Himmel uber Langani
meinen Lebensunterhalt verdienen.«
»Es tut mir Leid.«
»Ja, klar. Ihr feinen Pinkel seid doch alle gleich. Du scherst dich einen Dreck um andere. Du glaubst, du kannst dich mit den Beziehungen deiner vornehmen Familie immer wieder aus der Affäre ziehen, wenn du versackt bist und am nächsten Morgen nicht aus dem Bett kommst. Ihr seid furchtbar verzogen, alle miteinander.«
»So bin ich nicht, Ricky.«
»Wie bist du dann?« Er schlenderte auf sie zu, warf seine Zigarette weg und riss sie in seine Arme. »Komm schon, Schätzchen, zeig mir, wie du wirklich bist.«
Seine Lippen waren erstaunlich weich, als er sie küsste, und sie atmete den Geruch seines Atems nach Tabak und Whisky ein. Als sie spürte, wie er seine Hände auf ihrem Rücken unter dem T-Shirt nach oben wandern ließ und dann nach ihren Brüsten griff, stieß sie ihn von sich.
»Lass mich los, du Idiot!« Sie lachte mit leicht zittriger Stimme. »Das haben wir doch schon geklärt. Einige Fotografen mögen sich wohl mit allen ihren Modellen vergnügen, aber das ist nichts für mich. Weder mit dir noch mit irgendeinem anderen.«
»Zumindest wenn es kein Lord oder Bankier oder so etwas ist.«
»Oh, komm schon, Ricky! Versuch mir bloß nicht zu erzählen, dass das eine Frage von Klassenzugehörigkeit ist. Du weißt, dass ich nicht so denke.«
»Ich frage mich manchmal, ob du überhaupt denkst, in diesem Gefrierschrank, den du deinen Kopf nennst.«
»Du bist Fotograf und kein Psychologe«, erwiderte sie und zauste sein Haar. »Wann fahren wir nach Schottland? Da es dort wahrscheinlich kalt und nass ist, solltest du Gummistiefel und eine Wachsjacke von Barbour mitnehmen, so wie diese feinen Pinkel, von denen du ständig sprichst. Und wenn du dich nicht anständig benimmst, jage ich dir ein paar Schrotkugeln in den Hintern. Ich habe in Schottland schon geschossen – und zwar nicht mit einer Kamera. Los, komm – lass uns was trinken und tanzen gehen.«
Im Moor war es kalt und regnerisch. Ricky ärgerte sich über das Wetter und das Licht. Camilla tröstete sich mit riesigen Portionen Porridge und Rahm zum Frühstück. Nach dem ersten katastrophalen Tag in der Moorlandschaft ließ sie sich an der Hotelbar nieder und bestellte zwei Whisky für sie beide.
»Schau«, begann sie. »Ich weiß, dass das Licht schlecht ist. Und wahrscheinlich wird es während unseres gesamten Aufenthalts regnen. Warum nützen wir das nicht zu unserem Vorteil und machen etwas Besonderes daraus?«
»Sehr witzig«, meinte Ricky und kippte seinen Drink in einem Schluck hinunter. »Wie stellst du dir das vor, Schätzchen? Sollen wir die ganze verdammte Fotoserie unter einem Regenschirm schießen, oder was?«
»Ja«, antwortete sie. »So etwas in der Art. Ich könnte zum Beispiel einige der Pullover nass machen, sodass sie mir am Körper kleben und man sehen kann, dass ich nichts darunter trage. Die Wolle wird meine Körperformen zeigen, sogar die Brustwarzen. Ein dicker Pullover wird plötzlich Sex ausstrahlen. Die Farben sind leuchtend und werden sich großartig gegen den grauen Himmel und die weiten nebligen Felder ausnehmen. Ich kann mir viel Öl ins Haar schmieren und es glatt an mein Gesicht pressen, dann wird es aussehen, als hätte ich stundenlang im Regen gestanden und auf jemanden gewartet, der nie erscheinen wird. Wir schminken meine Augen mit viel Kajal und lassen vielleicht sogar ein paar Spuren davon über meine Wangen rinnen. Die Wimpern müssen stark getuscht werden, und die Lippen hell und glänzend geschminkt. In dem fahlen Licht wird das brillant aussehen. Ein verlassenes Mädchen, verloren im Regen. Vielleicht sogar barfuß. Die Kleider werden eine komplette Geschichte erzählen.«
»Du wirst dich erkälten und dir den Tod holen«, sagte Ricky, aber dann lachte er wie ein Irrer und rieb sich die Hände. »Das ist verdammt genial. Jawohl, das ist es.«
»Nur gut, dass einer von uns beiden Verstand besitzt. Richte dich schon darauf ein, meine Arztrechnungen zu bezahlen«, meinte Camilla. »Und bis dahin kannst du mir noch einen Drink spendieren.«
Auf der Rückfahrt nach London war Camilla müde und fest davon überzeugt, nie wieder die Feuchtigkeit loszuwerden, die sie bis auf die Knochen durchdrungen hatte. Sie hatte im Regen posiert, barfuß und fröstelnd auf weiten Feldern, auf dem Rücken eines Pferdes und an einer Bushaltestelle, mit den farbenfrohen Kleidungsstücken, die nun gewagt wirkten. Als Ricky sie vor ihrer Wohnung abgesetzt hatte, lief
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