Himmel uber Langani
Wunsch respektieren. Wahrscheinlich hatte er irgendwelche Schwierigkeiten mit der britischen Regierung, und das steht in den Akten. Aber er ist nicht der einzige Farmer, der sich in dieser Situation befindet. Außerdem hat unsere Freundschaft nichts damit zu tun, wie unsere Eltern gelebt haben. Sie ist ganz allein unsere Angelegenheit.«
»Ich nehme an, du hast Recht«, erwiderte Hannah zweifelnd. »Sie gehören einer anderen Generation an, und wir können nicht die ganze Zeit darüber nachgrübeln, was sie getan oder nicht getan haben.«
Hannah wurde unterbrochen, als der Wagen mit einem Satz auf den holprigen Weg prallte. Sie öffneten die Fenster und sangen aus vollem Hals. In stillschweigendem Einverständnis vermieden sie es, den vorherigen Abend noch einmal zu erwähnen. Sie erreichten den Mida Creek und fuhren an den von den Gezeiten geprägten Schlammzonen entlang. Vögel zwitscherten hell in den Mangrovenbäumen, die in dem braunen Wasser wurzelten. Eine leichte Brise kam auf, und die Luft roch nach Salz, als sie von der Hauptstraße zu den Ruinen von Gedi abbogen.
»Wir können uns zuerst ein wenig umsehen und dann im Palast des Sultans picknicken«, schlug Tim vor. »Und wenn wir genug von Geistern und Trümmern haben, fahren wir hinunter zum Strand von Watamu. Was meint ihr?«
»Solange wir nur bei Einbrechen der Dunkelheit von hier fort sind«, meinte Sarah.
»Natürlich. Eine Stadt, wo es spukt, ist nachts nicht der richtige Ort für Sarah!«, neckte Camilla sie, als Tim in einen schmalen Pfad einbog. »Wie ich gehört habe, wimmelt es hier von Gespenstern.«
»Es ist merkwürdig, dass in den alten arabischen Aufzeichnungen nichts davon zu finden ist«, sagte Tim. »Eine blühende Stadt, von der die Nachbarn jedoch nichts wussten. Bis heute ist nicht bekannt, ob die Einwohner an Malaria starben, von feindlichen Stämmen getötet wurden oder die Stadt einfach verließen. Übrigens, nehmt euch in Acht vor Schlangen und siafu [28] – ihr wollt doch nicht in eine dieser Ameisenstraßen treten.«
»Großartig. Das klingt so einladend, dass ich mich frage, warum wir hier sind.« Camilla stieg als Erste aus dem Wagen. Die schwere, feuchte Luft roch nach den verfaulenden Blättern des Dschungels, in dem sich die Ruinen verbargen. »Meine Güte, ist das unheimlich! Selbst am helllichten Tag.«
Ein Hitzeschwall schlug ihnen entgegen, und die Stille, die sie umgab, wurde nur durch das Ticken des heißen Metalls unterbrochen, als der Motor abkühlte. Hin und wieder hörten sie das Kreischen und Plappern der Affen in den Zweigen über ihren Köpfen. Die alte Stadt ragte bedrohlich aus dem Dickicht, geheimnisumwittert und überwuchert von Pflanzen. Schimmernde Nektarvögel schwebten über Büschen, die ihre Wurzeln in die verlassenen Gebäuden geschlagen hatten. Es kam einer Invasion gleich, in diese andere Welt einzutauchen. Langsam und schweigend gingen sie weiter, bis sie zu der Lichtung gelangten, in der sich der Palast befand. Affenbrotbäume breiteten ihre nackten Zweige über die vergessenen Wohnstätten. Die Wurzeln der kleineren Bäume schienen die alten Mauern im Würgegriff zu haben und die letzten Spuren des Lebens aus dem bröckelnden Gestein zu pressen.
Die Gebäude lugten wie stille Beobachter aus dem Grün hervor. Die Korallenmauern und das in Stein gemeißelte Flechtwerk hielten scheinbar Ausschau, wie eine Frau in purdah [29] , die die Welt durch ihren Schleier betrachtete, und von deren verhüllter Gestalt man nur den einen oder anderen verlockenden Blick erhaschen konnte. In den Ruinen der Großen Moschee und des Sultanspalasts gähnten leere Fensterhöhlen. Sie wurden bewacht von drei Grabsäulen.
»Meine Güte, was für ein Ort!« Piet stieß einen langen Pfiff aus und starrte durch die überwucherten Wege, die in einer Mauer aus undurchdringlichem Blätterwerk verschwanden. »Ich komme mir vor wie ein Eindringling. So als hätten wir kein Recht, diesen Traum zu stören.«
»Du lieber Himmel, Piet!« Camilla sah ihm lächelnd ins Gesicht. »Ich wusste gar nicht, dass du ein Romantiker bist. Du bist genauso schlimm wie Sarah mit ihren mystischen Anwandlungen.«
»Du könntest noch alles Mögliche über mich herausfinden, wenn du wolltest, Camilla.«
»Es ist zu heiß, um weiterzugehen. Lasst uns die Picknickbox aufmachen, etwas Kaltes trinken und eine Kleinigkeit essen.« Sarahs Stimme klang angespannt – das konnte sie sogar selbst hören.
Sie setzten sich im Schatten des
Weitere Kostenlose Bücher