchmal verstärkt es den geheimnisvollen Nimbus einer schöner Frau, wenn sie tief in ihrem Inneren sehr unglücklich ist. Man kann nur hoffen, dass sie eines Tages ihren Frieden findet. Bis dahin gelingt es ihr lediglich, sich selbst zu verletzen.« Er lächelte. »Seien Sie nicht zu streng mit Ihrem Personal, Betty. Oder mit Ihren Gästen. Anpassung erfordert Geduld.«
»Ein interessanter Mann. Und ein wunderbares Beispiel dafür, was im Idealfall geschehen kann, wenn zwei Kulturkreise sich begegnen und voneinander lernen.« George Broughton-Smith nippte an seinem Brandy. »Ich wäre froh, wenn mehr Leute wie er auf der Abgeordnetenbank in Nairobi sitzen würden.«
»Vielleicht in einigen Jahren. Westafrikaner sind schließlich anders. Gebildeter und kultivierter.« Raphael hatte sich über die politische Diskussion in Anwesenheit des Ghanaers geärgert. Hier in Kenia war jedes Gespräch über ein Thema mit rassischem Beigeschmack ein Minenfeld, wenn Afrikaner zugegen waren. »Man mag vielleicht glauben, dass dort, wo er herkommt, alles besser ist, aber Korruption ist ein gewaltiges Problem in Westafrika. Auf jeden Fall hat er sein Land verlassen und für die nächsten Jahre eine Stelle in London angenommen.«
»Ich glaube, es ist Zeit für uns zu gehen, George, mein Liebling.« Marina war aufgestanden und segelte zur Eingangshalle. »Camilla, willst du uns morgen nicht begleiten? Wir werden Silvester mit unseren Freunden von der Hohen Kommission feiern. Ich weiß, du magst Robert Harper,
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